elbst wenn Sie seine Dramen lückenlos aufzählen, ohne Mühe eine Reihe seiner Gedichte, Verse, Aussprüche aufsagen können, kennen Sie ihn wirklich, ihn selbst, den Menschen und seine leiblichen und geistigen Ahnen, Welt, Raum und Boden, dem er entsproß? Warum ist er nur in seiner Zeit und an seiner Stelle und sonst nie und nirgends denkbar, warum wurde er der Gipfelpunkt der deutschen Klassik, der größte und vielleicht letzte Repräsen tant eines Zeitalters? Was ist überhaupt der Dichter — die Modegröße wie das Genie innerhalb der geisiesgeschichtlichen Entwicklung un seres Volkes? Ist er der einsam ragende Gipfel, unabhängig von Welt und Um welt, Raum und Landschaft, Stamm und Blut? Unzählige Fragen stellt der denkende Geist! Sie drängen sich auf, verlangen gebieterisch Antwort, nähert man sich Einzelheiten oder dem Gesamtbegriff „Deutsche Literatur". Aber wo wir Ant wort zu finden hofften, suchen wir oft vergebens. Die aus der Arbeitsweise der vergangenen Jahre, aus der Gedanken welt des Individualismus heraus ent standenen Literaturgeschichten beschrän- gängen. Josef Nadler, Historiker und ken sich auf das „Wie" unserer Dichtung wegweisender Kritiker, bahnbrechender oder zerlegen unser Geistesleben in ein Forscher und Meister der Sprache, ver- fasi traditionell gewordenes Schema läßt in seiner jetzt in einer überaus reich von Epochen, Höhepunkten und Nieder- bebilderten Neuausgabe erscheinenden unbekümmert die herkömmlichen Geleise der Literaturwissenschaft. „Geschichte als Darstellung ist keine Büstensammlung; denn die Wirklichkeit zeigt nicht einzelne, sondern Gemeinschaften, und derErkennt- nis ist der einzelne nicht Zweck, sondern Mittel" von diesem Grundsatz aus gehend beantwortet er alle Fragen über Wert und Unwert eines Dichtwerks, ihre Bedeutung innerhalb des deutschen Schrifttums, und klar und einleuchtend ersteht durch sein Werk vor uns ein Bild von dem strömenden Leben der deutschen Literatur. ^uKenc/bi/^ni« von 6vimm. ^ic/inunF von /.ut/ivlS Ovimm, um ^ö/0 I I