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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1910
- Strukturtyp
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- 1910-09-08
- Erscheinungsdatum
- 08.09.1910
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- Deutsch
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^ 208. 8 September 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 10183 Wie er auch an Tieck oben schreibt, bereits Ende April 180t den Verlag an und forderte 3 Karolin für den Bogen. Bisher habe er 2^ Louisdor erhalten, den Band mit je zwei Schauspielen zu durchschnittlich 20 Bogen gerechnet. »Da das Publikum für meine Arbeit so dankbar zu sein scheint«, schreibt er, »so ist es wohl billig, daß ich auch einigen Borthell davon genieße und ihn nicht der Verleger allein an sich zieht, wie es Hern. Unger's Absicht zu sein schien.« Aber auch Cotta war nicht geneigt, den Shakespeare zu verlegen; er verhielt sich einstweilen abwartend, hat dann aber direkt abgclehnt, und endlich zwischen Unger und Schlegel vermittelt. Caroline hatte noch Schelling an Cotta, der in Weimar war, gesandt, damit dieser wegen der Übernahme des Shakespeare verhandeln könne. Sie schreibt dann an Aug. Wllh. Schlegel, daß Cotta den Erwerb abgelehnt habe, sich aber mit Schelling eine Stunde laug über die Ursachen des Streites unterhalten und zugegeben habe, mit Unger verhandelt zu haben. Aus dem Gespräch hätte sich ergeben, daß Unger alles auf frühere Spannung schob und auf seine momentane Tollköpfigkeit. Ferner, daß Unger wirklich die Sache tief gekränkt habe. »Die feierliche Anmahnung in Deinem Blllet, das Begehren die Bücher zu sehen, was Unger freylich Schlegel selbst unbesonnen ange- boten habe, indem das ein ehrlicher Mann unter den Buchhändlern sonst nie zu thun pflege — und dann der schnelle Prozeß. Daß Gratte- naucr zuerst gütlich geschrieben, hat ihn vermutlich noch in der Toll heit getroffen, und er hat es als eine bloße Formalität angesehen. Die Grobheit seines Billets hat er vollkommen eingestanden. Er würde Dir ohne das Deinige aber gewiß Geld geschickt haben. Cotta wollte er, ebenfalls ohne es wirklich zu thun, aus seinen Büchern beweisen, daß von den letzten Theilen des Shak. nur 400 Exemplare abgesetzt worden wären, übrigens riethe er ihm nicht ab, sondern vielmehr zu. — Cotta's Ansicht ist die gewesen: es beruhe alles auf persönlicher Span nring, ohne die es nicht so weit hätte kommen müssen, und er glaubte, was diese beträfe, sehr gern, daß die U. eine Kanaille wäre — er hätte noch von niemand ein anderes Urtheil über sie gehört. Aber Unger sey doch ein vollkommen honetter Mann, und Du hättest eigent lich mit ihm in dem Verhältniß stehn müssen, wie er z. B. mit Fichte im Ganzen und Großen, wo so eine kleine Nachauflage mehrmals ohne vorläufige Nachricht vorfielen — ja er habe Schülers Wallenstein noch einmal aufgelegt, ohne diesem ein Wort zu sagen wie nach der Messe u.s.w. Kurz, Du hättest es wohl gleich zu Anfang zu gespannt gerügt und mit Mistrauen, wenigstens habe es U. so überrascht, daß er auch gleich mit dem Erbieten die Bücher zu zeigen herausgefahren wäre. Verlangen habe dieser es durchaus nicht wollen. Er hat dann auch geltend gemacht, daß er Dir jetzt mehr bezahle. So wie Cotta nun den Buchhandel, die Stimmung für U. und die Zeitumstände kennte, würde es Dir sehr schwer fallen, einen ordentlichen Verleger zu finden. Zuletzt hat er sich mit dem Erbieten herausgelassen zwischen Dir und U. den Vermittler zu machen, und das auf eine solche Weise, daß Schelling meynt, Ungers Wünsche müßten selbst dahin gegangen sehn. Er hat sehr darauf appüyirt, daß U. den Handel sehr unglück lich mache.« Die geistreiche, fürsorgende Gattin und Gefährtin fährt dann fort: »Deine Aufträge haben Tieck schwerlich mehr in Leipzig gefunden, und überhaupt ist ein solches Geschäft Tiecks Stärke nicht. Ich ver- muthe daher, es ist noch nichts weiter geschehen. Vieweg wäre der einzige, der gegen Unger an gern etwas thäte. Perthes, sagt Schelling, hat nicht koncks genug für diese Unternehmung und ist außerdem Deinen Gegner dienstbar. Cotta hat gern eingestanden, daß sie etwas solides sey. Was ist nun zu thun? Du kannst von der möglichen Fehlschlagung zu der Eröffnung einer Subscription doch Aerger einerndten. Schelling räth eine stille Pause und eine endliche Wiedervereinigung mit U. Er will gern Cotta das Nöthige darüber Mitteilen, damit Du es nicht zu thun brauchst. Ich weiß nicht, in wiefern Du den Rath vernehmen magst und kannst. Fällt der Prozeß für Dich aus, so ist es möglich. Hemmen wirst Du ihn jetzt in seinem Lauf nicht wollen. Ich kann Dir nicht sagen, wie toll wir hier über das dumme Ereigniß sind. Daß man darum den Muth nicht sinken läßt, versteht sich wohl — aber wenn es nun dahin käme, daß der Sh. in Stocken geriethe, der gleichsam Deine Amtsbedienung ausmacht, so würde das infame Volk sich ungefähr ebenso freuen, als wie Fichte den hiesigen Professorstuhl verließ. Ich wünsche sehr mündlich mit Dir darüber reden zu können. — Recht entsinne ich mich nicht, wie das vor dem Jahre mit den Briefen kam, well ich eben krank war. Wärest Du nicht böse, daß U. auf keine Vorschläge entriren wollte?« Sie mahnt ihn dann nochmals inständig, nur an sich selbst zu denken, für sich selbst zu handeln und sich von niemand, dabei denkt sie vor allem an Friedrich Schlegel, in diesen Geschäften beeinflussen zu lassen. Gern stellt sie ihm Geld zur Verfügring, damit er frei von Sorgen arbeiten könne. In einem späteren Schreiben warnt sie ihn dann nochmals, weitere Schritte zu tun oder tun zu lassen: »Ich denke, es ist recht gut, wenn keine weitern Schritte von Seiten Tiecks usw. geschehen sind, die Zunft theilt sich alles mit und die Sache des Sh. wird schlimmer. — Schölling behauptete, ich hätte den eigentlichen Sinn seines Rathes doch nicht ganz ausgedrückt, letzthin, wie er sich ihn von mir wieder sagen ließ; er meynt, Du sollst entweder eine Pause machen, denn in einiger Zeit könne es Dir doch damit nicht fehlen, oder wenn Du diese nicht gerathen fändest, dann sollest Du Dich mit Unger wieder vereinigen, und das hält er nach Cottas Betheuerungcn über die Kränkung, welche U. empfinden, möglich, ohne Eintrag Deiner Würde und Rechte. — Ich setze zum Voraus, daß Du Fichte alles mitgetheilt hat. Vielleicht wäre auch dieser im Stande den Vermittler zwischen Dir und Unger auf eine kluge Art zu machen, und würde nicht abgeneigt seyn. Ich schlage ihn vor als den näheren. Außerdem schreiben Schelling und ich (wenn Du das lieber wolltest) an Cotta alles was Du uns ein- giebst. Mit Frommann spreche ich aber nicht, denn zu Erkundigungen über Druckkosten und dergl. ist es immer noch Zeit, da doch wahrschein lich nicht zu einem Subscriptionsplan gegriffen wird. — Wenn die U. nicht wäre, so wolt ich wohl unternehmen so an den U. kraft einer kühnen Resoluzion zu schreiben, daß ich wie ein anderer Orpheus die Steine oder Typen wieder zusammenfügte.« An anderer Stelle setzt sie noch hinzu: »Wenn Du Dich mit Unger nicht verträgst, meint Schelling, dann müsse sein Betragen allerdings öffentlich bekannt gemacht und ihm siedendes Bley eingegossen werden. Er ist toll darauf, daß die Buch händler die Schriftsteller so im Bann haben.« Man ist überhaupt gegen die Buchhändler sehr eingenommen, da heißt es einmal: »Ich erwarte Deinen Brief, um über Unger besser ins Reine zu kommen. Also, nachdem er Dir nun grob begegnet, so läßt er es Tieck und Friedrich Schlegel wieder zu gut kommen? Es ist abscheulich, daß man mit solcherley Volk zu thun haben muß.« Und in einem Briefe an Luise Götter heißt es: »Schlegel erfährt nur zu sehr, welch ein Volk die Buchhändler geworden sind, seitdem sie auch die Literatur leiten wollen.« Also auch hier wieder das alte Lied von den »armen unterdrückten« Schriftstellern und den »unverschämten« Verlegern. Vor dem Ausgang des Prozesses, den Schlegel durchfechten will, hat übrigens Caroline gewisse Angst. Immer und immer wieder kommt sie darauf zurück. »Mit Friedrich Bahn <d. Hamburger Buchhändler) hatte ich wirklich schon der Länge nach von Unger gesprochen, wie Dein Brief kam— Was Cottas Mittleramt betrifft, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem chronischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Elle ist nicht Vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung des 8ten Bandes jede Pause vor dem weitern Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Prozesses, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütter lich bleiben, sonst behalten die Rahtmama Campe doch Recht, daß einem die Feinde bis zü einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist. — und dafür schüzen uns die Götter. Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Thell.« Und einige Tage später heißt es: »Gefaßt mache ich mich auf den Verlust des Prozesses, sorge darum nicht. Eine närrische Szene habe ich mir ausgedacht, wenn ihr nun zusammen kämet zur Verbrennung jener Auflage, und indem das Kind ins Feuer geworfen werden sollte, griffet ihr beyde zu, Du aus Zärtlichkeit für den Dichter, und Unger aus teuckrosss für die Lettern und das schöne Papier, und ihr versöhnt euch wie ein paar Eheleute ä In Kotzebue.« Wie Caroline ahnte, geschah es, es kam zu einer Versöhnung; Unger verlor den Prozeß, er wurde gerichtlich zur Vernichtung von 300 Exem plaren des ersten Bandes verurteilt; es kam aber dann zu einem Über einkommen. »Ich habe nie ein Unrecht in Deinem Handel mit Unger erblickt«, schreibt Caroline, »deswegen können wir alle doch wünschen, daß Du lieber ein Unrecht verschmerzt, oder doch leichter genommen hättest, 1324«
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