Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.02.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 21.02.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19070221
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190702212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19070221
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-21
- Monat1907-02
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
44, 21. Februar 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 2023 sich in das Goldene Buch der Gesellschaft ein und verab schiedete sich von den Herren mit lebhaftem Dank. Im nächsten Raum veranschaulichte eine umfang reiche Ausstellungsgruppe die Technik des Buchgewerbes. Herr Verwaltungsdirektor Woernlein gab hier die nötigen Erläuterungen und konnte auf die sehr reichhaltige, von ihm geschaffene Sammlung von Unterrichtsmitteln und An schauungstafeln für den buchgewerblichen Unterricht Hinweisen. Viele herrliche Leistungen deutscher Kunst wurden dem König darauf in der »Ersten graphischen Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes« vorgeführt. Von Vor standsmitgliedern des Bundes, an ihrer Spitze Herr Verlags buchhändler Georg Hirzel, empfangen, nahm der König eingehend Kenntnis von den graphischen Arbeiten. Sichtlich angeregt durch die Freude, die wahre Kunst erweckt, kargte er nicht mit verständnisvoller Anerkennung guter Leistungeil, beleuchtete aber auch, oft mit drastischem Humor, die nicht selten allzu leichte moderne Zeichenart, die mit wenigen krausen Strichen künstlerische Wirkung hervorzubringen meint. So fiel manche treffende Bemerkung über einzelne Leistungen, die ein geläuterter Kunstgeschmack allerdings kaum als Kunst ansprechen kann. Unterbrochen wurde der Rundgang in der Graphischen Ausstellung durch eine kurze Besichtigung der Ausstellung der buchgewerblichen Maschinen, die in Betrieb gesetzt waren. Nachdem dann auch die auf der andern Seite des Hauses in Kojen untergebrachten Arbeiten der Graphiker einer auf merksamen Besichtigung unterzogen worden waren, verab schiedete sich der hohe Protektor des Vereins huldvoll mit Händedruck dankend von dem Vorsteher des Vereins, Herrn vr. Ludwig Volkmann, den beiden Herren Direktoren und den andern Herren, wiederholt betonend, wie sehr ihn das Gebotene interessiert und befriedigt habe. Vielstimmiges Hoch und Hurra der draußensteheuden Menge empfing den Herrscher, als er den stolzen Bau des Deutschen Buchgewerbevereins verließ, dem mit diesem Besuch eine ehrende Anerkennung seines gemeinnützigen Strebens und ein Ansporn zu weiterm segensvollen Wirken auf der beschrittenen Bahn gegeben worden ist. —i. Max Klinger. Als eine der eigenartigsten und selbständigsten Künstler persönlichkeiten der Gegenwart gilt der am 18. Februar 1857 in Leipzig geborene Max Klinger. In seiner Person ver einigt sich der Psycholog mit dem Sittenschilderer, der Poet mit dem Denker. Und so zeigt er uns namentlich in den umfangreichen Zyklen seiner unvergleichlichen Malerradie rungen die geistvollste künstlerische Verkörperung der Jetztzeit. Von frühester Jugend an in der glücklichen Lage, seinen künstlerischen Neigungen nachgehen zu können, gefördert durch verständnisvolle Eltern und Freunde, im Besitz der materiellen Mittel, die ein vom Wohlstand errichtetes Vater haus ihm gewährte, entwickeln sich auf Grund seiner wahr haft genialen Begabung seine Fähigkeiten sehr schnell, tritt sein künstlerischer Charakter bald scharf ausgeprägt hervor. Schon im Jahre 1873 geht er nach Karlsruhe zu Gussow und siedelt zwei Jahre später mit diesem Lehrer nach Berlin über, wo die Eindrücke der Weltstadt seine Kunst früh zur Reife bringen. Nachdem er dort 1878 zum erstenmal Hand zeichnungen und Radierungen ausgestellt hat, die freilich recht widersprechende Aufnahme finden, begibt er sich auf die Wanderschaft und hält sich abwechselnd in Brüssel, Paris, München und Rom auf, zwischendurch auch wieder die