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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1943
- Strukturtyp
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- 1943-05-15
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1943
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- Deutsch
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Mitgründung des Börsenvereins, im Bau der ersten Buchhändler börse und in dem Einsatz für die Errichtung der Buchhändler- Lehranstalt. Zu diesen Erfolgen führte aber ein arbeits- und kampfreicher Weg. Schon während der Leipziger Jahre — er mußte sechs Jahre lang lernen — muß seine Wißbegierde neuen Auftrieb erfahren haben. Einmal durch den nun sich immer mehr steigernden Um gang mit Büchern, in deren Wesen er trotz des mit mechanischen Arbeiten angefüllten Tages einzudringen versuchte. Dann hatte er aber auch das große Verlangen nach dem Umgang mit geistig hochstehenden Menschen. Dieses Bildungsbedürfnis äußerte er in einem Brief aus den ersten Hamburger Jahren. Er schrieb an Joachim Heinrich Campe, den er auf seiner Reise im Mai 1793 von Leipzig nach Hamburg in dem Reisewagen seines neuen Chefs Benjamin Gottlob Hoffmann kennengelernt hatte: ,,Es kann nichts Gefährlicheres geben als den dauernden Umgang mit Alltagsmenschen. Leidet auch der Charakter nicht unmittel bar, so wird doch ein trockener, dumpfer, gedrückter Zustand entstehen, der die Freiheit mehr oder weniger beschränkt. .. Mein Herz fordert dringend den Umgang mit vielen, aber ge bildeten Menschen. Solcher Umgang ist Bedürfnis für mich, und ich muß ihn erlangen, wenn ich in meiner Lage nicht zugrunde gehen soll.“ Dieser Wunsch sollte ihm schon bald in der Ham burger Zeit erfüllt werden, und in seinen späteren Lebensjahren fand er einen Freundeskreis von ganz erstaunlicher Weite. Er stand mit sehr vielen geistig schaffenden Menschen in persön licher oder brieflicher Verbindung, darunter Männern wie Klopstodc, den beiden Brüdern Runge, Johannes von Müller, Niebuhr, Goethe, Wilh. von Humboldt, Stein und vielen ande ren mehr. In Hamburg verhalf ihm das gastfreie Haus der Fa milie Sieveking zu diesem Verkehr. 1796 lernte er vor allem Matthias Claudius in Wandsbek kennen, dessen Tochter Caro line er 1797 heiratete, die ihm eine treue Lebensbegleiterin be sonders in seinen Kampfjahren gegen Napoleon werden sollte. Gestützt auf diese Verbindungen und angetrieben von dem nie ruhenden Drang nach dem Wissen vom Buch konnte er es bereits nach wenigen Jahren (1796) wagen, eine eigene Buch handlung in Hamburg zu eröffnen, wobei er sich nicht nur als Buchhändler in einem außerordentlichen Maße erwies, sondern auch als tüchtiger und gewissenhafter Kaufmann. Das war von besonderer Bedeutung, da er ohne eigenes Kapital begann, sein Geschäft aufzubauen. Er war damals erst 24 Jahre alt. Ihm zur Seite stand von 1798 an sein Freund Johann Heinrich Besser. Sein Wunsch bei der Gründung seiner Buchhandlung bestand einzig und allein darin, dem deutschen Schrifttum in bester Weise zu dienen. Aus diesem eindeutigen Grundsatz heraus war er berechtigt, dereinst die wirtschaftlichen Bedingungen für sich und seinen Stand zu verlangen, die nach seinen Erfahrungen für die Existenz des Buchhandels notwendig erschienen. Sein Geschäft blühte schnell auf, und schon 1805 konnte er schreiben: „. .. aber der Laden ist auch der eleganteste in Deutschland, und die Sammlung Bücher, die darin steht, ist gewiß in solcher Aus- gesuchtheit nicht zum zweitenmal zu finden.“ Seine Neugründung hatte aber damals noch eine besondere Bedeutung. Seit längerer Zeit stand der Buchhandel in einer grundsätzlichen Umgestaltung. Während bisher Verlag und Sor timent in einer Hand lagen und der Vertrieb der Bücher inner halb des Buchhandels in Form des Tauschhandels vor sich ging, machten sich Strömungen bemerkbar, die eine Trennung der beiden Sparten anbahnten. Perthes tat bewußt diesen Schritt. So wurde er der erste Sortimenter im modernen Sinne, und zwar aus der Erkenntnis heraus, daß der Buchhandel auf einer ganz neuen und wesentlich vertieften Grundlage aufgebaut werden müsse. Er hielt nicht viel von dem alten Buchhandel, denn er schrieb einmal: ,,Deutschland ist mit elenden und scheußlichen Büchern überschwemmt und würde frei von dieser Plage sein, wenn dem Buchhändler die Ehre lieber wäre als das Geld.“ — So wurde er einer der Reformatoren des deutschen Buchhandels. Mit dem Beginn der Franzosenzeit in Deutschland ent standen Sturmiahre auch für Perthes. Im November 1806 wurde Hamburg von den Franzosen beseht. Zuerst erfuhr sein Geschäft dabei einen wesentlichen Auftrieb. Noch 1807 konnte ihm ein Freund schreiben: „Ich weiß, daß Sie das stärkste Sortiment in Deutschland besitzen.“ Aber bald darauf und besonders, als er politisch aktiv wurde, traten ungeheure Rückschläge ein. Am 1. Juni 1813 ließ nach der Wiederbesetzung Hamburgs durch die Franzosen der Marschall Davout seine Buchhandlung schließen. Seine Wohnung wurde ausgeplündert und sein ganzes Vermö gen beschlagnahmt. Er selbst wurde aufs schärfste verfolgt, weil er in Hamburg mit der Herd des Widerstandes gegen die fran zösische Besamung gewesen war. Er mußte fliehen und befand sich in derselben Lage wie Johann Philipp Palm 1806, dessen Schicksal er mit innigster Anteilnahme erlebt hatte. Damals schrieb ihm seine tapfere Frau: „Dank Dir von Herzensgrund, daß Dein Name unter den Namen der zehn Feinde des Gewal tigen steht, das soll uns eine Ehre und Freude sein, solange wir leben.“ — Mit einer unglaublichen Energie überwand Perthes später diesen völligen Zusammenbruch. Seine politische Tätigkeit innerhalb des Buchhandels be stand besonders 1809 und 1810 in der Gründung des „Vater ländischen Museums“, einer Zeitschrift, in der er alle nationalen geistigen Strömungen für den späteren Freiheitskampf sammeln wollte. Er fand dabei die Unterstützung und Mitarbeit der be sten Männer, wie Schleiermacher, der beiden Schlegel, Arnim, Fouque, Görres, Brentano u. a. Die politischen Umstände ver langten es aber, daß dieses große Werk schon im Januar 1811 eingestellt werden mußte. Als dann der offene Kampf gegen die Fremdherrschaft einsetzte, trat Perthes auch aktiv in die Reihen der Kämpfer. Damit bewies er seine Heimat- und Vaterlands liebe durch die Tat. Nach dem Siege, als es galt, eine Neuord nung im Vaterlande herbeizuführen, war Perthes weiterhin poli tisch tätig. Er wird dabei wie viele tapfere Männer bittere Ent täuschungen erlebt haben. Seine Haupttätigkeit in dieser Hin sicht lag aber stets beim Buchhandel. Seine Erfahrungen hatten ihn erkennen lassen, wie notwendig es für den Bestand einer deutschen Literatur sei, einen geschlossenen Buchhändlerstand zu schaffen, der fähig war, beratend und fördernd auf dem Ge biete des Schrifttums dem deutschen Volke und besonders der deutschen Wissenschaft zu dienen. Vor allem galt es auch, den üblen „Nachdruck“ mit aller Energie durch gesetzliche Maßnah men zu bekämpfen. Er unternahm 1816 eine große^Reise durch Deutschland, die ihn durch Westfalen, die Rheinlande. Süd deutschland und Österreich führte. Er suchte u. a. Frankfurt a. M., Heidelberg, Stuttgart, Augsburg und Wien auf, um die buch- händlerischen Zustände kennenzulernen. Die Erfahrungen, die er dabei machte, waren fast trostlos. Uber seinen Besuch in Augsburg, einer ehemaligen Hochburg des Buchhandels, schrieb er: „Wundersam und abenteuerlich sah es hier aus. Eine Bücher welt für sich. Ich habe viel Absonderliches erwartet, aber alle meine (schlimmsten) Erwartungen sind weit übertroffen.“ Er erlebte aber auch die politische Zerrissenheit und Verworrenheit im Volke und besonders unter den Gelehrten und den Schrift stellern. Das alles wird seinen Entschluß verstärkt haben, seine Politik für den Buchhandel mit Nachdruck fortzuführen, und so entstand wohl jene kleine Denkschrift von ihm, die schlechthin als sein buchhändlerisches Testament anzusehen ist. Sie erschien 1816 ohne Nennung seines Namens unter dem Titel „Der deut sche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Li teratur“ und sollte auf dem zu erwartenden ..Bundestage“ den Verhandlungsstoff bilden. Auch mit dem Freiherrn vom Stein und Wilhelm von Humboldt trat er wegen seiner buchhändle rischen Pläne in Verbindung. Es ist im Rahmen dieses Aufrisses nicht möglich, näher auf diese Schrift einzugehen. Es sei nur ge sagt, daß sie die Aufzeichnungen über die Lebensbedingungen des Buchhandels in geistiger und wirtschaftlicher Hinsicht ent hält. Jede Buchhändlergeneration wird sich mit diesem Testa ment auseinandersetzen müssen, wenn sie ihre Pflicht erfüllen will. Vieles von dem, was Perthes anstrebte, z. B. das Urheber- und Verlagsrecht, ist erst viele Jahrzehnte später in Erfüllung gegangen. Die letzte Formgebung des geschlossenen Berufsstan des haben wir erst in unseren Tagen nach der Machtübernahme durch den Führer erlebt. Perthes wirkte unermüdlich weiter. Er wurde, wie schon erwähnt, Mitgründer unseres Börsenvereins, erwarb sich als Börsenbl. f. d. Dt. Buchh. Nr. 91, Sonnabend, den 15. Mai 1943. 87
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