Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.02.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-02-29
- Erscheinungsdatum
- 29.02.1912
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19120229
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191202293
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19120229
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1912
- Monat1912-02
- Tag1912-02-29
- Monat1912-02
- Jahr1912
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ so, 29. Februar 1912 Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2661 kommenden Nutzen gezogen hat. Selbst wo die Verhältnisse günstiger lagen, sind die dem einzelnen Geschäftsinhaber zu fallenden Bissen doch nicht viel größer geworden, denn da haben sich gleich ein paar buchhändlerische Kostgänger ein gefunden, und die Krippe ist von soundsoviel Kollegen mehr besetzt. Während nun der Sortimentsbuchhandel einen mitunter leidenschaftlichen Kampf um das »Buch», um die Erhaltung seines Bücherabsatzes führt, hat sich an einem andern Punkte ein Wandel vollzogen, der zu einer weiteren Schwächung seiner beherrschenden Machtstellung führen mußte und geführt hat. Der Kolportagebuchhandel, früher ein untergeordneter Zweig des Buchhandels, wenig geachtet so wohl wegen der von ihm vertriebenen, nicht gerade hoch stehenden »Volksliteratur- in Groschenheften, als auch wegen seiner Vertriebsform, die mit dem Hausierhandel viel Ähnlichkeit hat, wurde wohl zuerst durch Hermann Schönlein in Stuttgart in größerem Maßstabe für das Zeitschriften geschäft mobil gemacht. Seither sind durch die An passung vieler bestehenden Zeitschriften an den Kolportage vertrieb, durch die Neugründung anderer Zeitschriften, die von vornherein auf diese Vertriebsform eingestellt wurden, durch die ungeheure Ausdehnung, die die Verbreitung der volkstümlichen Zeitschriften genommen hat, dem Sortiments buchhandel große neue Absatzgebiete verloren gegangen. Eine Betrachtung darüber, wie die Verhältnisse im Zeit- schriftengeschäft sich entwickelt haben und heute liegen, dürfte daher der Aufmerksamkeit jedes Sortimenters wert sein, kann sich doch erst daran die weitere Untersuchung knüpfen, ob der Sortimentsbuchhandel sich mit dem Gang der Dinge zufrieden geben, ob er mit des Dichters Worten: »Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder. Mir hat er abgeblüht« resignieren soll, oder ob er in Anpassung an die veränderten Zsitumstände es doch noch einmal mit einer Belebung des Zeitschriftengeschäfts versuchen könnte. Die wissenschaftlichen Zeitschriften, deren Abnehmer sich aus den Bibliotheken und den interessierten Fachleuten zusammensetzen, bleiben hier außerhalb der Betrachtung. Das Bild hat sich hierbei wohl in dem letzten Menschenalter kaum verändert; hier ist der Sortimentsbuchhändler mit seinen ge schäftlichen und persönlichen Beziehungen zu den maßgebenden Persönlichkeiten immer noch der unbestrittene Vermittler zwischen Verlag und Publikum, und der vor kurzem in einem Kolportage-Fachblatt ausgesprochene Wunsch, daß die Behörden bei Vergebung ihrer Zeitschriften-Abonnements auch den orts angesessenen und steuerzahlenden Kolportagebuchhändler berücksichtigen möchten, wird wohl noch lange ein »frommer« Wunsch bleiben. Wir haben es bei unserer Betrachtung nur mit den Familien- und llnterhaltungsblättern, den Frauen- und Modezeitschriften usw. zu tun, denen sich auch noch die Lieferungswerke anschließen ließen. Wenn diese Gruppen auch an Anzahl den wissenschaftlichen nachstehen, so sind sie ihnen doch an Auslage und Verbreitung um vieles überlegen. Aus welchem Wege finden diese sich ans große Publikum wendenden periodischen Druckschriften nun heutzutage ihre Verbreitung? Zum kleineren Teile durch die Post, zum größeren Teile durch den Sortiments-, zum größten Teile durch den Kolportagebuchhandel. Die älteren Blätter haben sich von früher her noch einen Abonnentenstamm beim Sortimentsbuchhandel in die Gegenwart herübergerettet, der aber mangels genügender Auffrischung