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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.12.1929
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- 1929-12-10
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- 10.12.1929
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Berliner Börsen-Zeitung Nr. 549, Sonntag, 24. November. 4 ^ ^11^1 eil Werner Beumelburgs Kriegsbuch. Das deutsche Volk wird diese» Duck mit Sckmeri und Stolz leien. Hier ist sein Schicksalsgang. Er hat, was die jubelnde Einigkeit und Kraft des Beginns, die Schwere der zahllosen Stationen und die Bitterkeit des Ausgangs be trifft, seinesgleichen nicht in der Geschichte. Wohl noch nie ist ein Volk so aus Hoffnung und Verzweiflung gestürzt und zwischen Hoffnung und Verzweiflung durch mehr als vier lange unerhört schwere Jahre durch Sieg und Not und wieder Sieg und Not geschritten. Werner Beumelburg ist diesen schweren Weg de» deutschen Volkes in seinem Buch, das übrigens einen der besten Buchtitel der letzten Zeit trägt, noch einmal gegangen: mit einer unerhörten Gewissenhaftigkeit und Sachlichkeit und einem beispiellosen Schicksalsgesühl. (Das Buch ist im Verlag Stalling in Oldenburg erschienen, geb. 6,50 Mark.) Beumelburg klagt nicht an, weder das Schicksal, noch den einzelnen, weder den Feind noch die eigenen Generäle oder Bundesgenossen. Er nimmt die Tatsachen des Kriegsver laufs als heroische oder tragische Gegebenheiten hin. Natür lich sieht er alles aus dem Herzen des deutschen Volkes her aus. Seine Darstellung mag vor allem die Österreicher außerordentlich hart treffen, aber der Verlauf der Ereignisse zwang zu diesem Urteil, das frei von aller persönlichen Willkür, das sogar von einem Gefühl des Mitleids getragen ist. Beumelburg will anerkennen und er freut sich, wenn er feststellen kann, daß die alte glorreiche Waffenehre des nun so unheilvoll zerrissenen habsburgischen Heeres doch noch Taten und Erfolge zeitigte. Aber Beumelburgs Liebe gilt dem deutschen Soldaten. der auf allen Kriegsschauplätzen von der Nordsee bis nach Palästina nicht nur die Hauptlast zu tragen hatte, sondern auch von Sieg zu Sieg schritt. Vier Jahre lang. Die schönsten Kapitel in Beumelburgs Buch gelten diesem Soldaten, der, wo er auch auflauchte, gleich die Lage meisterte und die Ereignisse siegreich in Gang brachte. Er übertraf an kämpferischer Elastizität und Offensivkraft alle anderen Soldaten des Weltkrieges. Beumelburg hat aber vor allem die Wandlungen, denen der deutsche Soldat im Verlaufe des Krieges unterworfen war, außerordentlich fein herausgeholt. Er hält zwischen den Ereignissen, die übrigens mit dramatischer krass knapp und klar entwickelt werdeiü so daß es einem oft den AkemUnmi^unmer mal ein, um einen Überblick Mer die Gefamtlage zu geben — er versteht die gleichzeitigen Schläge des Schicksals meisterhaft zu kombi nieren —, um vor allem aber auch wieder einmal festzu stellen, wie es denn nun um den schon langsam sagenhaft werdenden und immer wieder Unerhörtes leistenden deut schen Soldaten steht. Er beschönigt nichts. Er weiß, wie das Grauen in ihm immer gefährlicher umging, je mehr die Materialschlacht die Menschen zerrieb. Er sagt z. B. von der rein als Materialschlacht ohne strategische Ziele ge planten und durchgeführten Flandernschlacht 1917: „Sie ist die vollendete Sinnlosigkeit, zu der drei Jahre Krieg im Westen das herabgewürdigt haben, was man früher als Strategie bezeichnet«." Und er meint, die Flandernschlacht sagt: „Wenn ihr Heerführer von hüben und drüben nicht mehr den Rückweg aus dieser Sinnlosigkeit findet, wenn ihr weiterhin