/sL 35, 13. Februar 1909. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1871 ^ Soeben erschienen: Von eigenen Spielmannsweisen Gedichte von Ernst Weber Das in der äußeren Ausstattung sehr ansprechende Bändchen enthält eine Auswahl älterer und neuerer Verse Ernst Webers auch aus der Sammlung, die seinerzeit mit dem Augsburger Schillerpreis ausgezeichnet wurde. Die eigenen Dichtungen des bekannten Herausgebers der Anthologie „Der deutsche Spielmann" sind, soweit sie in Buchform erschienen, im Handel nicht mehr zu haben. Das neue Bändchen wird daher den vielen Freunden Ernst Webers Willkommen sein. Preis ord M. 2.— , fest bzw. bar M. 1.4V, Freiexemplare 11/10. Verlag der Iugendblätter (Carl Schnell) München II. Leipziger Neueste Nachrichten, 6. Febr. 1909: Lebenserinnerungen von August Niemann. Dresden, E. Piersons Verlag. Preis: geh. M. 3.50. — Ein Mann, der sich der Siebzig nähert, wird immer viel zu erzählen haben, umsomehr, wenn er, wie August Niemann, Schriftsteller und Militär in sich vereinigt. Ist dieser Mann nun gar noch philosophisch veranlagt, verfügt er über Geist und Mutterwitz, so darf Besonderes von ihm erwartet werden, und all dies trifft im vorliegenden Falle zusammen: die „Lebenserinnerungen" Niemanns sind ein ganz außerordentlich unterhaltendes, reizendes Buch! Ich behaupte, daß es auch nicht eine Seite darin gibt, die einen gescheiten Menschen langweilen könnte, und das will — wenn man die Lebenserinnerungen so vieler Größen darauf ansieht — schon etwas besagen. Es kommt aber einfach daher, daß hier ein Mann zu uns redet, dessen Denkvermögen, an und für sich schon bemerkenswert, an den großen Geistern der Antike geschult und entwickelt worden ist und sich im Bunde mit einem überaus glücklichen Naturell befindet, das die Welt nimmt, wie sie nun mal ist, wodurch eine ganz eigenartige Betrachtung des Lebens entsteht, die bald unsere Heiterkeit, bald unser Nachdenken weckt, immer aber unterhält und fesselt. Mag Niemann von seiner Kindheit oder seiner Militär zeit, vom alten Hannover oder dem Koburg-Gothaer Hoflcben erzählen, jede Einzelheit interessiert uns, weil er jeder ein Stück Lebensanschauung zu verknüpfen weiß, nichts ohne Beziehung zum Ganzen bleibt. Dabei erzählt er keineswegs wie ein Chronist — fast möchte man ihm den Vorwurf des Gegen teils machen —, aber er entschädigt uns durch ein Brillantfeuerwerk von Witz und Satire und den Einblick in seine Lebensphilosophie, die zu verkünden ihm so am Herzen liegt, daß er, um sie gesprächsweise vorzutragen, in der zweiten Hälfte seines Buches einen Freund, Herrn von Wittgenstein, einführt, der mir, offen gestanden, nur eine Fiktion zu sein scheint: seine (Niemanns) Meinungen an dessen Gegenbehauptungen entwickeln zu können. Wie dem auch sei, jeden falls sind diese Gespräche geistvoll, eigenartig und überaus unterhaltend — wie das ganze Buch. Georg Bötticher. ü conckltion 30*/, bar 33 /zo/o u. 7/6.