Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.02.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-02-15
- Erscheinungsdatum
- 15.02.1930
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19300215
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193002155
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19300215
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1930
- Monat1930-02
- Tag1930-02-15
- Monat1930-02
- Jahr1930
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
76 39, 15. Februar 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. ö. Dtschn Buchhandel. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts haben beide Parteien Revision eingelegt, eine jede, soweit sie unterlegen ist. In diesem Umfange hat jede von ihnen Aufhebung des Urteils und Entscheidung nach ihrem bisherigen Anträge beantragt. Jede von ihnen hat um Zurückweisung des Rechtsmittels der anderen Partei gebeten. Entscheidungsgründe. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die Beanstandungen, so weit sie sich gegen die Zeitungsanzeigen richten, unbegründet sind. Es geht davon aus, daß das Auge des Lesers zunächst auf das dick gedruckte Wort »Gratis« im Kopf der Anzeigen falle, was ja auch der Zweck sei, daß er aber diese auch genauer lese, soweit er sich überhaupt für sie interessiere. Denn er sei argwöhnisch wegen des schon an sich ungewöhnlichen, hier aber sogar unter Auf wendung hoher Jnsertionskosten gemachten Gratisangebots eines wertvollen umfangreichen Werkes. Beim Durchlesen der Anzeige sehe er, daß das Wort »Gratis« eine Übertreibung sei, die ihn nur veranlassen solle, sich mit der betreffenden Anzeige zu beschäftigen; denn er ersehe aus ihr, daß er für Verpackungs- und Anzeigekosten einen gewissen Betrag bezahlen müsse. Diese Angabe könne er nur so verstehen, daß die Kosten für Papier und Druck von der anzeigenden Firma getragen werden. Aus diesem Umstande, ferner aus dem Worte »Gratis« als Überschrift sowie aus der kurzen Be fristung des Angebots entnehme er, daß er hier das Werk jetzt billiger bekomme als später im regulären Handel bei der Beklagten oder anderswo. In diesen Umständen erblickt das Berufungsgericht allerdings die Erweckung des Anscheins eines besonders günstigen Angebots, aber es sieht die Angaben nicht als unwahr an. Denn die Beklagte liefere dem Einsender des Zeitungsabschnitts (»Coupon«), nachdem er später die ihm daraufhin übersandte »Gratiskarte« ausgefüllt an sie zurückgeschickt, »tatsächlich das Werk und verlange nur die Spesen, die die Anzeige angcbe, zuzüglich Portoersatz«. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Klassiker niemals ungebunden vertrieben würden und ob manche Verkäufer von Waren die Ubersendungs kosten selbst trügen. Denn maßgebend sei nur, was die Leser nach dem Inhalt des Angebots hätten erwarten können. Dieses aber sage nichts davon, daß das unter der Überschrift »Gratis« angebotene Werk eingebunden sei oder daß die Beklagte die Kosten der Über sendung trage. Der dort als Ersatz für die eigenen Spesen ge forderte Betrag sei zwar möglicherweise zu reichlich, aber das sei dem Käufer gleichgültig, ihm genüge, daß er nur den geringfügigen Betrag von 0.20 RM. für den Band bezahlen müsse und daß er sich dabei sagen könne, er werde für diesen niedrigen Preis im regu lären Handel einen solchen Band nicht erhalten. Daß das -»gratis« gelieferte Buch nur einfachster Sorte sei, müsse der Leser nach dem »Gratisangebot« erwarten. Das Berufungsgericht sieht danach bezüglich der Zeitungs anzeigen weder einen Verstoß der Beklagten gegen 8 3, noch gegen 8 1 UnlWG. als gegeben an. Dagegen erblickt das Berufungsgericht in der Erklärung über die Preisbemessung auf der sogenannten »Gratiskarte« eine unrich tige Angabe, die geeignet ist, den Anschein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken. Denn aus der Mitteilung auf der »Gratis - karte«, daß für die gebundene Ausgabe nur der Einband zu bezahlen sei ohne Erwähnung von Verpackungs- und Annoncen spesen, von denen nur in den die ungebundene Ausgabe betreffen den Zeitungsanzeigen die Rede sei, und die deshalb auch nur von den Beziehern dieser Ausgabe zu tragen seien, entnehme der Leser, daß er - abgesehen von der Erstattung der Kosten für den Ein band und das Einbinden und einem Verdienst der Beklagten für ihre Lieferung — das Werk selbst gratis erhalte. In Wahrheit decke aber der Preis nicht nur das Einbiuden mit Einband und einem Gewinn der Beklagten für ihre Leistung, sondern es bleibe darüber hinaus für sie aus den Einbänden ein solcher Verdienst, daß er die ganzen Kosten und Spesen beider Ausgaben decke und außerdem noch ein großer Geschäftsgcwinn verbleibe, der unstreitig für jeden der beiden Teilhaber jährlich rund 100 000 NM. be trage. Mit ihrer hiernach unrichtigen Angabe erwecke die Beklagte den Anschein eines besonders günstigen Angebots. Hierfür sei es unerheblich, daß der Preis von 1.65 RM. je Band tatsächlich Preisen entspreche, die sonst für derartige Einbände gefordert würden. Der Anschein bestehe darin, daß der Leser glaube, nur den Einband, und zwar billig zu bezahlen, alles andere aber umsonst zu erhalten, während er tatsächlich das ganze Werk und darüber hinaus noch den ganzen Betrieb ganz oder zum Teil bezahle. Der Leser, der diese Tatsache erfahren würde, würde, wenn auch der Preis für den Einband den üblichen Preis für derartige Einbände nicht über steige, ja selbst wenn der hier geforderte Preis geringer als letzterer wäre, sich getäuscht fühlen, weil er tatsächlich das Werk selbst nicht, wie vorgegeben, umsonst erhalte. Das Berufungsgericht gelangt daher nur zu einem Verbot der Angabe der Preisbemessung auf den sog. »Grattskarten«. Die Revision des klagenden Buchhändler-Verbandes rügt Ver letzung der 88 3 und 1 UnlWG. Die Rügen sind berechtigt. Der Revision war stattzngeben. Jede Reklame hat den Zweck, die Auf merksamkeit des Publikums auf ein bestimmtes Geschäftsunteruehmen zu lenken und cs für dessen Waren oder sonstige geschäftliche Leistun gen zu interessieren. Als wichtiges Mittel im Wettbewerbskampf unterliegt sie den für diesen geltenden Grundsätzen, wie sie durch die gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen der Mitbewerber und des kaufenden Publikums durch das UnlWG. gegeben sind. Ist es des halb dem Kaufmann auch nicht verwehrt, seine Ware durch große, in die Augen fallende Zeitungsanzeigen vor aller Öffentlichkeit anzu preisen, dabei auch zur Steigerung der Anziehungskraft Schlagworte in Überschrift und Text zu gebrauchen, so hat er sich doch von allen verlockenden, nicht wahrheitsgemäßen Anpreisungen fernzuhalten, die geeignet sind, zum Nachteile redlicher Mitbewerber, die sich dieses Mittels nicht bedienen, Kunden anzulocken. Inwieweit eine un richtige Angabe in der Reklame nach der Auffassung des Publikums, für das sie bestimmt ist, geeignet ist, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (8 3 UnlWG.), hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab. Bei dieser Prüfung sind aber nicht nur rein bürgerlich-rechtliche Gesichtspunkte (Auslegungsgrund sätze usw.) zu berücksichtigen, sondern auch alle jene durch Gewohn heit