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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.11.1930
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- 1930-11-15
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- 15.11.1930
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M Mk, 15. November 1830. Redaktioneller Teil. BörscirLIatt f. d.Dtschn. Buchhandel. zu beziehen, die wir zu tragen uns imstande fühlen, wie bisher immer irrigerweise allein erörtert worden ist. Es kommt viel mehr auf eine konstruktive Idee an, wie die Revision ohne Scha- dsü für die Beteiligten durchführbar wäre. Bei den letzten Pariser Verhandlungen war Schacht durchaus in diesem Sinne ein gestellt. Man wird sich erinnern, daß er für Deutschland u. a. vor allem neue Betätigungsmöglichkeiten auf kolonialem Ge biet forderte als eine der unerläßlichen Voraussetzungen für die Erfüllbarkeit unsrer Tributverpflichtungen, llnsern maßgeblichen Stellen hat bekanntlich das Verständnis dafür gefehlt. Die Er mäßigung um 500 Millionen erschien ihnen genug. Man wollte vor allem auch möglichst rasch in deren Genuß gelangen und scheute dieNervenprobe längerer Verhandlungsungewißheit. Heute sind diese Hoffnungen zerronnen. Jene Schachtschen Ideen aber leben neu aus. In seinen Reden in Amerika läßt Schacht diese Gedanken deutlich genug durchblicken. Auch in Frankreich sind sie schon zur Debatte gestellt worden. Dieser Tage hat ferner der Ministerialrat im Reichsarbeitsministerium Or. Karstedt eine Denkschrift herausgegeben, in der bestimmte Vorschläge für eine Erschließung Zentralafrikas gemacht sind, um die Arbeitslosig keit in den westlichen Industrieländern zu beheben. Die Durch führung hätte die neugegründete internationale Tributbank in Basel zu übernehmen, der ja schon im Uoungplan ähnliche Auf gaben zugedacht waren. Schacht erörtert in Amerika im übrigen auch die Möglichkeit großzügiger Erschließungsarbeiten in Slld- osteuropa, ebenfalls mit Hilfe der B.J.Z. Im Zusammenhang damit verdient Beachtung, daß gerade in diesen Tagen die Leitung der B.J.Z. Beratungen Pflegt, die sich Unstreitig auch mit diesen Dingen beschäftigen dürsten. Dazu gehört, daß der Vertrauensmann der Wallstreet nach Europa kommt, um mit den Leitern der Notenbanken hier zu verhandeln. Wallstreet ist bekanntlich bereits revisionsbereit, bearbeitet auch schon die ame rikanische öffentliche Meinung systematisch in diesem Sinne. Die Washingtoner Regierung aber ist noch immer schwerhörig. Schwerlich wird Hoover von seinem Standpunkt abgehen, daß Revision und internationale Schuldcnregelung nichts mit ein ander zu tun haben. Er kann sich nicht selbst desavouieren und kann wohl auch die Einnahmen aus den Schuldentilgungen ge rade in der gegenwärtigen Lage nicht entbehren. Erst nach einer neuen Präsidentenwahl wäre eine Schwenkung der amerikani schen Politik zu erwarten. Hoover hat denn auch bereits darauf verwiesen, daß die Revisionsfrage nach dem Uoungplan selbst vor die B.J.Z. gehöre. Statt Revision wird sie aber wohl eher auf Sanierung unserer Leistungsfähigkeit hinauskommen. Wird aber die Abrüstungskonferenz so weit gut Wetter bringen, daß die Verantwortlichen Mut genug haben werden, um jene groß zügigen Erschließungsprojekte anzupacken? Die Abrüstungs konferenz ist erst für den Herbst 193l vorgesehen. So lange kann aber schließlich die Welt nicht mehr warten. Hoffentlich gelingen schon vorher, spätestens im Frühjahr l931, die erforder lichen entscheidenden Schritte vorwärts. Wahrscheinlich wird man jedoch auch dann deutscherseits gut tun, sich darauf vorzu bereiten, daß wesentliche Erleichterungen unserer Tributlasten nicht erfolgen werden. Geringfügige Retouschierungen sind denkbar. Womöglich kommt wegen der bedenklichen Neben wirkungen jedoch nicht einmal ein Moratorium in Frage. Ledig lich die Beteiligung an dem erwartbaren allgemeinen Aufschwung der Weltwirtschaft wird uns als Hoffnung aus Besserung unsrer Lage bleiben. Zu einem späteren Zeitpunkt erst könnte dann jener amerikanische Schuldennachlaß