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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.10.1936
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- 1936-10-01
- Erscheinungsdatum
- 01.10.1936
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- Deutsch
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Nummer 229, 1. Oktober 1936 sozialistischen Vorkämpfer Dietrich Eckart, Horst Wessels sowie des im Kampfe um das Auslanddeutschtum von jüdischer Meuchelhand er mordeten Landesleiters Wilhelm Gustloff gedacht. Viele, zum großen Teil einmalige Dokumente aus dem Schaffen Dietrich Eckarts, unter anderem ein Brief des Führers an ihn, wurden gezeigt. Die zum Teil bereits vorher genannten Werke von vr. Goebbels schufen den Übergang zu den für die Schulung und politische Erzie hung des Deutschen notwendigen Werken. Eine große graphische Dar stellung legte die Verbundenheit des Zentralverlages durch die von den einzelnen amtlichen Stellen herausgegebenen Bücher und Zeit schriften dar. Die Werke von Alfred Nosenberg, die durch eine Gegen überstellung der Angriffsschriften gegen den »Mythus des 20. Jahr hunderts« äußerst interessant zur Schau gestellt waren, leiteten über zu den sonstigen kulturell wertvollen Büchern des Verlages. Einen weiteren Raum nahmen neben den Straßenkartenerzeugnissen die Kalender und Romane ein. Die Werke des Dichters Heinrich Anacker, der zum Neichsparteitag den Preis der NSDAP, für Kunst überreicht erhielt, fanden hier ihre Würdigung. Korfiz Als Korfiz Holm am 1. Oktober 1896 in den damals zwei Jahre bestehenden Verlag Albert Langen in München als Volontär eintrat, schien dies zunächst fast ein Zufall zu sein. Der in Riga geborene hatte nach in Lübeck bestandenem Abitur kurze Zeit in Berlin, allerdings mehr aus Verlegenheit, Jura studiert, war dann ans ein Semester nach München gekommen, hatte hier zwar in keinen Hörsaal mehr gefunden, aber mit Freude sein Einjährigen jahr, das ihm zugleich wertvolle Kenntnis von bayrischer Art und bayrischem Volk brachte, abgedient und fand sich danach durch Ver mittlung seiner Mutter, die gerade einen Gedichtband bei Albert Langen veröffentlichte, bei diesem im Verlag wieder. Ja, die Sache wird dadurch noch seltsamer, daß, wie Korfiz Holm selbst in seinem Buch »ich — kleingeschrieben« erzählt, auch Mia Holm gar nicht eigent lich zu Albert Langen, sondern zu einem ganz anderen Verleger ge wollt und sich nur aus Versehen zufällig zu diesem verirrt hatte. Immerhin hat dieser Zufall nun schon vierzig Jahre angedauert, denn noch heute steht Korfiz Holm in der Leitung des nunmehrigen Albert Langen / Georg Müller Verlages, und — man kann es getrost sagen — dieser Zufall wird noch weit Uber den heutigen Tag hinaus seine Wirkung zeigen. Der Einstanb in München war allerdings nicht leicht. Der junge Verlag hatte nicht nur seine Existenzberechtigung selbst erst zu be weisen und sich dnrchzusetzen; der von Langen von Anfang an ge führte Kampf gegen Muckertum, Unwahrhaftigkeit, leere Protzerei und Servilität brachte ihm auch manche Gegnerschaft politischer Art ein. Vor allem war es der Simplizissimus, dessen — wie wir heute rückschauend sagen können — doch wohl notwendige Schärfe den Ver lag verschiedentlich mit der Polizeigewalt in Berührung brachte, bis schließlich eines Tages Albert Langen gezwungen wurde, auf einige Zeit außer Landes zu gehen. So ruhte über Nacht die ganze Last des Verlages auf Korfiz Holm. Fünf Jahre führte er in Abwesenheit des Besitzers den Verlag, der schon damals Namen wie Björnson, Knut Hamsun, Selma Lagerlöf, Verner von Heidenstam, Ludwig Thoma in sich vereinigte. Und als Albert Langen, der nach seiner Rückkehr aus der Verbannung nur noch wenige Jahre leben sollte, 1909 gestorben war, da gehörte zu der noch von Langen selbst be stimmten Leitung des Verlages an literarisch maßgebender Stelle selbstverständlich Korfiz Holm. Wer freilich seine Arbeit in dieser Zeit würdigen will, der wird auch stets seines gleich ihm noch heute dem Verlag angehörenden Freundes Reinhold Geheeb gedenken müssen, mit dem Holm stets in gemeinsamer Arbeit verbunden war, sodaß man rückschauend wohl nicht immer mit Sicherheit würde erkennen können, was dem einen oder dem anderen zugehört. Dieser Verlegerarbeit hat Holm nun mit Hingabe und Gewissenhaftigkeit seit diesem Jahr durch die Kriegs- und Nachkriegszeit hindurch obgelegen. Er hat den Cha rakter des Verlages, wie ihn sein Gründer prägte, als eine Pflege stätte gegenwärtiger deutscher und nordischer Dichtung gewahrt und hat ihn in wesentlichen Zügen noch verstärkt. So wichtige Namen wie Max Dauthendey, Lena Christ, Hans Grimm, Hanns Johst, Karl Benno von Mechow, Gunnar Gunnarsson, Barbra Ring sind unter Korfiz Holms Leitung zu den mit gleichbleibender Liebe betreuten früheren Autoren hinzngekommen. Nach dem späteren Zusammenschluß mit dem Georg Müller Verlag wurde dann unter neuer Leitung diese Seite der Arbeit noch stärker und den Notwenbigkeiten einer härteren Zeit entsprechend vor allem kämpferischer betont. Wer Korfiz Holms Erinnerungen »ich — kleingeschrieben« kennt — dieses Buch ist nicht nur für ihn selbst, sondern für einen guten Teil deutscher Verlags-, Dichtungs- und Kulturgeschichte wichtig —, Den Abschluß der Ausstellung stellte der sogenannte »Raum des Führers« dar. Neben der repräsentativen Bekanntgabe der zum Neichsparteitag erreichten Auflage des Werkes »Mein Kampf« von 2>H Millionen und der Auflage der Führerreden von 1,3 Millionen wurde eine Fülle von Material gezeigt, das einen geschlossenen Einblick in die Geschichte des Werkes »Mein Kampf« bot. Auf einer Deutschlandkarte, die auf einem Sockel liegend aufgebaut war, wurden 1. September 1936 das Werk des Führers an Neuvermählte aus händigten, gezeigt. Eine Büste des Führers, zwei markante Wand sprüche sowie Blumenschmuck gaben dem Raum ein feierliches Ge präge. Genug zu sehen gab es, wahrhaftig, und die Räume vermochten nicht immer die riesige Anzahl der Besucher aufzunehmen, sodaß die Ausstellung zeitweise gesperrt werden mußte. Während im vergan genen Jahr 20 021 Besucher gezählt wurden, waren es in diesem Jahr bereits 42100. Und jeder ging fort mit dem Bewußtsein: jetzt habe ich ein Stück Geschichte miterlebt! Holm der weiß, daß dieser Mann, der allen großen Worten abhold ist, und vor dessen entwaffnendem Lächeln denn auch alle großen Worte über ihn selbst zunichte werden würden, daß Korfiz Holm nicht gerade den Prototyp des Verlegers darstellt. Freilich sind wohl die meisten über durchschnittlichen Verleger nie eigentlich Prototypen ihres Standes ge wesen. So praktisch sein Blick in allen verlegerischen Dingen ist, so gewissenhaft er sich um alle auch technischen Angelegenheiten, in denen er eine große Kenntnis hat, kümmert, so erstaunlich konzentriert, viel seitig und geräuschlos seine Arbeitsleistung, so ausgeprägt sein Gefühl in allen künstlerischen Fragen ist, so scharf und unerbittlich sein Urteil sein kann, das Wesentliche und Einmalige seiner Persönlichkeit ist etwas anderes: es ist seine oft hinter geistreichem Humor versteckte innere Überlegenheit, die das Ergebnis einer tiefdringenden Menschen kenntnis und einer sicheren Lebensanschauung ist, seine Abneigung gegen Unechtes und Gekünsteltes, seine Liebe zu allem Wahren und Natürlichen. Wie bezeichnend, daß er für Knut Hamsun, dessen Werk er ja auch vierzig Jahre mit betreuen durfte, vor allen anderen Dich tern des Verlages eine besondere Verehrung hat. Wie bezeichnend, daß ihm stets die Frage nach der menschlichen Qualität neben der nach der künstlerischen Leistung steht. Das ist aber zugleich das Zeichen jener Kraft, die Korfiz Holm zum Schriftsteller gemacht hat. Zwar läßt er selbst sein schriftstelle risches Werk hinter seinem verlegerischen zurücktretcn, aber nicht nur das bereits erwähnte Erlebnisbnch »ich — kleingeschrieben«, auch seine Romane »Die Tochter« und »Herz ist Trumpf« sowie sein neuestes kürzlich erschienenes Buch »Mehr Glück als Verstand«, aber auch schon seine früheren Dramen zeichnet neben der erstaunlichen Gekonntheit im Technischen und Wahrhaftigkeit im Naturell — hat er doch als Balte mit die besten Münchener Romane geschrieben — vor allem die Gabe der Menschenerfassung und Menschendeutung aus. So gern er hierbei seine Gestalten in ihren kleinen und großen Schwächen auf witzige und ironische Weise herausstellt, so wenig sind diese Bücher doch nur durch Ironie und Satire bestimmt. Vielmehr wird der tiefer Sehende in ihnen die Güte, Wahrhaftigkeit und auch den Ernst eines wirklichen Menschenschilderers und Menschenkenners finden. Aber eine Dar stellung von Holms schriftstellerischem Lebenswerk ist an diesem Tage, da des Verlegers gedacht werden soll, nnr insofern am Platze, als sie zur Erhellung seiner Persönlichkeit dienlich ist. Was Korfiz Holm in seinen Büchern sonst noch — erwähnt, sei nur seine meisterhafte überlegene Menschlichkeit aber, die dem Unterlegenen, Taktlosen oder Nennmalklugen zwar eine Ursache der Peinlichkeit, dem Gleichgesinnten, Offenen und Freien jedoch eine stete Quelle der Freude ist, macht den wesentlichen Reiz seiner Persönlichkeit auch als Verleger aus. Ihr kann man sich nicht entziehen. Es ist das Wesentliche aller guten verlegerischen Arbeit, daß sie zu ihrem größten Teil.verborgen bleibt, daß sie in der Stille ge schieht, ja, daß sie gerade dann am besten ist, wenn der Außenstehende nichts von ihr merkt. Würde sie fehlen, dann freilich würde man sie entbehren. So ist auch Korfiz Holms Arbeit gewesen, und so ist sie noch. Wieviele Manuskripte sind durch seine Hände gegangen, wie viele Übersetzungen durch seine Feder in gutes Deutsch gebracht, wie viele Einbände sind von ihm ausgewählt, wieviele Hilfen seinen Auto ren und Mitarbeitern erteilt worden. Nur einmal am Tage dieses dann wird sie wieder wie bisher in der Stille geschehen, aber unge brochen, ungetrübt und erfolgreich, hoffentlich noch viele Jahre. —t. 857
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