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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.06.1942
- Strukturtyp
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- 1942-06-18
- Erscheinungsdatum
- 18.06.1942
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Kurt Kretzschmar Die Lage im vertreibenden Buchhandel Im Zeichen des Büchermangels Der Buchhandel hat alle Kräfte an Menschen und Material mobil gemacht, um den riesigen Bücherhunger zu befriedigen, der auf dem Markt herrscht. Was beim Publikum an Wünschen offen bleibt, liegt im Bereich des Unmöglichen und Unerfüll baren. Die Bücherlager sind unter dem Ansturm der Käufer zer schmolzen. Die im ganzen Buchhandel gelagerten Reserven sind aufgelöst worden. Infolgedessen wuchsen auch die flüssigen Mit tel des Buchhändlers und stauten sich auf. Der Rüdefluß in neue Bestände ist unmöglich, weil die Produktion wegen der kriegs bedingten Schwierigkeiten mit dem anhaltenden Bedarf nicht Schritt halten kann. Das zurückweichende Produktionsvolumen reicht nicht aus, um die vorhandenen Absatjmöglichkeiten aus zuschöpfen. Auch im Bereich des Buchhandels tritt der Überhang an Kaufkraft in Erscheinung, der günstigenfalls in Sparkapital umgewandelt wird, das früher oder später der Wirtschaft wie der nut$bar gemacht werden kann. Inwieweit der Buchhandel selbst am Rückfluß beteiligt ist, müssen wir der Zukunft über lassen. Die volle Auswirkung des gegenwärtigen Zustandes wird sich wahrscheinlich bald in fallenden Umsatjzahlen zeigen. Je größer der Mangel und je beständiger die Leere im Verkaufs lager wird, um so mehr werden die Erlöse aus dem Verkauf sin ken. Die Entwicklung führte aber auch arbeitsmäßig zu einer Veränderung der geschäftlichen Struktur. Die Bedeutung der Werbe- und Verkaufstätigkeit ist arbeitsmäßig hinter die Be deutung des Einkaufs getreten. Das Bestellgeschäft ist aufge bläht. Die Sorgen der Betriebsführung liegen nicht mehr bei der Steigerung der Umsatjleistung, sondern in dem Bemühen, genü gend Büchermengen heranzuschaffen und den Anschluß an die Belieferung durch den Verlag oder den Grossisten nicht zu ver passen. Der Wettbewerb der Buchhändler untereinander hat sich auf den Einkauf verlagert. Zeit der Bewährung Der Buchhändler muß der Schwierigkeiten Herr werden, ohne die Linie der kulturpolitischen Aufgaben und berufsethi schen Pflichten zu verlassen. Ein Zustand übernatürlicher kon junktureller Erscheinungen birgt ebenso wie der Zustand wirt schaftlicher Krisen die Gefahr in sich, daß die guten Sitten lei den, die unter normalen Verhältnissen als ein ungeschriebenes selbstverständliches Gese^ gepflogen werden. Die Unruhe, das Merkmal bewegter Zeiten, wird bei vielen Menschen zum Feind klarer und weitausschauender Überlegungen. Mangelerscheinun gen verführen manchen Menschen dazu, nach Vorteilen zu haschen; siehe die Hamsterei, die übelste Erscheinung in Mangel zeiten. Auch der Buchhändler hat die Bücherhamster im Verkauf kennengelernt. Er begegnete ihnen, indem er vielfach die Men genkäufe einschränkte, soweit sie von Einzelpersonen bean sprucht wurden. Der Buchhändler muß überhaupt seinen ganzen Einfluß geltend macken, daß vom Publikum nicht ziel- und plan los gekauft wird. Je leichter dem Buchhändler der Verkauf fällt, um so mehr muß er prüfen, ob ein Verkauf im einzelnen sinn voll oder sinnlos ist. Den Verkauf im besten Sinne individuell zu lenken, ist gerade jetjt die besondere Aufgabe des Buchhändlers. Wir können in gewissem Umfang doch dazu beitragen, daß nicht zuviel Bücher verkauft werden, die nutjlos an den Strand des Vergessens geschwemmt werden oder später gar als überflüssiges Antiquariat zum Buchhandel zurückkehren. In diesen ernsten Zeiten kommt alles auf die persönliche Haltung des Menschen an, insbesondere darauf, wie er sich sei nen Mitmenschen gegenüber verhält. Das gilt auch für den Dienst am Kunden, der im weiteren Sinne ja ein Dienst am ganzen Volk ist und der einen wesentlichen Einfluß auf die Stimmung der Bevölkerung hat. Der Verkäufer kann mehr an Aufklärungs arbeit leisten, als er glaubt, besonders wenn die Ware knapp ist und der Käufer die Zusammenhänge nicht übersieht. Daß die Herrscherwürde, die früher beim Kunden lag, vorübergehend auf den Verkäufer übergegangen ist, braucht dem Kunden durch- •4 122 aus nicht fühlbar gemacht werden. Es zeugt von einem hohen Bildungsstand der Verkäuferschaft eines Berufs, wenn sie noch freundlicher, zuvorkommender und persönlicher dem Kunden gegenübersteht als sonst. Einem Buchhändler, dem an sich die enge persönliche Beziehung zum Bücherkunden nachgerühmt wird, sollte das nicht schwer fallen. Wer so verfährt, wirbt für später. Das gilt sinngemäß auch für den Geschäftsverkehr unter Buchhändlern selbst. Alle Sparten des Buchhandels sind als tra ditionelle Einheit miteinander verbunden, wir können ruhig sagen: auf Gedeih und Verderb. Diese Tatsache muß sich gerade heute bestätigen, wo es sehr darauf ankommt, den buchhänd lerischen Apparat wie eine technisch gut entwickelte und sauber gepflegte Maschine auf Hochtouren zu bringen. Es läßt sich ent schieden besser arbeiten, wenn überall der gute Wille zur ver ständnisvollen Zusammenarbeit verwirklicht wird. Noch viel mehr muß sich der Wille und die Zucht der Gemeinschaft dann offenbaren, wenn es notwendig wird, den Berufskameraden zu helfen, die durch unmittelbare Kriegseinwirkungen gelitten haben. Hier darf es kein Zurückhalten geben, jeder muß sein selbstverständliches Opfer bringen. Hier muß sich der starke Charakter in erster Linie zeigen, den der Schicksalskampf des deutschen Volkes fordert. Geht es ohne Reglementierungen? Theoretisch gesehen könnte man annehmen, daß gerade we gen der ungeheuren Kräfteanspannung des Krieges die unmittel bare Überwachung der Wirtschaft durch den Staat mehr ausge baut, das Kontrollsystem mehr zugespitjt und die Verantwort lichkeit des einzelnen Unternehmens mehr eingeschränkt werden müßten. Im besonderen Maße müßte dies zum Beispiel für die Rüstungs- und ErnährungsWirtschaft in Betracht kommen, deren Leistungen für die Kriegführung von entscheidender Bedeu tung sind. Wenn trotjdem gerade jetjt der Zug dahin geht, die Wirtsdiaft mehr als zuvor von staatlichen Verwaltungs- und Kontrollmaßnahmen zu entlasten und ihr einen Teil der Auf gaben selbstverwalterisch zu übertragen, so bedeutet das einen starken Beweis des Vertrauens, das der Staat in die Wirtschaft setjt. Er erwartet, daß durch die Befreiung von hemmenden büro kratischen Reglementierungen die unternehmerische Kraft zur Höchstleistung aufläuft und das Letzte hergibt. Es ist schlechthin der Beweis des Vertrauens in die unerschütterliche moralische Kraft des deutschen Volkes, die der beste Garant für den Sieg ist. Damit gewinnt die Forderung an die Wirtschaft, weniger verwalten und mehr führen, erhöhte Bedeutung. Im Bereich des Buchhandels hat diese Forderung bereits im Zuge seiner inneren Neuformung die weitmöglichste Erfüllung gefunden. Die Lei tung des Buchhandels hat das Primat ihrer Aufgabe immer in der Führung gesehen. Sie hat sich bemüht, selbst schöpferisch zu sein, d. h. die vorhandenen dynamischen Kräfte zur Entfaltung zu bringen und sie nach Tempo und Ziel kulturpolitisch und wirt schaftlich auszurichten. Daß das Tempo der bahnenden und vor wärtstreibenden Führungsarbeit im Krieg nachgelassen hat. kann nicht wunder nehmen. Der Krieg mit seinen Produktionsschwie rigkeiten und mit seiner, wenn auch nicht zufälligen, so doch im Ausmaß überraschenden Wirkung auf den Buchabsatj verpflich tete die Führung des Buchhandels zunächst stark, auf den Aus gleich der Kräfte bedacht zu sein. Denn das Buch stand ja außer halb der Zwangsbewirtschaftung und somit staatlichen Regelung, und die Verantwortung der Marktversorgung lag beim Buch handel selbst. Es mußte deshalb scharf Obacht gegeben wer den, daß die unternehmerische Freiheit nicht über das Maß der allgemeinen Verantwortung hinausgriff und daß die politischen sowie letjten Endes auch die wirtschaftlichen Voraussetjungen er füllt wurden. Daß es dabei nicht ohne Eingriffe und Reglemen tierungen abgehen konnte, ist klar. Die Regelung der Papierzu teilung und die Ordnung des Bestell- und Lieferwesens liegen in Nr. 130/131, Donnerstag, den 18. Juni 1942
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