ins Auge gefaßt werden, der nach dem Uoungplan uns zu gute kommen soll. Das wird aber sicherlich nicht eher geschehen, als bis die U.S.A. von einem abgerüsteten Europa nichts mehr zu fürchten haben. Daß unter diesen Umständen die Sanierung unserer inner politischen Finanzlage doppelt dringlich ist, versteht sich von selbst. Die Schwierigkeiten, die dabei hauptsächlich Kopfschmerzen machen, sind bekannt. Das Hauptproblem bleibt nach wie vor die Arbeitslosenfrage. Ob die jetzt betriebene Preisabbauaktion in absehbarer Zeit bereits eine Vermehrung der Beschäftigungs möglichkeit erbringen kann, dahinter sind doch noch allerhand Fragezeichen zu setzen. Die Gesamtlage ist infolge jahrzehnte- 1082 langer falscher Politik so verfahren, daß auch die Umkehr und der Ausweg mit Dornen besät sind. Der Vorwärts brachte dieser Tage das nachstehende Bild der Entwicklung der Arbeitslosig keit und ihres derzeitigen Standes: Ois t sTosiHkbit: irr O b r> b scll>T»rr>ü I»Ii»ti VoHkslri-t s er vervvl 03hl^ »»>,! Irr 1000 Personen Llsncl Lin pl orra l s erräe ! VNNV s 14 v 14 dl d s 14 0 dl dl 0 S 14 0 dl dl 0 SIS. rori , » 4 s loro ivso Darin wird vor allem das Anwachsen der Arbeitslosen deutlich, die der Wohlfahrtspflege zur Last fallen. Hier liegt heute der Schwerpunkt der ganzen Frage. Die Gemeinden sind es in erster Linie, die unter der Arbeitslosenlast zusammenzu brechen drohen. Mit Preisabbau ist da kaum zu helfen. Gerade wenn ihn die Gemeinden fördern möchten, was vornehmlich durch Senkung der Strom-, Gas- und Verkehrstarise zu ge schehen hätte, müßten sie ihre Lage verschlechtern. Denn die Überschüsse aus den Einnahmen der Gemeindebetriebe ge hören heute zu den unentbehrlichsten Mitteln, auf denen die Gemeindeetats sehr entscheidend aufgebaut sind. Sie ver tragen gerade jetzt um so weniger eine Schmälerung, als die zur Sanierung der Reichsfinanzen notwendig gewor denen Abbaumaßnahmen sich sofort in einer Kürzung der Überweisungen an die Gemeinden wie die Länder aus wirken. Nun rächt sich jene Politik der Überspannung der wirt schaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, die zwischen Dienst für die Allgemeinheit und Geschäft auf ihre Kosten nicht unter scheiden konnte oder wollte. Dieselbe Lage besteht auch an anderer Stelle. Wenn die Reichsbahn heute nicht mehr so viel an der Wirtschaft verdient, daß sie der Wirtschaft nicht mehr die entsprechenden Aufträge zuzuleiten vermag, und die Wirtschaft deswegen der Reichsbahn immer weniger zu verdienen geben kann, so beißt sich auch hier die Schlange im selben Sinn in den Schwanz. Die Beispiele lassen sich vermehren. Es wird einer ganz grundsätzlichen Umstellung bedürfen im umfassendsten Sinne. Die Lage erinnert mutatis mutsnäis an die in Preußen nach dem Zusammenbruch l806, als Stein die Selbstverwal tungsidee proklamierte. Heute handelt es sich um die wirkliche Emanzipierung der Wirtschaft, des selbstverantwortlichen Unter nehmergeistes. Wo aber ist der neue Freiherr vom Stein? Die Not der Wirtschaft wird in den üblichen Konjunktur berichten aufs neue unmißverständlich bestätigt. Das preußische Ministerium für Handel und Gewerbe faßt zusammen: Die Wirtschaftslage konnte sich noch nicht bessern. Die De pression hielt in der gesamten Weltwirtschaft an und erfaßte auch immer mehr die Länder, die bisher von ihr verschont blieben. Die Verhältnisse in Deutschland liegen besonders schwierig. In dustrie, Handel und Handwerk versuchen dennoch, mit allen Mitteln die Depression zu überwinden. Die Preissenkungsaktion machte einige Fortschritte. Der Ausfuhrüberschuß betrug im September 28S Mill. RM., wovon jedoch 02 Mill. RM. auf die Reparations- sachlieferungen entfielen. In den ersten neun Monaten des laufen den Jahres ergibt sich eine Aktivität von rund 1 Milliarde, während in der gleichen Zeit des Vorjahres die Einfuhr noch um 140 Mill. RM. größer war als die Ausfuhr. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschlechterte sich nur unerheblich.
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