deutsche Reichshauptstadt aufsuchend. Seit 1894 dürfen seine eigentlichen Wanderjahre als beendet gelten, denn seit dem hat er seinen Wohnsitz dauernd ,nach seiner Vaterstadt Leipzig verlegt. Ein suchender Geist von eindringender Kraft der Er kenntnis und ungemeiner Feinfühligkeit für das Lebens mächtige, hat Klinger die großen Erscheinungen der Kunst von der Antike an bis auf unsre Zeit auf sich einwirken lassen. Neben reicher Phantasie verfügt er über eine streng sachliche, aus geistvoller Beobachtung der Wirklichkeit er wachsene Darstellungsweise. Mit den Bruchstücken überlieferter Einzeltechniken schafft er sich eine neue Ausdrucksweise in der Radierung, sowie einen eignen Stil. Diese Nadelarbeiten seiner Hand würden allein genügen, um seinen Namen für immer ruhmvoll zu erhalten. Lassen wir seine Schöpfungen an uns vorüberziehen, so werden wir finden, daß ein ebenso gesunder und kraftvoller Realismus wie reiner Idealismus in ihnen lebt, die vereint nach einem ganz persönlichen Ausdruck suchen und ihn auch finden. Als erstes größeres Radierwerk gehen in einer Folge von 13 Blättern die »Rettungen Ooidischer Opfer» aus seiner Hand hervor. In weiterer Folge schließen sich die zyklischen Werke an: »Eva und die Zukunft», »Inter mezzi«, »Amor und Psyche«, »Paraphrase über den Fund eines Handschuhs«, dem Titel nach ein durchaus alltäglicher Vorgang und dabei im Grunde ein berückend geschilderter Liebestraum von tiefstem Empfinden. Ferner entstehen die mehr oder weniger umfangreichen Folgen: »Ein Leben«, »Dramen«, »Eine Liebe«, »Vom Tode«, »Brahms-Phantasie« und die zweite Folge »Vom Tode«. Auf Einzelheiten dieser von reichem Geist, tiefer Jdeenfülle und höchstem Schönheits gefühl erfüllten Blätter hier näher einzugehen, müssen wir verzichten. Sehe ich diese Blätter vor mir, so muß ich unwill kürlich an einen Ausspruch Heines denken, der lautet: »Oder hat es mit der Kunst und mit der Welt selbst ein trüb seliges Ende? Jene überwiegende Geistigkeit, die sich jetzt in der europäischen Literatur zeigt, ist sie vielleicht ein Zeichen vom nahen Absterben, wie bei Menschen, die in der Todes stunde plötzlich hellsehend werden und mit verbleichenden Lippen die übersinnlichsten Geheimnisse aussprechen? Oder wird das greise Europa sich wieder verjüngen, und die dämmernde Geistigkeit seiner Künstler und Schriftsteller ist nicht das wunderbare Ahnungsvermögen Sterbender, sondern das schaurige Vorgefühl einer Wiedergeburt, das sinnige Wehen eines neuen Frühlings?« Und weiter äußert er sich: »Indessen, die neue Zeit wird auch eine neue Kunst ge bären, die mit ihr selbst in begeistertem Einklang sein wird, die nicht aus der verblichenen Vergangenheit ihre Sym bolik zu borgen braucht und die sogar eine neue Technik, die von der seitherigen verschieden, heroor- bringen muß.« Vergegenwärtigt man sich diese Worte, die ein Dichter im frühen neunzehnten Jahrhundert niederschrieb, so will es einem scheinen, als ob er hellseherisch die Bewegungen auf dem Gebiet der Kunst am Ende des Jahrhunderts vorausgesehen habe. In der Malerei herb, streng und feierlich, wie die frühe Florentiner Kunst, ist Klinger Formbildner und glutvoller Kolorist zugleich, Eigenschaften, die in seinen Gemälden zwar als eine bezwingende, jedoch nicht jedem leicht zugängliche Schönheit erscheinen. Das »Urteil des Paris«, die »Pieta«, »Blaue Stunde« (jetzt im Leipziger Museum) und der viel umstrittene »Christus im Olymp« kommen als seine Haupt werke in Betracht. Von plastischen Arbeiten dürfen als seine eigenartigsten Schöpfungen gelten diejenigen, die sich im städtischen Museum zu Leipzig befinden: »Salome«, »Kassandra«, »Badende« und »Beethoven«. Bisher war es Klinger nicht vergönnt, seine auf das Große gerichtete Kunst auch in öffentlichen Gebäuden als Wand- und Monumentalmalerei zu betätigen, obwohl schon längere Zeit Unterhandlungen zwischen der Stadtgemeinde 265*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder