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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1907
- Strukturtyp
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- Band
- 1907-01-18
- Erscheinungsdatum
- 18.01.1907
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- Deutsch
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uns übrigens die Kulturgeschichte der ersten Hälfte des neun zehnten Jahrhunderts erschöpfender, als je eine Periode zu vor geschildert worden ist. Die Kunstfreunde und Graphiker betrachten mit beson- derm Interesse die Zeugnisse des ersten Auftretens der 1796 von Senefelder erfundenen Lithographie. Es ist eine Anzahl Schöpfungen des Malers Wilhelm Reuter, mit dem Jahre 1803 beginnend. »Polyautographien« nannte man diese Ar beiten, die anfangs nur in sehr offen gehaltenen Federzeich nungen auftraten und die Technik noch in den Kinderschuhen zeigten; von der spätern Feinheit, Weichheit, Kraft und dem Reichtum der Tönung ist keine Spur zu finden; dennoch verraten die Zeichnungen den begabten Künstler. So »Pluto raubt Proserpina« und die 1805 ent standene »Nymphe«. Ein »Napoleon« in ganzer Figur, ebenfalls von Reuter, aus dem Jahre 1806, trägt die Unter schrift »blsxolson, smpsrsur äs §rsvüs, Iloi ä'Itslis«. Daß Reuter auch Werke andrer Künstler herausgab, also auch Verleger war, ersehen wir aus der Unterschrift einer prächtigen Flußlandschaft von O. F. Hampe »Mit Feder auf Marmor gezeichnet. Im Verlage von W. Reuter, Berlin 1806«. Zu den ersten lithographischen Werken Reuters gehören die aus gestellten Bildnisse Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise. Reuter war übrigens eine Zeitlang Zeichenlehrer der Königin. Auch I. Genelli versuchte sich in der Lithographie, wie eine Zeichnung aus dem Jahre 1806 beweist, desgleichen Weitsch. Von Schadow sehen wir eine Zeichnung »Orestes«, von 1808 datiert, und eine Anzahl Lithographien, darunter eine scharfe Satire auf die Kritiker in der akademischen Kunstausstellung. Schon bedeutend ergiebiger haben Reuter und andere um 1818 den lithographischen Stein zu be handeln gelernt, wie das Blatt »Hero und Leander«, nach L. Wolf von Reuter »polyautographiert«, bezeugt. Hosemann, Schrödter, Dörbeck, Krüger und Menzel haben dem Stein später ziemlich schnell das abgerungen, wessen er fähig war. Vom 18jährigen Menzel, 1833 ge schaffen, sind zwei Vignetten zu Musikstücken, von denen die eine zum »Volkstanz zum Andenken an das Fest in Tivoli am 23. August 1833 (Musik von C. M. Razel)« sehr selten ist. Sie stellt auf kleinem Raume eine erstaunliche Menge sich belustigender, ungemein humoristisch dargestellter Menschen vor; im Hintergrund ist der Kreuzberg, in riesen haften Dimensionen steil aufsteigend dargestellt, sichtbar. Die zweite dieser Vignetten ziert einen »Lager-Galopp, bei Teltow zusammen manövriert, von Mr. Crazel in Berlin, bei Bechtold u. Zartje, Berlin, Jägerstr. 27»« erschienen. Als Lithographien sowohl als auch als Kunstwerke stehen diese beiden Zeichnungen des jungen Menzel auf erstaunlicher Höhe. Sie sind von Hand koloriert. Eine Anzahl Modebilder zeigen uns in technisch und künstlerisch zum großen Teil sehr hoch stehenden Lithographien die elegante Welt von damals in fein kolorierten Bildern, das Bürgertum schildern die Mappen werke »Leben und Weben in Berlin«, das derbe Berlinertum dagegen die Karikaturen »Berliner Witze und Redensarten von B. Dörbeck«. Die Typen sind so köstlich dargestellt, die Redensarten, die ihnen in den Mund gelegt sind, so witzig, oft urkräftig, daß sie heute noch ihre Wirkung nicht ver fehlen und diese kleinen Blätter in der Ausstellung stets von lachenden Besuchern umlagert sind. Größern Formats ähnlicher Art waren die künstlerisch höher stehenden, in monatlichen Lieferungen erschienenen Folgen, die Schadow, Schoppe, Stürmer, Ad. Schrödter, Franz Krüger, Th. Hose mann und Ad. Menzel zu Mitarbeitern hatten. Es waren das die Vorläufer der heutigen humoristischen Blätter. Spätere Schöpfungen Menzels sahen wir nicht auf der Aus stellung; aus dem Jahre 1833 sind aber noch zwei bekanntere lithographische Illustrationen, von seiner Hand für Hoffest lichkeiten, hergestellt, vorhanden: die Titelblätter zu den »Ha»äri!Is8 än c»rn»v»l » I» vonr«, mit Porträts von Persönlichkeiten des Hofes beim Maskenspiel, und zur »Erinnerungsfeier an 1813«, die 183-1 in Potsdam Berliner und Potsdamer Offiziere der Befreiungskriege vereinte. Adolf Schroedter <mit dem Spitznamen »Pfropfenzieher- Schrocdter«) beobachtete und schilderte mit Vorliebe die Figuren der Straße; in seiner Folge von farbigen Litho graphien unter dem Titel» Chai akteristische Fuhrwerke« hat er die Vehikel für Milch, Gemüse, Sand, Obst, Mehl usw. ö drastisch dargestellt, daß sie keines Textes als der Unter- chrift bedürfen, die in wenigen Worten gegeben ist. Festkarten und Programme geben Kunde von dem Ge sellschaftsleben Berlins. Ein Blatt Menzels zu einem Mas- kenfeft des Literarisch-artistischen Vereins: »Tunnel unter der Spree« darf besondere Beachtung erwarten, schon deshalb, weil der junge kleine Menzel sich selbst darauf als Rubens in langem Mantel mit Spitzhut dargcstellt hat. Mit zahlreichen Bildern ist der sehr produktive Theodor Hosemann vertreten, der schon frühzeitig in Düsseldorf viel auf Stein zeichnete, dann Kinderbücher illustrierte, am meisten aber Erfolg erzielte durch seine Darstellungen aus dem Berliner Volksleben, unter denen die »Sonntagsreiter«, der »Sandfuhrmann«, »Kartoffeln in der Schale«, »Benebelte Musikanten« wohl die köstlichsten sind. Hier in der Aus stellung lernten wir auch die lithographierte Folge von vier großen Bildern »Kurpromenade in Teplitz 1833« kennen, auf der als Staffage zur Person Friedrich Wilhelms IV- zahlreiche Notabilitäten anscheinend lebenswahr, sämtlich mit den damaligen spitz zulaufenden Zylinderhüten behänptet, teils in steifer Grandezza, teils in gemächlicher Wohlhäbigkeit spazierend geschildert sind. Die Persönlichkeiten der Berliner Theaterwelt haben sich die Zeichner Krüger, Magnus, K. Begas, C. Mittag u. a. mit Vorliebe zur Darstellung gewählt. Sie find in ihrer bürgerlichen Kleidung und in Rollenkostümen mit Sorgfalt und viel Geschick meist äußerst lebensvoll in Lithographien größeren Formats dargestellt, die darauf schließen lassen, daß das damalige Publikum seine Lieblinge: Henriette Sonntag, die Crelinger, Birch - Pfeiffer, Rettig, Julie v. Holtet, Seidelmann, L. Devrient, Spontini, Mendels sohn, Taglioni u. a. als Wandschmuck zu kaufen liebte. Interessant sind auch zwei größere, fein empfundene Zeichnungen von Gebirgslandschaften nach der Natur von der Hand Felix Mendelssohn - Bartholdys und Schinkels Zeichnungen von Dekorationen in farbigen Lithographien. Am zahlreichsten ist Franz Krüger vertreten, der in Bildnissen der Mitglieder der königlichen Familie, hoher Militärs und Würdenträger wie auch berühmter Persönlich keiten mit einer ganzen Galerie ausgestellt ist. Von den Bildnissen, die zum Teil von ihm selbst, zum Teil von Friedrich Jentzen in feiner, sauberer Ausführung, mit treff licher Charakteristik und Tonwirkung auf den Stein ge zeichnet sind, erlangten viele typische Bedeutung für die Darstellung dieser Persönlichkeiten bis auf die Gegenwart. Weniger bekannt und beachtet sind Krügers vorzüglich ge malte und gezeichnete Pferdebilder, wegen deren man ihm den Namen »Pferde-Krüger« beigelegt hat. Die lithographische Technik hat in Krüger, Jentzen und später in Feckert, soweit es sich um den Ausdruck in Schwarz-Weiß handelt, unsers Erachtens den Höhepunkt erreicht. Von köstlicher Frische ist eine Bleistiftskizze des Kopfes des Herrn Bade direktors von Beulwitz. Wie die Berliner jener Zeit ihre Visitenkarten aus- ftatteten, zeigen uns solche kleine Blätter, von Gubitz in Holz geschnitten, mit einfachem Zierat versehen. Wilhelm
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