und Herkommen, vielfach auch durch Vorurteil bedingten, manch mal ganz eigenartigen, aber gerade deshalb von der unlauteren Kon kurrenz vorzugsweise ausgenutzten Momente in Betracht zu ziehen, welche die Auffassung der in Frage kommenden Käuferkreise über die Vorzüge des Angebots zu bestimmen und dadurch letztere an zulocken geeignet sind (vgl. RGZ. Bö. 58 S. 281 ff., besonders S. 285 und Fußnote von Justizrat vr. L. Wertheimer zu dem Ur teil des erkennenden Senats vom 29. Juni 1928 in I. W. 1928, S. 2364 ff.). Nun ist, zumal in wirtschaftlich so schwer ringenden Zeiten, wie sie bei uns seit Jahren herrschen und gerade auch diejenigen Be völkerungskreise treffen, an die sich die Zeitungsankündigungen klassischer Werke der Literatur durch die Beklagte vorzugsweise wen den, das Schlagwort eines »G r a t i s a n g e b o t 8« von ganz außer ordentlicher Anziehungskraft, es ist eine Anlockung stärkster Art. Allerdings ist, wie auch das Berufungsgericht annimmt, eine Zei tungsanzeige über die Gratishergabe einer so umfangreichen und wertvollen Sammlung, wie es die in weitesten Kreisen des deutschen Volkes ganz oder zum großen Teil bekannten und hochgeschätzten Werke Schillers sind, durch einer; Buchverlag und noch dazu —, wie der Durchschnittsleser weiß — in überaus kostspieliger Aufmachung eine auffallende, aus dem Nahmen sonstiger Zeitungsankündigungen herausfallende Tatsache. Deshalb kann hier auch nicht einfach ganz allgemein der bekannte Maßstab des oberflächlichen Lesers einer all täglichen geschäftlichen Zeitungsankiindigung angelegt werden, wie bereits in dem zitierten früheren Urteil des erkennenden Senats be treffend die Zeitungsanzeige der Beklagten Gratisangebot von »Brehms Tierlcben« dargelegt ist. Allerdings können die dortigen Ausführungen gerade in diesem grundlegenden Punkte im vorliegen den Falle nicht in vollem Umfange aufrechterhalten werden (vergl. unten). Manche von denen, an die sich diese Zeitungsanzeigen richten, werden sie mit hinreichender Aufmerksamkeit und Über legung durchlesen, um aus ihnen die Gewißheit zu erlangen, daß für jeden der 16 Bände eine Vergütung von —.20 NM. als Anteil an den Verpackungs- und Annoneenspesen zu zahlen, das Werk also trotz des Gratisangebots nicht gratis, d. h. umsonst zu erhalten ist. Aber die Zahl dieser ruhig überlegenden Leser ist erfahrungsgemäß ver hältnismäßig nur klein gerade in Anbetracht des Gegenstandes der Anzeige und ihrer äußeren Aufmachung. Sehr viele der an einem kostenlosen Erwerbe von Schillers Werken lebhaft interessierten Leser, insbesondere aus den Kreisen der Heranwachsenden, auf ihre Weiter bildung bedachten, aber weniger geschäftserfahrenen Jugend, die mit dem Pfennig rechnen müssen, werden, auch wenn sie den übrigen Teil der Anzeige nicht unbeachtet lassen, an dem Schlagwort »Gratis«, das aus sie, zumal in den Zeiten wirtschaftlicher Not, einen gewissen Zauber ausübt, hängen bleiben. In der Besorgnis, die 8tä'gige Frist für den kostenlosen Erwerb eines solchen Werkes und noch dazu einer »Gedächtnisausgabe« zu versäumen, füllen sie in aller Eile den Zcitungsabschnitt aus und senden ihn mit der vermeintlichen Be stellung ein. Sie lassen Labei naheliegende hemmende Überlegungen hinter der au sich richtigen Erwägung zurücktreten, daß die Hergabe einer Ware nur dann als gratis erfolgend angekündigt werden könne und dürfe, wenn sie eben nicht mit irgendwelchen Unkosten — heißen sie wie sie wollen — für den Bewerber belastet sei (vergl. Baumbach Komm. z. UnlWG. S. 203 Nr. 8 zu 8 3). 163
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder