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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.05.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-05-12
- Erscheinungsdatum
- 12.05.1910
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- Deutsch
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8672 Börsenblatt r d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 107, 12. Mai 1910 bei denen als Stammbuchblätter die Wiederholdschen und Riepenhausenschen Kupferstiche verwendet worden sind. Ebenso ist die letzte Nummer des Graupeschen Stammbücherkatalogs, ein Band mit 50 Kupferstichen, Ansichten aus Berlin, Potsdam und Umgebung darstellend, nach seiner ganzen Einrichtung und Innenausstattung offenbar als Stammbuch gedacht gewesen, aber nicht benutzt worden. Die Sprache der Stammbücher war in der älteren Zeit lateinisch, den Gebrauch der deutschen Sprache überließ man den Ungelehrten. Es gibt viele deutsche Stammbücher des sech zehnten und siebzehnten Jahrhunderts, in denen nicht eine Silbe Deutsch vorkommt. Erst im achtzehnten Jahrhundert verdrängte allmählich die deutsche Sprache in den Stammbüchern die fremden Sprachen. Der Inhalt der in den Stammbüchern eingezeichneten Denksprüche ist überall der mannigfachste: neben bloßer Freund schaftsversicherung, trivialer Allgemeinheit oder ungenießbarer Fadheit eine Fülle tiefsinniger Gedanken, treuherzige Biederkeit, weise Lebensregeln, deutsche Mannhaftigkeit, schlagender Witz, echte Fröhlichkeit und sprudelnde Lust. Die Einzeichnungen von Fürsten und sonstigen vornehmen Personen und von Gelehrten bildeten den ersten Teil der Stammbücher und gelten bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein als besondere Zierde derselben. Manche Stammbuchbesitzer — es gab schon damals Autographen liebhaber — suchten sich Handschriften verstorbener Gelehrter zu verschaffen uud klebten sie in ihre Stammbücher ein. So fanden die Brüder Keil in Stammbüchern vom Ende des sechzehnten und Anfang des siebzehnten Jahrhunderts Handschriften Luthers und Melanchthons. Wie man den Rang- und Standesunter- chieden in den Stammbüchern in der Weise Rechnung trug, daß man den Eintragungen der Fürsten den ersten Platz im Stammbuch anwies und dann die Eintragungen der übrigen Adeligen, Universitätsrektoren, Dozenten, Studierenden und bürgerlichen Personen folgen ließ, so hielten sich einzelne Stamm buchfreunde auch mehrere Stammbücher, von denen je ein besonderes für die Einzeichnungen von Fürsten und Adeligen, ein zweites für Gelehrte und Gönner, ein drittes für Studien genossen und sonstige Freunde, ein viertes wohl gar noch für die Bekanntschaften aus dem schönen Geschlechts bestimmt war. Die Regel blieb aber: ein Stammbuch für alle. Aus diesen Rück sichten auf Nangunterschiede erklärt es sich, daß manche ältere Stammbücher in der ersten Hälfte oft ganz leer sind. An bildlichem Schmuck enthielten die Stammbücher anfangs Wappen, zu denen bald andere Bilder kamen, wie Miniatur porträts, kleine Landschaften, allegorische Bilder, Darstellungen von gemeinschaftlich erlebten Festen und Abenteuern, Kostüm bilder usw. Wenn manche der Bilder auch nur wenig oder gar keinen künstlerischen Wert haben, manche geradezu häßlich, ab geschmackt, obszön sind, so sind andere dagegen insofern wertvoll, als sie mit ihrer Darstellung des Kostüms und des Lebens und Treibens interessante Beiträge und Belege zur Kulturgeschichte liefern. Daß man auch besondere Stammbuchblätter mit Bildern druckte, ist oben bei Erwähnung der Wiederholdschen Stiche gesagt worden. Schließlich treten an die Stelle der Bilder und der Stamm bücher überhaupt die Silhouetten <so genannt nach dem fran zösischen Generalkontrolleur und späteren Finanzminister Etienne de Silhouette —1767j, der um 1757, als die Schattenrisse in Paris Mode wurden, wegen seiner Neigung, alles auf das sparsamste einzurichten, das Stadtgespräch bildete, so daß man jede neue wenig kostspielige Mode nach ihm ä 1s. Silhouette nannte). Silhouetten in deutschen Stamm büchern finden sich schon 1769. Nach Erfindung der Photo graphie kam an Stelle des Stammbuchs immer mehr das Photographiealbum in Aufnahme. Berühmt war durch seine Bilder das Stammbuch des Herzogs Philipp II. von Pommern, von dem Mart. Zeiller erzählt: »Hertzog Philippus in Pommern, der des Jahres 1618 gestorben, hat ein statlich kostbares Stand- Buch gehabt, darinnen er der Key seiner Zeit regierenden Kayser und meistentheils Christlicher Könige, Chur- und Fürsten Hand- schrifften neben ihren Wappen, Reimen und einer biblischen Figur, durch die berühmtesten Mahler auf das allerkünstlichste auf Perga ment und Seiden, das Stück für hundert und mehr Reichsthaler gemahlen, zusammen geschaffen«. Ein einziges Blatt (das Er scheinen des Engels vor Zacharias, dem Vater des Johannes, darstellend), das der Patrizier Philipp Hainhoser für die Herzogin zu Stolpe in das reiche Stammbuch Herzog Philipps II. von Pommern malen ließ, kostete nicht weniger als hundert unga rische Dukaten. Das Stammbuch diente seinem Besitzer zur Erinnerung, oft auch zur Legitimation, zur Empfehlung, zum besseren Fortkommen und wurde oft vom Besitzer mit einem Verzeichnis der darin ver tretenen Namen versehen. Der Stammbuchbesitzer vermerkte wohl auch auf den einzelnen Blättern besondere den Einge schriebenen betreffende Erlebnisse, ließ bei etwaiger späterer Wiederbegegnung mit dem Eingeschriebenen das Freundschafts bündnis durch eine neue Einzeichnung oder durch ein der früheren beigefügtes »ksnovstum« erneuern und malte bei der Einzeichnung derjenigen, von deren Ableben er Kenntnis erhalten, ein -s- hinzu. Hierauf bezieht sich das Lessingsche Sinngedicht: »Ein Kirchhof ist, mein frommer Christ, dieß Büchelein, Wo bald kann sehn Dein Leichenstein, ein Kreuzelein!« Vaganten benutzten gelegentlich das Stammbuch zu Bettelei und Erpressung, das von manchen auch als willkommene Ge legenheit zu schlechten Witzen, trivialen Possen, unanständigen Wortspielen, Zweideutigkeiten und Obszönitäten betrachtet wurde. Autographenliebhaber verstümmelten mitunter die Stammbücher, indem sie aus fremden Stammbüchern Blätter Herausnahmen und ihrem eigenen Stammbuch einsügten. Das Stammbuch ist auch Gegenstand literarischer Untersuchung und Beleuchtung geworden. Von den einschlägigen Werken seien die nachverzeichneten genannt. Michael Lilienthal gab 1711: »8obsäissins eritioo-litsrsriuin äs küiiotdsois vsriogus sarunäsm usu st sbasu, vulgo von den Stammbüchern« heraus. In der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts erschien in Jena ein ano nymes Schriftchen: »Vom Wesen der akademischen Stammbücher«, das diese Bücher als Freundschafts- und Erinnerungsbücher leb haft verteidigt und als Vorrede oder Einleitung zu den Stammbüchern gelegentlich selbst benutzt und diesen vorgebunden wurde, wozu es sich auch durch sein Format eignete. In Camburg erschien 1798 eine »Geschichte der Stammbücher nebst Bemerkungen über die bessere Einrichtung derselben für jeden, dem Freundschaft lieb ist« von F. W. Hölbe, die in ihrem ge schichtlichen Teile eigentlich nur eine deutsche Bearbeitung des Lilienthalschen Buches ist. Das 1855 in Berlin erschienene Schriftchen von Friedländer: »Von Stammbüchern und Rebus« enthält manche schätzbare Mitteilung. In Wien erschien 1861 von Radicz: »Über drei alte Stammbücher des Laybacher Museums«. Eine erschöpfende Behandlung alles mit dem Stammbuch Zusammenhängenden, der diese Darstellung gefolgt ist, bietet das 1893 bei der G. Groteschen Verlagshandlung in Berlin erschienene Werk: »Die Deutschen Stammbücher des sechzehnten bis neun zehnten Jahrhunderts. Ernst und Scherz, Weisheit und Schwank in Original-Mittheilungen zur deutschen Kultur-Geschichte« von Robert und Richard Keil. Dieses vortreffliche Buch gibt eine ausführliche Schilderung der Stammbuchsitte nach den ver schiedensten Seiten hin und bringt außerdem 1856 Stammbuch eintragungen von den verschiedensten Personen und in ver schiedenen Sprachen nach alten Originalstammbüchern. Eine der größten Stammbüchersammlungen, vielleicht die größte unter allen, befindet sich in der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar. Den Grundstock dieser Sammlung bilden die von Ehr Ulr. Wagner in Ulm um die Mitte des achtzehnten Jahr hunderts gesammelten Stammbücher, die von ander» Gliedern der Wagnerschen Familie vermehrt und 1805 durch Herzog Karl August für die Weimarer Bibliothek angekauft wurden. Karl August und seine Nachfolger vermehrten diese Stammbücher- sammlung bedeutend, die zahlreiche Stammbücher von Fürsten, Staatsmännern, Gelehrten, Militärs, Patriziern, Künstlern, Kaufleuten usw., vor allem aber eine sehr große Menge von Studentenstammbüchern aus dem 16.—18. Jahrhundert enthält und auch nach ihrem inneren Werte einzig in ihrer Art dastehen dürfte. Viele der in dem Werke von Keil mitgeteilten Stamm bucheintragungen sind der Weimarer Sammlung entnommen. Diese alten Stammbücher haben mit ihren mannigfaltigen Einzeichnungen für uns Nachkommen und für die Wissenschaft in mehr als einer Hinsicht besonderen Wert. Schon ihre bild lichen Ausschmückungen haben aus Beachtung Anspruch; denn wenn auch nur einzelne Gemälde eine wirklich künstlerische Be deutung haben, so sind doch viele als Kvstümbilder und Dar-
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