Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.08.1943
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- 1943-08-21
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- 21.08.1943
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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tatsächlichen und vordringlichen Bedarf auch nur einigermaßen deckt. Das gilt ganz besonders in Hinblick auf die zahlreichen mittleren und größeren Städte, deren schon mehr oder weniger differenzierte Bedürfnisse von dem auf Reihenproduktion ein gestellten Einkaufshaus keinesfalls gedeckt werden können, das gilt auch für besondere Buchgattungen, so für das Jugendbuch, das in den Neugebieten weitgehend auch für die Erwachsenen benötigt wird, für das schlichte unterhaltende Buch u. a. m. Ganz abgesehen von den jungen, im Aufbau begriffenen Büchereien aber erhöht sich in den ausgebauten infolge der überall unauf haltsam steigenden Benutjung die Abnutzungsquote, die auch durch Leihbeschränkungen kaum ausgeglichen werden kann. So ist das Büchereiwesen heute mehr denn je auf die ver ständnisvolle Hilfe des einheimischen Buchhandels, in erster Linie des Sortiments, angewiesen, wie andrerseits die Verlage erkennen werden, daß mit den Lieferungen an das Leipziger Einkaufshaus, die ja zu großem Teile auch durch besondere, von der Reichsstelle für das Büchereiwesen veranlaßte Papierzutei lungen erfolgen, immer nur ein Teil der Büchereien, nämlich die ländlichen und kleinstädtischen, leidlich ausreichend bedacht wird. So wichtig und unentbehrlich gerade jefejt die unvermin derte Leistungsfähigkeit des Einkaufshauses für das Ganze bleibt, so wenig kann den Büchereien daran gelegen sein, daß sich die Beziehungen zum ortsansässigen Sortiment lockern. Die ses wiederum findet in der gegenwärtigen vorübergehenden Zwangslage, mehr Leser mit weniger Büchern zu versorgen, um sich die Käufer von morgen zu erhalten, in der Bücherei seinen besten Verbündeten, der ihm später ebenso die Treue halten wird, wie er sie ihm selbst heute gehalten sieht. Ein Jugendbuch als Verlagsfestschrift Die Firma Enßlin & Laiblin, die am 1. April 1943 ihr 125jähriges Jubiläum feiern konnte, hat einen ausgezeichneten Verlagsgedanken gehabt. Sie hat die aktenmäßigen Unterlagen zur Geschichte ihres Hauses — nicht gerade viele wie bei fast allen Verlagen — einem fähigen Schriftsteller als Gerüst zu einem Buch zur Verfügung und ihm selbst die Aufgabe gestellt, der Jugend einen Begriff vom Werden und Wachsen des ihr so vertrauten Verlags, von der Herstellung der Bücher, den Auf gaben des Verlegers, der Schicksalsgemeinschaft zwischen Buch und Mensch zu geben. So entstand das Haus „Zum Stempel“ von Veit Bürkle *), ein Jugendbuch, das trotj des pädagogischen Grundtons niemals lehrhaft ist, und bei allem kultur- und buch geschichtlichen Wissen, das es vermittelt, voller Jungenstreiche, Abenteuer und Spannung steckt. Was es besonders sympathisch macht, ist die Wärme und Innigkeit, mit der von den Büchern im allgemeinen und von einem Buch im besonderen geredet wird. Man spürt, daß es dem Verfasser ein inneres Anliegen ist, der jungen Generation das Herz zu öffnen für das Glück, den Reichtum und die unmeßbaren Energien (den Zauber, wie er sagt), die ein Buch zu spenden vermag, und daß er sie dem guten Buch so verpflichten möchte, wie er sich ihm verschwor, wobei es gleichgültig ist, ob einer unmittelbar in der Arbeit am Buch steht oder nur die Früchte des Druckers und Verlegers in Empfang nimmt. B. läßt seine Erzählung im Jahre 1824 beginnen, also sechs Jahre nach der Gründung des Verlags, legt die Hauptereignisse in die nächsten Jahrzehnte und verfolgt das Schicksal eines Buches dieser Zeit bis zur Gegenwart. Seine Darstellung ent spricht im großen und ganzen den geschichtlichen Tatsachen; ge legentliche Verschiebungen, Zusammenschiebungen und Ergän zungen halten sich in maßvollen Grenzen, die dichterische Phan tasie schlägt nirgends über die Stränge. Der „Herr Meister“, bei dem der Held in die Lehre kommt, ist Jakob Noa Enßlin (1790 bis 1850), der Gründer der Verlagshandlung, die von Anfang an ihre Bücher im eigenen technischen Betrieb herstellt. Das Haus zum Stempel, vor der Stadtmauer, in der Nähe des Gar tentores, wo B. ihn tätig sein läßt, wurde in Wirklichkeit aller dings erst 1873 übernommen, als man die dort von Carl Mäcken betriebene Buchdruckerei hinzuerwarb; noch heute gehört es zu den in den 80er und 90er Jahren stark erweiterten Betriebs bauten der Firma. Trefflich werden Eigenart und Ziele des jungen Verlags geschildert. Man will mit den Verlagserzeug nissen ins Volk dringen, deshalb Bevorzugung volkstümlicher Schriften, wie Tierarzneibücher, Rechenhelfer, Sprachführer, Briefsteller, hauptsächlich aber von guten deutschen Erzählungen mit vorwiegend geschichtlichen Stoffen. Diese Reutlinger Volks bücher den Deutschen zu bringen, die in der Fremde zwar ein gutes Auskommen gefunden hatten, deren Seele aber in der Heimat blieb, darin erblickte der Verlag seine besondere Auf gabe. Wir sehen die Bücher auf ihrer beschwerlichen Reise ins *) Das Haus „Zum Stempel“. Eine Erzählung von Veit Bürkle. Mit Buchschmuck von Helmut Schwarz. Enßlin & Laiblin, Reutlingen. 4°. 183 S. Halbleinen RM 3.50. Ausland, mit Frachtwagen, auf Schiffen und Kamelen gelangen sie zu den Kolonisten in Rußland und Amerika (der Balkan wird bei B. nicht genannt) und erfüllen ihre hohe Aufgabe: sie lassen die Heimat erstehen, bestärken in Glauben und Treue zu Deutschland. An einem eindringlichen Beispiel, an deir„Erinne- rungen eines Reitenden Jägers aus dem Freiheitskrieg“ (das Buch hat es zwar nie bei E. 8c L. gegeben, aber der prächtige, herzhafte .Ostertag von Laichingen und seine Erlebnisse sind historisch und stehen dem Verfasser nahe) wird gezeigt, welche Mission ein Buch erfüllen kann. Man betrachtet es im fernen Transkaukasien als Geschenk und nimmt um seinetwillen vier Tage Wegs auf sich, es wird zur Fibel fürs ganze Dorf und zu einem kostbaren Sdiatj, den man verteidigt und vererbt; zer lesen, verbeult und vergilbt, mit Spuren von. Tränen, Blut und Waffen, kehrt es schließlich nach fünfzig (?) Jahren zu seinem Ursprung zurück und bringt einen Menschen mit, der nur da, wo dieses Schicksalsbuch entstand, das Büchermachen lernen will. Was der Jugend an tatsächlichen drucktechnischen und ver legerischen Kenntnissen „so nebenbei“ geboten wird, ist erstaun lich; möchte sie doch nicht darüber hinweglesen! Ausführlich wird von der harten Lehrzeit berichtet, als der Lehrling noch in Wohnung und Kost beim Lehrherrn stand und kaum die Sonn tage frei hatte. Weiterhin erhält man einen guten Einblick in die Technik des Setjens (hübsche Erklärung des Setjkastens) und in die Herstellung von Bildern mittels Holzschnitt; es wird an gedeutet, wie Lettern und Papier entstehen und das Binden vor sich geht. Dabei fällt auch manches Buchgeschichtliche ab: wie Königs Schnellpresse in die Betriebe eindringt und Metternich die Zensur in Österreich handhabt. Verlegerische Fragen wer den angeschnitten, die Frage des Absa^es und Erfolgs und vor allem die der Persönlichkeit. Die Stellen, wo der Meister den Lehrling freispricht (S. 64 f.) und wo er sein Wollen darlegt (S. 60, 88), gehören zu den schönsten des Buches, und man kann nur wünschen, daß jene hohe Auffassung vom Verlegerberuf beim Publikum an Boden gewinnt und die leider weit verbrei tete Meinung vom Verleger als einem Mann, der sich auf Kosten seiner Autoren bereichert, endlich beseitigt. Vielleicht hätte man hier und da genauere Erklärungen geben können („so was wie Tiegel“; beim Krimkrieg ist keine Jahreszahl angegeben!), auch die eine oder andere geschichtliche Tatsache wäre leicht noch einzuarbeiten gewesen (es gab zur Zeit der Gründung schon 13 namhafte Druckereien in Reutlingen, hier sieht es so aus, als habe nur noch die Stadtdruckerei bestanden); daß der Referent sich an dem Modewort „bestimmt“ (S. 20) und dem „kristallen geschärften Verstand“ (S. 38) gestoßen hat, kann er nicht ver schweigen. Auch der Titel, die Zeichnungen und Initialen (durch Rotdruck einigermaßen beschönigt) sowie der Einband (von H. Schwarz) sind nicht ganz nach seinem Geschmack; bei diesem Jubiläumsbuch hätte man unbedingt einen Zeichner von Rang heranziehen sollen. Jedoch, nehmt alles nur in allem: Es ist ein Buch, das der stolzen Tradition des Hauses E. & L. würdig ist und zu dem man seinen Verfasser beglückwünschen kann. Dr. Annemarie Meiner Börsenbl. f. d. Dt. Buchh. Nr. 1S3, Sonnabend, den 21. August 1943 147
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