nur das Material anbetet und auf euren eigenen Verstand verzichtet, so seid ihr überflüssig, und man kann Rechenmaschinen an eure Stelle setzen." „Wer singt das Lied des deutschen Soldaten in der Flandernschlacht? Nicht die Heeresberichte Nicht die Orden Nicht die Denkmäler Es ist eine ganz stille, ganz verschwiegene Angelegenheit des Herzens. Ein Verzagen, eine wehmütige Trauer, ein Erschauern, ein Zähnezusammenbeißen und ein Gebet." Ein Zähnezusammen beißen wurde der Krieg immer mehr für den deutschen Soldaten. So stand er noch beim Waffenstillstand. Aber nicht nur diese in die Erlebnissphäre des einzelnen greifende Darstellung des deutschen Soldaten, sondern auch die Schilderung der großen Operationen, bei denen sich das Schicksal des ganzen Volkes entscheiden sollte, ist erschütternd. So oft sich das Schicksal uns neigte, so oft entwand es sich uns wieder. Beumelburg hat die einzelnen Feldzüge und Schlachten mit ihren Hauptphasen übersichtlich entwickelt. Seine Ausgabe war es nicht, strategische Streitfragen erneut aufzurollen oder zu entscheiden, sondern die Tatsachen des Verlaufs und die Folgen des jeweiligen Ausgangs nach zuzeichnen. Er tut es mit einer inneren Leidenschaft, die all das Unerhörte noch einmal erleben läßt. Und er schreibt so unmittelbar und impulsiv, daß nicht nur die Atmosphäre der Schlachten ln ihrer ganzen Breite und Tiefe vom Generalstab bis zur vordersten Linie, sondern sogar die Atmosphäre des Schicksals entsteht. Was wird nun? Da» Herz seht einen Augenblick den Schlag aus vor lauter innerer Erregung. Auch die politischen Ereignisse werden in die großen Zusammenhänge kurz einbezogen. Dieses Buch gibt den schicksalhaften Ablauf der Ereignisse aus dem Geist und dem Erlebnis der Trupve und läßt sich den Blick für die großen Zusammenhänge durch nichts trüben. Dann kommt der Zusammenbruch. Er wird von Veumel- burg ohne Klagen und Anklagen hingenommen. Und doch steht die große Trauer eines ganzen Volkes über allem. Beumelburg erzählt, wie bei der Heimkehr ein Regiments kommandeur den Helm abnimmt, als das Regiment zum letztenmal an ihm vorbeimarschiert. Als sein letzter Muske tier vorüber ist, bricht er zusammen. (Diese kleinen charak teristischen Züge und Stimmungen sind überall gelegentlich eingestreut. Sie beleben, ohne zu belasten.) Auch die Toten kehren mit heim: jeder „spürt einen zur Rechten und einen zur Linken und einen vor sich und einen hinter sich bleib du im ewigen Leben, mein guter Kamerad mein — guter — Kamerad ". Der Schluß des Buches findet aus dieser Trauer zu neuer Besinnung: „Hoch über allem Menschlichen waltet das Schicksal. Es verteilt feine Lose nach unerforschlichen Ge setzen. Es läßt Völker entstehen, rüstet sie mit Kraft und Willen und stellt sie vor gewaltige Aufgaben. Es schenkt ihnen den Stolz auf ihre Vergangenheit und den Glauben an ihre Zukunft. Es warnt sie vor Überhebung und vor Schwäche. Wenn aber die Zeit erfüllt ist, unterwirft es sie einer furchtbaren Probe, damit sie erkennen mögen, was recht ist an ihnen und was Schein, was richtig und was falsch. Es gibt im Leben der Völker kein Unabänderlich und kein Ewig. Der Zukunft sind ungeheure Opfer gebracht. Eine Einsaat ist hergegeben, vor deren Größe Herz und Verstand sich beugen in Trauer und Entschlossenheit." So braust in diesem männlichen, herzhaften und klaren Buch noch einmal alles über uns him Wilhelm West ecke r. Der bette Vuchtttet -er letzten Jett und eines -er betten Vücher 0^66^66 0I_v^6l_I66 I. 0 Börsenblatt f. d. Deutsche» Buchhandel. 96. Iahiaanu. 1557
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