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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.04.1925
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- 1925-04-30
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- 30.04.1925
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So wurde allmählich, und von der Mitte des 18. Jahrhunderts an endgültig, der Schwerpunkt des deutschen Buchhandels nach Leip zig verlegt. Das Ende der Frankfurter Büchermesse nimmt man mit dem Jahre 1764 an, wo die größeren Leipziger und andere norddeutsche Handlungen von ihr Abschied nahmen. »Die Stadt Leipzig«, so schrieb die süddeutsche Buchhändler zeitung »Neues Archiv« zu Ende des 18. Jahrhunderts, »hat sich im Flor des Buchhandels so festgesetzt, daß sie es schwerlich, ohne die gewaltsamste Revolution, welche ebensogut zum Schaden des ganzen Handels ausschlagen könnte, je verlieren wird«. Sie hat ihrer Bedeutung als Zentrum des Buchhandels im Laus der Zeiten alle Ehre gemacht und wird nach menschlichem Ermessen auch künftighin das Herz des deutschen Buchhandels bleiben! Das Wesen der Leipziger Buchhändlermesse hat sich im Laufe des 19. Jahrhunderts allerdings stark gewandelt. Durch das Empor blühen des Leipziger Kommissionsbuchhandels und die Erstarkung der buchhändlerischen Organisation haben sich viele zeitraubende Geschäfte nach und nach für die Erledigung auf der Messe erübrigt, und die mit der Zeit eintretenden besseren Verkehrs verhältnisse schränkten den eigentlichen Bücher h a n d e l während der Leipziger Messe immer mehr ein. Früher aber fanden die meisten Geschäfte des deutschen Buchhandels dort ihren Anfang und Abschluß. Für jeden nicht ganz unbedeutenden Buchhändler war es, schon um der Erhaltung des Kredits halber, von so großer Wichtigkeit, die Leipziger Büchermessen zu besuchen, daß selbst die größten Unannehmlichkeiten und Gefahren der Reise nur schwer von ihrem Besuche abhalten konnten. Diese waren allerdings nicht gering, besonders für die Oster messe machte sich die ungünstige Jahreszeit bisweilen recht un angenehm fühlbar, und ältere Leute konnten sich bei einer Reise von mehreren Tagen im klapprigen Postwagen, wenn sie oft noch durch »Schnee und Eis, wie durch hohe Mauern fahren mußten«, leicht gefährliche Erkältungen zuziehen. Im 16. Jahr hundert wurden die Reisen zur Messe von Königsberger Buch händlern, und wohl auch aus anderen weit entfernten Orten, zu Pferde zurückgelegt, ein kleiner Unterschied, wenn man eine Meßreise nach Leipzig heutzutage im bequemen und schnellen Automobil in Vergleich zieht. Daß schlechte Witterung zuweilen die Reise ganz unmöglich machte, kam auch vor. So hatte sich Johann Ernst Meyer aus Breslau am 14. April 1785 mit dem festen Vorsatz, die Leipziger Messe zu besuchen, mit seinen dor tigen Kollegen auf deu Weg gemacht. »Bis zur ersten Station«, berichtete er später, »brachten wir mit acht Pferden zwölf Stun den zu. Wir traten die zweite Station an: aber es war unmöglich fortzukommen, weil man wegen Wasser und Schnee nicht die mindeste Spur eines Weges fand. Wir waren also gezwungen, wieder nach Hause zu reisen.« Während des Dreißigjährigen Krieges mußte der Besuch der Messen wegen der Unsicherheit für Leib und Leben oft unterbleiben, und auch später noch brachten Kriegsereignisse zuweilen große Gefahren für die Meßbesucher mit sich. Im Jahre 1760 machte der Vertreter von Friedrich Nicolai in Berlin auf der Reise zur Leipziger Michaelismesse in Wittenberg eine sehr unangenehme Bekanntschaft mit einer 12pfündigen Kanonenkugel, die in seine Stube flog und ihn beinahe im Bette erschlagen hätte. Einst war der Abschied von der Familie schwerer, die Tren nung länger, ja man bestellte sein Haus, ehe man in die »un gewisse« Ferne zog. Umständliche Vorbereitungen mußten lange Zeit vorher getroffen werden. Für seine große Reise durch Deutschland (1781) ließ sich der Berliner Buchhändler Friedrich Nicolai z. B. einen besonders eingerichteten Reisewagen bauen und einen eigens erfundenen Wegemesser Herstellen, einen Schritt zähler und eine Taschenschreibfeder, die beständig Tinte enthielt (also den heutigen Füllfederhalter), schaffte er sich auch an. Waren früher endlich die Meßgüter (Novitäten, Tauschgut lind Remittenden) mit dem Lastwagen abgeschickt, so bezog der Buchhändler für einige Tage Quartier in der Postkutsche oder dem besonders gemieteten Reisewagen. Sparsam Veranlagte ließen sich wohl auch das Vergnügen nicht nehmen, die Reise auf dem Leiter- oder Packwagen in langsamem Tempo mitzu machen, bei den schlechten Wegen damals eine gute Massagekur! Viele reisten nicht nur mit Sack und Pack, sondern auch mit Kind und Kegel. Jeder führte Geschäftsbücher, einen Stoß Verlang zettel und den großen Geldbeutel mit sich. Die vorsichtigen Leute nahmen wohl auch noch Nahrungsmittel (Schinken und Würste) für die Dauer ihres Aufenthaltes in Leipzig mit. Unterwegs suchte man sich der Langeweile, die bei den langen Reisen trotz häufiger erheiternder Erlebnisse, aber auch vieler verwünschter Hindernisse doch zuweilen gähnend in die Reisekutsche eindrang, so gut wie möglich zu erwehren. Die Insassen der Wiener Extra post, erzählt der Chronist aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, verkürzten ihre Zeit damit, daß sie während der langen Fahrt durch Böhmen Wetten auf die Stunde der Ankunft in Kolin, Prag, Lobositz usw. in Champagner abschlossen, die dann in Leipzig ganz gewissenhaft erledigt wurden. Die vier, die dieses sinnreiche Mittel, die Zeit zu verkürzen, erfunden hatten, waren die Wiener Earl Gerold mit seinem getreuen Wittenbecher, der Kunsthändler H. F. Müller, eine lange knorrige Gestalt mit ernstem Gesicht und trockenem Witz, und der lebenslustige C. A. Hartleben, der Chef des größten Sortimcntsgeschäfts in Pest. Anfangs des 19. Jahrhunderts kam für den Buchhändler eigentlich nur noch die Hnnptmesse, die Ostermesse, in Betracht, der Besuch der Neujahrs- und Michaelismesscn war damals schon ganz außer Gewohnheit gekommen. Michaelis 1796 waren nur noch etwa zwölf Buchhändler zur Herbstmesse erschienen, und in den folgenden Jahren ließ der Besuch der Herbstmesse noch mehr nach. Zweimal im Jahre nach Leipzig zu fahren, dafür fehlten den meisten Buchhändlern die Zeit und das Geld. Die Fahrt hin und zurück und die Umständlichkeit der Abrechnungs geschäfte hielten die meisten Meßbesucher zur Ostermesse sowieso schon volle vier Wochen, ja oft bis sechs Wochen vom Hause fern. Jeder Besucher hatte seinen »Stand« in einem »Gewölbe« (Laden) eines Leipziger Buchhändlers oder einem sonst gemieteten Raum, und um abzurechnen und um sein Geld los zu werden oder zu erhalten, mußte jeder von dem einen zum andern laufen. Dabei hielten die Besichtigung und Auswahl der Novitäten, das Tauschen und Einhandeln der Bücher, auf die man Bestellungen mitge brachte hatte, die Schlichtung von Differenzen und die nötige Unterhaltung über die schwere Not der Zeit jeden an dem ein zelnen Standort längere Zeit fest. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch der Besuch der Ostermesse durch die auswärtigen Handlungen merklich nachließ und die unverhältnismäßig hohen Reise- und andere Meßspcscn und vor allem die große Unbequemlichkeit des einzelnen Auf- suchenS der auswärtigen Geschäftsfreunde zwecks Abrechnung als Gründe dieser Verzichtleistung auf den Besuch der Messe laut wurden, setzten die Bestrebungen zur Errichtung eines gemein schaftlichen Abrechnuugslokals ein, der »Buchhändler-Börse«, wie man das in Aussicht genommene Buchhändler-Lokal schon damals nannte. Nach vergeblichen Versuchen von G. I. Göschen- Leipzig und Ruprecht-Göttingen im Jahre 1791 erließ am 4. April 1792 der bedeutende Leipziger Buchhändler Paul Gotthelf Kummer, einer der ersten und rührigsten Leipziger Kommissionäre, ein Zirkular, in dem er das bekannte Richtersche Kaffeehaus als gemeinsames Abrechnungslokal vorschlug. Dieses, an der west lichen Ecke der Katharinenstraße und vom Brühl gelegen, daS noch heute stehende stattliche »Romauus-Haus« war damals eins der angesehensten öffentlichen Lokale Leipzigs, wo auch Schiller während seines Leipziger Aufenthaltes gern verkehrte und wohl öfters den von ihm gerühmten »Richterschen Meßpunsch« schlürfte. Das zweite Stockwerk, aus Vereinszimmern bestehend, bot ge nügend Raum, und Kummer vereinbarte alles aufs genaueste mit dem Wirt und stellte die Vorzüge des Lokals für die Zwecke der Abrechnung ins rosigste Licht. Zugleich suchte er alle etwaigen Bedenken dagegen zu zerstreuen und trat ganz ausdrücklich der Befürchtung entgegen, als wenn jemand durch die Teilnahme an der Abrechnung mit dem Kaffeehause in Berührung känie und damit etwa genötigt würde, »täglich etwas zu verzehren«. Der Kaffeewirt — sagte Kummer — bekomme weder Kenntnis von denjenigen, die an dieser Einrichtung teilnähmen, noch dürfte er ohne Erlaubnis der Gesellschaft ihre gemieteten Räumlich keiten betreten. Dieses Hervorheben, daß niemand zum Genießen und Verzehren gezwungen sei, könnte fast den Eindruck erwecken, als wären die damaligen Buchhändler hausbackene, trockene, nur
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