von Jahr zu Jahr mehr und mehr abbröckelt; auch die teureren Blätter und die Monatsschriften haben ihren Schwerpunkt wohl noch im Sortiment. Sonst neigt sich das Übergewicht aber mehr und Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. mehr dem Kolportagebuchhandel oder, wie sich dessen An gehörige jetzt nennen, dem -Buch- und Zeitschriftenhandel» zu. Die Hauptursache dieser Erscheinung ist in dem Verhalten des Sortimentsbuchhandels selbst zu sehen, der das Zeit schristengeschäft für unrentabel erklärt hat — ob mit Recht oder Unrecht, ergibt sich später — und der deshalb dem Zeit schriftenverlage und seinem Liebeswerben kühl bis ans Herz gegenübersteht. Im Gegensatz hierzu steht das Verhalten des Kolportagebuchhandels, der sich nicht als -Mann mit zu geknöpften Taschen« zeigt, sondern für die Vermehrung seines AbonnenlenstandeS jederzeit zu materiellen Opfern bereit ist. Wie erklärt sich dieser Widerspruch in dem Verhalten beider Parteien? Hier liegt der Kern dessen, was als »Ent wickelung des Znischriftenhandels» angesprochen werden muß. Mit einem Wort gesagt: der Zeitschristenhandel ist demo kratisiert worden, er ist in die breiten Mafien des Volkes gegangen, in die mittleren und vielfach auch in die unteren Kreise. Der jetzige Zeitschristenvertrieb sucht das Publikum in seinen Wohnungen oder an seinen Arbeitsstellen durch Abonnentensammler oder »Reisende« auf, um Abonnenten zu gewinnen. Selbstverständlich sind es nicht die in ver schlossenen Häusern wohnenden oberen Zehntausend, die für die Reisenden zu haben sind, sondern die ihnen selbst näher stehenden Schichten der Bevölkerung; die Provision ist ohne dies dieselbe, und »die Menge muß es bringe»«. Das ist der eine Punkt, warum das Sortiment nicht mittat. Der so zusammengebrachte Abonnentenstamm bot zu wenig Gewähr für einen gewissen »Stand« der Abonnenten, und kaum hatten die Reisenden ihre Arbeit an dem Orte beendet, so fing auch das Abbestellen schon an. Dazu kamen die unlauter» und schwindelhaften Elemente unter den Reisenden, selbst bei den Reisekolonnen, die unter Führung eines Oberreisenden von den Zeitschriftenverlegern umhergesandt wurden. Noch ein weiterer Umstand schreckte den Sortimenter von der Übernahme solcher Abonnenten ab. Es war dies die von den Zeitschriftenverlegern für das Publikum einge- sührte heftweise Berechnung, die wieder besondere Ein richtungen für die Expedition und für die Verrechnung mit den Boten nötig machte und den überdies mit Arbeiten über häuften Sortimenter noch mehr belastete. Schließlich langten die vorhandenen Boten nicht aus, und man wußte bei dem zweifelhaften Stande der Abonnenten nicht, ob sich die Ein stellung neuer Boten überhaupt lohnen würde. Auf diesem Standpunkte angelangt, fing das Sortiment an, die Übernahme solcher Abonnenten abzulehnen und die Oberreisenden der Zeitschriftenverleger höflich aber be stimmt aus dem Laden hinauszukomplimentieren. Der Oberrcisende hing aber deshalb sein Geschäft nicht einfach an den Nagel, sondern suchte sich andere Annahmestellen für seine Abonnenten, und so erstarkte der Kolportagebuch handel, sowohl was die Erweiterung seines Wirkungskreises als auch die Qualität seiner Ware anging. Über die Zahl der Kolportagegeschäfte in Deutschland sind sehr übertriebene Angaben durch die Presse gegangen, die von den »Schmutz- und Schund«-Bekämpfern herrühren. Der »Zentral-Verein Deutscher Buch- und Zeitschristen händler«, also der organisierten Kolportagebuchhändler, umfaßt etwa 900 Mitglieder, darunter auch die meisten Zeitschriftenverleger und eine Anzahl Kleinbetriebe, wo der Inhaber nebst seiner Familie sich den Botenlohn selbst ver dient. Die Betriebe, die sich einer gewissen kaufmännischen Leitung ersreuen und mit ständigen Boten arbeiten, find meist in den größeren Städten ansässig und auf insgesamt kaum über 1000 zu schätzen, wobei zu berücksichtigen ist, daß sich darunter auch eine kleinere Anzahl Großbetriebe mit Filialen befinden. 347
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder