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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.06.1928
- Strukturtyp
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- 1928-06-30
- Erscheinungsdatum
- 30.06.1928
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- Deutsch
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X- ISO, 30, Juni 1928, Redaktioneller Teil, VSrs-nbl-t! s, d. D»«n. BEand-l. Und weiter schritt ich mit der Nacht, Früchte, Körner, Tiere — die Landwirtschaft regierte hier. Am Tage zeugten sie von einer Mutter Erde. Aber jetzt, im Dunkeln, schlossen die Körner ihre Schalen auf, die Früchte ihre Kerne, und aus dem warmen Schlas- atmen der Rinder stieg's bezwingend: Der Menschen Sorge, der Menschen Misserfolge, der Menschen nimmermüdes Mühen ums Ge deihen der Körner, Früchte, Tiere - , , Reiter schritt ich, mit der Nacht im Bunde, über freie Plätze, wo der Bäume schwarze Samtkroncn unbeweglich hinter uns her sahen. Wo ein Springbrunnen verschwiegen rauschte uns doch er zählte und erzählte. Ja, ja, ich war auch am Tage vor diesem Springbrunnen gestanden. Aber da hatte er mir nichts erzählt. Da war es nur ein Wasserstrahl, ein braver Wasserstrahl. Aber jetzt erzählte dieses Wasser von den Firnen, wo es Eis war — von den Bergen, wo es Schnee war, — von den Hängen, wo cs Quell war, — von den Wiesen, wo es breit und fruchtbar strömte, — von den Turbinen, die es trieb, damit es in den Städten von Millionen Kunkenlampen blitzen konnte — und endlich wieder von den Wol ken, die da oben segelten. Der Strahl erzählte, hob sich und ver sprühte . . . Und mir war es plötzlich, als hätte dieser springende Brunnen bas ganze, ganze Land umsprllht, von dem diese ganze Ausstellung nur eine einzige Blüte war. Und wieder ging cs weiter, Bilder hingen an den Wänden, und Statuen sahen uns aus dem Dunkel an, »Wir sind die Kunst,» sagten sie still, »des Landes Kunst«. Wir konnten nichts sehen. Aber der Künstler Geist stieg aus der Leinwand und von den Marmorleibern herab auf uns, und die Gedanken ihrer Schöpfer umwogten und umwallten uns. Die Ausstellungsnacht ließ meine Hand los, »So,« sagte sie, »nun sahst du alles.« Jch zögerte. »Da war noch eine kleine stille Abteilung«, sagte ich, »Ja,« sagte die Nacht, »der Tag erzählte mlr, er habe dich dort stehen sehen — mit anderen Leuten, die dort etwas riefen. Was riesen doch die Leute?« »Muß ich es sagen, Nacht?« »Freilich, Ich denke doch, du willst mlr zum Dank für deine Führung auch was Lustiges erzählen?« »Ich weiß nicht, ob cs luftig war. Vielleicht, daß es nur dumm war, Nacht.« »Nun, laß mal hören. Der eine sagte —?» »O je, Kinder, kehr'» wir um!« »Bücher, Kinder, Bücher — nix als Bücher — ich geh' auf die Rutschbahn!» »Und dann?« »Und ich ins Dörsle zu em guten Tropfe.« »Und schließlich?« »O jesses, Kinder, Bücher! Ausgerechnet Bücher!» Ich schämte mich und die Nacht lächelte. »Komm,« sagte sie endlich, »komm, wir wollen's doch noch ein mal mit den Büchern versuchen.« Ein paar Schritte machte sie mit mir und da standen wir schon in der stillen Abteilung, Es war nicht anders wie am Tage, Bücher standen da in Reihen, lauter Bücher. Einige leuchteten bei dem stillen Mondlicht, und andere blieben trotzdem dunkel. Einige sahen uns voll ins Angesicht, und andere wandten uns den Rücken zu. Und alle waren stumm. Ich stand da und dachte nach. Aber es siel mir nichts ein als: »Das sind eben Bücher, lauter Bücher.» Die Nacht lächelte. »Komm, Nacht,« sagte ich, »wir wollen gehen.« »Einen Augenblick noch,« sagte die Nacht und fuhr mit ihren dunklen weichen Händen geschwind über die Bllcherrücken. Da geschah etwas Merkwürdiges: Die Bücher wurden lebendig. »Erschrick nicht,» flüsterte die Nacht, »weißt du, am liebsten werden Bücher in der Nacht lebendig.» Nicht daß die Bücher in jener Nacht gehorcht hätten, brav und nacheinander ihren Inhalt ausgesagt hätten. Das tun sie nur, wenn man sie liest. Wir konnten damals, nächtens, keine Bücher lesen. Die Bücher lasen uns. Und wenn uns die Bücher lesen, da erst werden sie uns recht lebendig. Ich werde nie vergessen, wie uns in jener seltsamen Aus- stcllungsnacht die Bücher lebendig wurden. Da schoß aus einem Buche eine Narrenkappe aus und klingelte mit seinen Glöckchen. Aber unter der Narrenkappe erblickten wir ein zerpslügtcs und vergrämtes Gesicht. 738 »Am Tage siehst du das Gesicht nicht — nur die Kappe siehst du», flüsterte die Nacht. Dann sahen wir aus einem andern Buche lehrhaft eine Brille steigen. »Die siehst du auch des Tages,« raunte die Nacht, »aber paß jetzt auf!« Da sah ich schalkhafte Augen hinter der Brille hervorglitzern. Und aus andern Büchern sahen wir Sorgen steigen und Hoff nungen züngeln. Die machten bunte Reihe und gaben sich die Hände. Und sührtcn einen sonderbaren Tanz auf. Und wieder aus anderen Büchern stieg cs wie leichte Wölkchen auswärts. »Das waren einmal Tränen«, flüsterte die Nacht. Und aus anderen grünte Lorbeer auf, frischgebliebener, grüner Lorbeer. Und wieder andere schüttelten sich. Da raschelte dünngewordener Lorbeer auf den Boden. Und aus nochmals anderen hoben sich betende, ungläubige Hände, und es klang wie ein Choral. Und aus jenen ragten Sperre, klirrten Lanzen . . . »Bscht,» sagte die Nacht, »nun haben sie dir gezeigt, worin sie unter sich verschieden sind. Patz auf, nun werden sie dir weisen, worin sie alle Brüder sind.» Da knickten die Sperre und die Lanzen ein, da schwanden der Lorbeer und die Wolkentränen, da verblaßten Narrenkappen, Bril len — und heraus aus jedem Buche, de» kleinsten und den größten, stieg ein Herz. Die standen da in langen Reihen über allen Büchern und blick ten uns an und zuckten leis . . . Da war es mir, als ob ich beten müßte. Aber Plötzlich taten sich die Türen zu dem stillsten Raum in der Ausstellung weit auf, am Eingang und am Ausgang, und herein zog die Ausstellung. An den Büchern mit den leis zuckenden Herzen darüber zog die Ausstellung vorbei, verneigte sich vor ihnen, zog weiter und verschwand. Was für ein wunderbarer Zug! Was für eine seltsame Hul digung! Maschinen kamen ohne Lärm aus Kurbeln und Gelenken, Räder rollten lautlos, und das Gestänge und Gezacke hob sich zu ehr furchtsvollem Grüßen. »Die Industrie grüßt ihre Schöpfer«, raunte mir die Nacht zu. Der Handel rückte an mit stummen Taseln und Tabellen. Aber aus den toten Zahlen reckte sich der Erfolg und verneigte sich tief. »Des Handels Kapitäne begrüßen die Entdecker und die Denker, die ihnen neue Wege wiesen«, sagte die Nacht zu mir. Ein Strom von Körnern, Früchten, Tieren drängte durch die stille Halle, hielt still vor den Büchern und den Herzen, staute sich ein wenig und neigte sich und floß dann wieder ab. »Die Landwirtschaft macht ihre Referenz vor den Gelehrten«, sagte die Nacht. Bilder zogen vorbei, Statuen zogen vorbei und neigten sich und schwanden. »Die Künstler danken für das Feuer, das Dichter in ihnen ent zündeten«, slllsterte mir die Nacht zu. Wie war der Zug so lang! Er wollte nimmer enden. Und all die Zeit hindurch schwebten die Herzen über den Bücherreihen und zitterten leise vor — Glück. Wir aber, die Nacht und ich, hatten »UN doch die Hände gefaltet. Und ich zitterte mit dem Herzen vor einer gewaltigen Freude, daß ich solches in der Ausstellung habe scheu dürfen. Der deutsche Büchermarkt im April 1928. März ISA s. Bbl. Nr. IIS.) Im Gebiet des deutschen Buchhandels wurden nach dem „Wöchent lichen Verzeichnis der erschienenen und vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels" gezählt im Monat April 1928 — für Vergleichszwecke werden die Zahlen für März teilweise wiederholt — an Veröffentlichungen: April März Abnahme l—) Zunahme (-1-) Bezeichnung der Veröffentlichungen 1615 2244 — 629 Neuerscheinungen 421 467 — 46 Neuauflagen 2036 2711 — 675 Insgesamt
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