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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.08.1883
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 15.08.1883
- Sprache
- Deutsch
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lichen Verhältnissen gar nicht entsprechenden Lichte behandelt wurde. Ich meine, man hat dabei stets die buchhändlerische, will sagen verlegerisch praktische Seite ganz aus dem Spiel gelassen, die aber, da es sich ja um die materielle Ausbeutung der Bücher handelt, von allergrößtem Belang ist. „Stets glauben die Autoren und mit ihnen Welten, daß mit der Verringerung der Verkaufspreise die Auflage noth- wendig wachsen müsse, ja Welten gibt sich sogar der beneidens wert!) naiven Hoffnung hin, jeder 10. Leihbibliothekleser minde stens werde das Buch kaufen. Zugegeben, daß die Auflage wächst, wenn der Preis billiger wird, was aber auch nicht einmal immer bei bekannten Autoren der Fall ist, muß sie doch bereits eine ganz bedeutende Höhe erreichen, um den Ertrag der kleineren aber theureren zu erreichen. Bleiben wir beim Welten'schen Bei spiel vom Zbändigen Roman zu 15 M. und nehmen eine Auf lage von 800 an, so würde das bei vollständigem Ausverkauf eine Einnahme von 12,000 M. geben. Davon geht natürlich der Rabatt von etwa 4000 M. ab, so daß 8000 M. bleiben. Davon sind Spesen (Inserate, Verpackungskosten, Gehalte rc. rc.) und Herstellungskosten abzuziehen, und was dann übrig bleibt, ent fällt auf Honorar und Gewinn des Verlegers. In zahllosen Fällen wird natürlich die Auflage nicht ausverkauft und die Sache stellt sich viel ungünstiger. Nehmen wir nun an, das Honorar betrage 2000—2500 M., so ergibt sich, daß das Exem plar mit 2^—3 M. honorirt worden ist. Drängt man nun den weitläufigen Druck auf einen engeren Raum zusammen, so daß in der That ein stattlicher Band entsteht, wie Welten es will, und fordert statt 15 M. 3 M., so müssen, um 12,000 M. durch die Ladenpreise zu erzielen, statt 800—4000 Exemplare abgesetzt werden, eine Auflage, die von der durchschnittlichen Romanwaare nur sehr selten auch bei billigen Preisen erreicht wird. Und was ist materiell gewonnen? Der Rabatt bleibt derselbe, der Preis für den Satz ebenso, der Druck verringert sich ebenso wie das Papier nur scheinbar, denn handelt es sich jetzt auch nur um einen Band, statt um drei, so muß doch die fünffache Zahl von Exemplaren für den gleichen Preis gedruckt und das Papier dazu besorgt werden. Dagegen ist das Risico für den Verleger bei dieser Berechnung viel größer. Wenn man nun auf das höchste Ideal von Billigkeit: die Reclam'sche Bibliothek, geht, so stellen sich die Verhältnisse für den Autor noch weniger günstig, denn sie wird niemals Honorare zahlen können, wie der eigentliche Romanverleger. Und doch liegt in solchen Sammlungen noch am ehesten die Möglichkeit vor, bei billigen Preisen gute Honorare zu be zahlen, weil das Renommee der Sammlung, die Liebhaberei des Ergänzens, der gegenseitige Ausgleich im Absatz der ein zelnen Bände, die Reclame, die der einzelne Band für die Sammlung, wie diese für den einzelnen Band macht, sehr stark ins Gewicht fällt. „Der Hinweis auf französische Verhältnisse ist nicht treffend, denn abgesehen davon, daß wir immer nur von den Pracht exemplaren der französischen Schriftstellerwelt hören, fehlt uns eben trotz aller politischen Machtstellung der internationale Markt, den die französische literarische Waare in der ganzen Welt besitzt. Man wolle doch ja nicht glauben, daß die Hundert tausende von Exemplaren der Zola'schen Romane in Frankreich bleiben; aber man darf versichert sein, daß nur ein ganz ver schwindender Bruchtheil der Freytag'schen von anderen Leuten als Deutschen gelesen wird. „Ganz falsch ist es aber, in allen Aeußerungen über diese Frage den Autor einfach als Autor zu sehen. Nach buchhänd lerischen Begriffen ist Autor und Autor etwas sehr Verschiedenes und das mit Recht. Die eine Firma hat besseren Credit als die andere, und es gibt zahlreiche Romanschriftsteller in Deutsch land, die ohne Leihbibliotheken gar nicht würden leben können. Aber ich glaube nicht einmal, daß auch die Freytag, Heyse, Spiel hagen, Ebers und dergl. ungemein gangbare Autoren viel mehr gekauft würden ohne Bibliotheken, als mit diesen, denn das kauffähige Publicum ist eben ein begrenztes. Wer hätte nicht die Erfahrung gemacht, daß selbst Gebildete, ja selbst Bücherfreunde ein Buch, das nicht ganz specicll ihrer Liebhaberei angehört oder in den Kreis ihrer praktischen Hilfsmittel fällt, lieber von einem Bekannten liehen als kauften? „Der junge Autor auf dem Gebiet des Romans, den nicht eine günstige Stimmung, freundliche Kritikerhand oder der gleichen emporhebt, dankt in vielen Fällen der Leihbibliothek seine Popularität und größere materielle Erfolge, als durch billigen Verkaufspreis. Ich bin z. B. fest überzeugt, daß trotz des billigen Preises, welcher vom Verleger für die neuesten Arbeiten des sogenannten Berliner Zola's angesetzt wurde, diese nur geringen Absatz erzielt haben, und doch traf eben hier stoffliches Interesse, Pikantes, kritische Aufsätze über den Autor u. a. zusammen, um auch materielle Erfolge zu pro- gnosticiren. „Unser Publicum hat einen ganz bestimmten Geschmack beim Bücherkaufen, den man nicht einmal immer tadeln kann. Es erwirbt aus der Romanliteratur die Aufsehen machenden Werke bekannter Autoren, wie die hohen Auflagen unserer berühmten Romanschriftsteller und, sofern sie ökonomisch sind, ihre glückliche äußere Lage beweisen. Man frage doch den Sortimenter, wie ein neuer Freytag'scher oder Ebers'scher Roman begehrt wird. Das kann man aber nicht von der ganzen Masse der Romane verlangen, die eben gerade gut genug sind, eine müßige Stunde zu kürzen. Wie Wenigen ist es vergönnt, die größte Hervor bringung klassischen Gepräges öfter zu lesen und nun sollen sie sich zu dem Behufe die neuen Romane anschaffen? Wenn es denkbar wäre, daß jeder Roman mit Recht Prätendiren dürfte, eine Dichtung zu sein oder wenigstens eine allgemein wichtige Tendenz verfolgte, so hätte ein solches Verlangen schon eher Sinn, aber wir wissen ja, wie Vieles aus anderen Ursachen — ach und du lieber Gott aus welchen! — producirt wird. „Dazu kommt noch, daß unsere modernen Romane fast ausnahmslos in weit verbreiteten Zeitschriften gestanden haben, manche sogar schon in mehreren. Das muß, wenn es sich nicht eben um ganz Bedeutendes, oder durch Mode und Lieb haberei zum Bedeutenden Gestempeltes handelt, die Kauflust außerordentlich schwächen und thut es auch. Ich kenne aus meiner Praxis namhafte Autoren, die in der That das Buch auch und noch von dem Standpunkt betrachten, ihr Erzeugniß in dieser Form bequemer handhaben und der Kritik unterbreiten zu können. „Bei der jetzigen Betriebsamkeit in buchhändlerischen Kreisen wird eine erfolgreiche Agitation gegen die Leihbibliotheken nur dem Zeitungswesen fördersamen Vorschub leisten. In einem Journal schon kann der Leselustige mehr Lesestoff finden, als in mehreren Romanen zu gleich billigem Preis, und meist besseren und abwechslungsreicheren. Der große Autor aber liebt es ge meinhin nicht einmal, seine Werke billig verkauft zu sehen, denn er kennt die Marotte des Publicums, ein theuer erworbenes Gut höher zu schätzen, als ein um geringen Preis erstandenes von gleichem Werth. Auf diesem Erfahrungssatz basirt mit der überraschende Erfolg der modernen pomphaften Publikationen
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