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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.08.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-08-26
- Erscheinungsdatum
- 26.08.1920
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- Deutsch
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säumiger Briefschreiber erweist. In seinem noch zu behandeln den Briefwechsel mit Moriz v. Schwind äußert er sich selbst zu diesem Mangel: »Es ist der alte schlimme Eigensinn meiner Natur, daß ich, wenn es nach Innen nicht glatt und aufgeräumt bei mir aussieht, gerade den Edelsten und Besten gegenüber, bei denen ich, sobald die Feder einmal in Bewegung ist, am meisten in Versuchung komme, von mir selbst und aus dem Tieferen heraus zu reden, am schwersten mich zu einer Mitteilung ent schließen kann. Durch Klagen rührt man nur den Grund der Klage auf, den man sich immer gern verbirgt, um noch erträg lich fort zu existieren«. Kommt hier das hypochondrische Wesen Mörikes in seinen eigenen Worten zum Vorschein und läßt seine Abneigung für den brieflichen Verkehr erklärlich erscheinen, so muß bei dem Verkehr mit Storm noch in Rechnung gezogen wer den, daß es dem »eingesponnenen« Schwaben selbst nach einem Besuche Storms in Stuttgart sehr schwer wurde, ein rechtes Ver hältnis zu dem Husumer Dichter zu gewinnen. Zu der offenen Herzlichkeit, wie sie im Briefwechsel mit Heyse von beiden Seiten zutage tritt, kommt es hier nicht. Trotz aller Bemühungen Storms, das Verhältnis zu vertiefen, wahrt der kühle Schwabe stets den Abstand. Neben den Briefen erfolgt ein Austausch der Werke und der beiderseitigen Meinungen darüber. Gleichwohl möchten wir diesen Briefwechsel nicht missen. Ist er doch für den Umkreis Mörikes und Storms und für beider Dichter Schaffen sehr auf schlußreich, und gewährt er doch so manchen Einblick in die Ent stehungsgeschichte einzelner Dichtungen Storms. In diesem Punkte ist der Norddeutsche sehr mitteilsam, und was er dem schwäbischen Freunde oft in längeren Ausführungen zu erzählen weiß, findet nicht allein dessen volle Anteilnahme, sondern besitzt auch bleibenden literarischen Wert. Der Gegensatz beider Dichter, naturen ist in mancher Beziehung lehrreich. Man spürt deut lich, in wie großem Maße die Entstehung des dichterischen Kunst Werkes in der völkischen Abstammung, in der näheren Umgebung — wozu auch die Familie gehört — verankert ist. Der Brief wechsel ist bis zum Tode Mörikes und darüber hinaus mit der Witwe bis zum Tode Storms weitergesponnen worden. Letzterer ist in der vorliegenden Ausgabe zum ersten Male veröffentlicht. Es gewährt einen eigenen Reiz, an der Hand dieser Briefe das Verhältnis der Dichter zu den anderen Künsten zu unter suchen. Zur bildenden Kunst stehen alle in einem engen Ver hältnis, von Zacharias Werner augefangcn, der sich mit allerlei gelehrten Kunststudicn, z. B. über die Gotik, abgab. In Adalbert Stifter und Gottfried Keller begegnen wir ausübenden Künstlern, deren Betätigung auf dem Gebiete der Malerei auch auf ihre Werke starken Einfluß ausübt. Paul Heyse schwankt zwischen dem Dichter- und Malerberufe, Mörike zeichnet seinen Freund Schwind während des gewöhnen Mittagschlafes, als ihm der Kater Weißling auf den Bauch springt. Nur Storm handhabt an Stelle des Zeichenstiftes den Taktstock in seinem Gesangverein und läßt seinen Tenor als Sänger ertönen. Während der Satz, daß entgegengesetzte Pole sich anziehen, bei Mörike und Storm nur bedingt zutrifft, ist das in desto aus giebigerem Maße bei Mörike und Moriz von Schwind der Fall, deren Briefwechsel in einer neuen Ausgabe*) bei Julius Hoff mann in Stuttgart erschienen ist. Man kann sich keine verschie denartigeren Naturen denken, als den fast gewaltsam impulsiven, unbekümmerten Künstler Schwind und den zurückhaltenden Dich ter Mörike mit seinem ausgesprochenen Innenleben. Der Brief wechsel dieser beiden Männer ist etwas ganz Köstliches, auch in kcr Form, in der er hier geboten wird (das Buch ist hervorragend auch bildlich sehr anziehend ausgestattet). Hier ist es Mörike selbst, der den Anstoß zum näheren Verkehr gibt, indem er den Künstler um eine Zeichnung zu dem Gedicht »Erinna an Sappho« bittet. Während das Verhältnis Mörikes zum Buchhandel als ein geregeltes, den Dichter befriedigendes erscheint, läßt es Schwind an derben Ausfällen nicht fehlen. »Wenn wir uns *) Briefwechsel zwischen Eduard Mörike uni Moriz v. Schwind. Mit sechs bisher unveröffentlichten Bild Nissen und dreizehn weiteren Beigaben, Herausgegcben von Hanns Wolfgang Rath. 8°. 209 S. u. Reg. Stuttgart, Verlag von Julius Hoffman». Vergriffen. mit den Buchhändlern einlassen, so geht die Sache aus ganz an deren Noten. Da fällt von vornherein alles weg, was eine Sache charakterisiert. Wenn ein Gedicht gut sein soll, darf es vor allem nicht zu lang und nicht zu kurz sein .... nun heißt es aber bei dieser verdammten Nace: Ein Bild so groß wte's andere, alle in dem gleichen hundsföttischen Gefusel gezeichnet und alle cancanisiert soviel als möglich, was soll da herauskommen? .. . Da wurde mir eine französische Vignette gezeigt mit der Frage, ob ich meine Sachen so machen wolle. Was war darauf zu sagen, als: gehen Sie zu dem, der das gemacht hat, der macht's so!« Aus die Franzosen ist er nicht gut zu sprechen: »In Paris waren Bilder von mir, die glänzend durchgefallen sind, was mich eigent lich freut, denn ich möchte diesen Hanswursten nicht gefallen«. An anderer Stelle spricht er von der »Bestie von Verleger« und von »ruchlosen Verlegern«, ja von Eseln von Buchhändlern« und »Stuttgarter Buch händler-Tropfen«. »In irgendeinem Brief von mir steht die Äußerung — Cotta sei das Hauptvieh unter den Buch händlern, welches hiermit feierlich widerrufe«. Man darf also diese Äußerungen einer überschänmenden Künstlernatur nicht allzu tragisch nehmen, ebensowenig wie die über die Musik Richard Wagners (»Wagnerschc Eseleien«). »Damit mir Mün chen vollends unausstehlich wird, ist mein alter Freund Lachner pensioniert worden und mit ihm alle gute Musik. Der alte König Ludwig war taub, der König Max blieb nie bis zu Ende; da ging's, daß man was Gutes aufführte. Der regierende aber, mit seinen Herrn Liszt und Wagner, diesen Hanswursten, wird uns Nägel in die Ohren schlagen, daß es nur so pumpert«. Diese Ausfälle tun aber der Sympathie, die wir bei der Lektüre dieses Buches dem Menschen Schwind entgegenbringen müssen, keinen Abbruch. Er war und ist noch immer der Freudenbringer echt deutscher Kunst, und die stillen Feste, die beim Erscheinen neuer Bilder Schwinds im Mörikeschen Hause gefeiert wurden, wieder holen sich heute noch beim Betrachten der »Sieben Raben« oder der »Schönen Melusine« in tausend kunstfreudigen deutschen Fa milien. Bei dieser Gelegenheit darf die Arbeit unseres Berufsge nossen Hanns Wolfgang Rath als berufenen Heraus gebers nicht unerwähnt bleiben. In seiner Eigenschaft als Mörikcforscher ist es ihm gelungen, beide Briefwechsel, die be reits in älteren, aber vergriffenen Ausgaben vorliegen, wesent lich zu erweitern und zu vervollständigen. Dann merkt man auch den Buchhändler insofern an der Arbeit, als auf die Beifügung eines ausführlichen Apparates von Anmerkungen in Gestalt von Fußnoten oder Anhängen verzichtet wurde. Vielmehr sind kurze Hinweise in eckigen Klammern in die Briefe selbst eingefügt. Da durch kann die Lektüre in einem Zuge bequem und ungestört be werkstelligt werden, ein Umstand, der den Wert der Ausgaben als Geschenkwerke wesentlich erhöht. Diese Betrachtung gibt uns noch Anlaß, einer großen Samm lung von Künstlerbriefen aus dem 19. Jahrhundert zu gedenken, die, von Else Cassirer herausgegeben, im Verlage von Bruno Cassirer in Berlin*) erschienen ist. Sie ist in dem gleichen Maße eine Ergänzung zur Kunstgeschichte, wie die Dichtcrbriefe eine solche zur Literaturgeschichte sind. Bevorzugt sind Briefe, in denen über die eigene oder über anderer Kunst gesprochen wird. Wir sind also auch hier in der Lage, einen Einblick in des Künstlers Werkstütte, in die besondere Art seiner Arbeit zu Um. Das hervorragend ausgestattete und reich mit Bildern geschmückte Buch bringt Briefe von Chodowiecki, Grass, Tischbein, Schadow, Canova, Schinkel, Rauch, Carstens, I. A. Koch, Schick, Overbeck, Cornelius, Schnorr von Carolsfeld, Gustav König, C. D. Fried rich, PH. Otto Runge, Moriz von Schwind, Erwin Speckter, Karl Begas, K. F. Blechen, Franz Krüger, Theodor Hosemann, I. C. Dahl, A. L. Richter, Fr. Preller d. Ä., Alfred Rethel, Louis Gur litt, G. F. Kersting, Steinlc, Hans Speckter, Gottfried Keller, Ferdinand Waldmüller, C. F. Hausmann, Arnold Böcklin, Anselm *) Künstlerb riefe aus dem neunzehnten Jahr hundert. Herausgegeben von Else Cassirer. Mit 176 Abbildun gen. Kl. 4". 669 S. Berlin 1919, Bruno Cassirer. Ladenpreis geb. 32.-. 1009
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