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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.05.1939
- Strukturtyp
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- 1939-05-11
- Erscheinungsdatum
- 11.05.1939
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- Deutsch
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Vörsenblatt für den Deutschen Vuchhandel Nr. 108 k!li. 56) Leipzig, Donnerstag den 11. Mai 1939 166. Jahrgang Mkre^ieliuns und Schrifttum irede des Qenerals der fliegcr von Coclienligulen in der Kundgebung des veuticlien öuelilirln0els Den Gedanken, das Volk zn wehrhafter Gesinnung zu erzie hen, hat, wie Sie wissen, zuerst Schar n h o r st nach Preußens katastrophaler Niederlage von Jena ausgegriffcn. Er hatte es er lebt, wie das Volk sich willenlos in sein Schicksal ergab und den fremden Eindringlingen keinerlei Widerstand entgegensetzte. Er hatte daher als Voraussetzung für seine militärische Rcform- arbeit die Forderung gestellt, man müsse erst einmal der Nation das Gefühl der Selbständigkeit einflößen. Man müsse ihr Ge legenheit geben, daß sie mit sich selbst bekannt wird, daß sie sich ihrör selbst annimmt. Nur erst dann wird sie sich selbst achten und von anderen Achtung zu erzwingen wissen. Aber auch bei Scharnhorsts militärischen Reformen stand dasGcistig-Sitt- liche an erster Stelle. Gewissermaßen als Fundament für das Militärisch-Organisatorische. Ihm schien cs vor allem notwendig, den Geist der Arnicc zu erheben und zu beleben, die Armee und Nation inniger miteinander zu vereinigen und ihr die Richtung nach ihrer wesentlichen und großen Bestimmung zu geben. Er sah im Heere nicht nur ein Gebilde, bestehend aus Gleichförmigkeit, Drill und Exaktheit. Diese Eigenschaften hatte das preußische Heer auch vor 1806 besessen. Er sah vielmehr in ihm nach seinen eigenen Worten die Vereinigung aller moralischen und Physischen Kräfte aller Staats bürger. Das bedeutet etwas ganz anderes. Das bedeutet eine leben dige Gemeinschaft, erfüllt von Aufopferungsfähigkeit, von Ini tiative und Selbsttätigkeit, von einer Manneszucht, die auf dem freiwilligen Mitgehen der Mannschaft beruhte. Diese Freiwillig keit der Leistung wurde einmal dadurch erreicht, daß die Ausbil dung in vernünftige Bahnen gelenkt wurde. Mit einem wahren Fanatismus wandten sich damals die Erneuerer des preußischen Heeres gegen eine unnütz Kräfte verzehrende und Unlust hervor rufende lleinliche Kommissigkeit, gegen jene Korporalswut, wie sie Gneiscnau nannte, die jene fliegende Freudigkeit, die sie er strebten, mit Keulen totschlug. Andererseits aber waren die Reformer von einem tiefen sitt lichen Ernst erfüllt, wußten sie doch, daß der Mensch nur dann zur letzten Hingabe bereit ist, wenn er sich zu einem inneren ethischen und religiösen Aufschwung bringt. Schlciermacher, Fichte und Theodor Körner forderten, daß der Freiheitskämpfer alles Häßliche, alles Gemeine, alles Niedrig-Egoistische von sich werfe, um rein und edel vor dem Allmächtigen dazustehen, wenn es galt, dem Vaterlande das höchste Opfer des eigenen Lebens darzubringen. Scharnhorsts Ziel, Armee und Nation inniger miteinander zu vereinen, konnte nur dadurch verwirklicht werden, daß die Arnicc sich die Achtung der Nation wiedergewann. Das geschah dadurch, daß auch das Prinzip der soldatischen Ehre auf mora lische Grundlagen gestellt wurde. Alle die Generäle und Offi ziere, die in dem unglücklichen Feldzuge 1866 sich feige und verant wortungslos gezeigt hatten, wurden kriegsgerichtlich zu schweren Strafen verurteilt. Von nun an wachten aber auch Ehrengerichte darüber, daß der Offizier würdig blieb, als Vorgesetzter vor der Front zu stehen. Gegenüber der Mannschaft wurden alle das Ehrgefühl verletzende Strafen abgcschafft. Schließlich wurden durch eine pflichttreue und unbestechliche Heeresverwaltung vor handene Mißstände beseitigt. Die Armee sollte sich aber auch durch Hebung ihres geistigen Niveaus die Achtung des Volkes erringen. In der oberen Führung kämpfte Scharnhorst an gegen eine dünkelhafte, gelehrte, wirklichkeitsfremde Systemwut, pflegte hingegen eine lebendige Geistigkeit in der Beurteilung konkreter Lagen. Die Ausdehnung des Krieges auf weitere -Räume hatte dazu geführt, daß die Unterführer aller Grade viel mehr auf sich selbst gestellt waren als früher. Sic konnten ihre Truppen nur erfolgreich führen, wenn sie sich gewisse Vorkenntnis ange eignet und logisch zu denken gelernt hatten. So entstanden die Kriegsschulen und die Kriegsakademien. Um auf ihnen mit Nutzen arbeiten zu können, mußte man ein gewisses Bildungs niveau vom angehenden Offizier verlangen. Der Offizier wuchs damit in eine höhere geistige Sphäre hinein, während er bisher zumeist durch Standesvorurteile und Verachtung jeder Geistig keit abseits gestanden hatte. Der Erfolg dieser Erziehungsarbeit trat in den Befreiungskriegen offen zutage. Die preußischen Führer und der preußische Gencralstab erwiesen sich den franzö sischen erheblich überlegen, weil diese zwar praktische Kriegs- crfahrung besaßen, aber keine einheitliche Schulung genossen hatten. Napoleon scheiterte an der Unfähigkeit seiner Marschälle, vernunftgemäß, selbsttätig und verantwortungsfreudig zu handeln. Die Zeit nach den Befreiungskriegen ist ausgesüllt mit den unerfreulichen Kämpfen der reaktionären Gewalten gegen den hervorbrechendcn Volkstumsgedanken. In allen älteren euro päischen Staaten baute man die Heere aus zu einem Schutzwall der mehr oder weniger absolutistischen Regierung. Nur in Preußen behielt man die Allgemeine Wehrpflicht bei und Pflegte in ihr weiter den vaterländischen Sinn. Der Kriegsminister von Boyen hat mit seinem hohen Idealismus sich in dieser Zeit als ein dauernder Mahner erwiesen, doch ja den Sinn von Scharnhorsts Schöpfung nicht zu vergessen. So überdauerte die Armee, in ihrer festen Fügung kaum nennenswert erschüttert, die Berfassungskämpfe von 1848 und 1861 bis 1863, weil sic mit ihrer eigentlichen Aufgabe voll beschäftigt war. Wurde doch in ihr nicht nur gedrillt, sondern auch in echt vaterländischem Sinne erzogen. Alle Eigenschaften, die ein guter Soldat besitzen muß: Vaterlandsliebe, Treue, Tapferkeit, Pflichtgefühl wurden alljähr lich neu der wehrfähigen Jugend gelehrt und von ihr mit offe nem Herzen und lebendigem Verstände ausgenommen. Es kamen die großen Erfolge der deutschen Einigungskricge. Sie sind in erster Linie dein Genie Moltkes und der einheitlichen geisti gen Schulung zu verdanken, die er dem höheren Führertum und dem Generalstab angedeihen ließ. Aber auch dem vaterländischen Schwung, der das Heer im Kampf um die Einigung des Reiches erfüllte. Die darauffolgenden Jahrzehnte bis zum Weltkriege bedeu ten für die Wehrmacht einen ausgesprochenen Niedergang auf dem Gebiete der Volkserziehung. Zwar vervollkommnctc sie sich in ihrer rein militärischen Ausbildung, aber Scharnhorsts Grundsatz, daß jeder wehrfähige Mann der geborene Verteidiger seines Vaterlandes sei, geriet allmählich in Vergessenheit. 1910 durchlief nur noch jeder zweite wehrfähige Deutsche die Erzie hungsschule der Wehrmacht. Diejenigen, die in der Wehrmacht dienten, wurden zwar in körperlicher und geistiger Anspannung, in Gehorsam und Kameradschaftsgeist erzogen, aber das, was Scharnhorst und Gneiscnau einst. vorschwebte, den Geist der Armee zu heben, um dadurch das Volk zu veredeln, dieses Ziel wurde der Verwirklichung keineswegs näher gebracht. Der Mar- Rr. 10» Dannrrötag, dcn II. Mai UiW 397
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