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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.08.1929
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- 1929-08-06
- Erscheinungsdatum
- 06.08.1929
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- Deutsch
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180, 0. August 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d.Dtschn.Buchhandel. netenkollegium, dem er bis 1870 angehörte, und vor allem seine 1871 vom Wahlkreis Zschopau-Marienberg und dann noch zweimal (1874 und 1877) erfolgte Wahl in den Deutschen Reichstag, die ihm Veranlassung gaben, sich von neuem auch politisch zu be tätigen. Denn seine erste Betätigung dieser Art fällt schon in seine Jünglingszeit. Nämlich schon als achtzehnjähriger Student in Leipzig begrüßte er, wie er selbst erzählt, gleich der gesamten Jugend den »Völkerfrühling- mit Enthusiasmus, den die Pari ser Februarrevolution von 1848 und die Märztage in Deutsch land zu verheißen schienen, nahm an den studentischen Versamm lungen und der Psingstfcier auf der Wartburg teil, »wobei er sich den gemäßigteren Elementen der Studentenschaft anschloß, und gewann schon damals das lebhafte Interesse für die Politik, das sein ganzes Leben erfüllt hat«. So fuhr er auch im Früh jahr 1849 von Heidelberg aus öfter mit Freunden nach Frank furt a. M., um wichtigen Verhandlungen der Nationalversamm lung beizuwohnen. Und beim Ausbruch des badischen Ausstan des im Mai 1849 trat er in Heidelberg in eine zur Aufrecht erhaltung der Ordnung errichtete akademische Legion, »die in die revolutionäre badische Armee eingereiht, aber wieder aufgelöst wurde, als ihre Mitglieder sich weigerten, den Eid auf die Re publik zu leisten«. Als weitere Äußerung seiner politischen Ge sinnung ist dann sein Anfang der sechziger Jahre erfolgter Ein tritt in den damals gegründeten Deutschen Nationalverein zu nennen. Im Reichstag trat er alsbald der nationalliberalen Fraktion bei, da sie ganz seinen bisher gehegten politischen An schauungen entsprach. Als kluger, einsichtiger, gewissenhafter Mann ergriff er selbst »nur dann das Wort, wenn er es als Sachverständiger tun zu müssen glaubte»; so besonders, auch als Mitglied der dafür gewählten Kommissionen, bei der Be ratung des Preßgesetzes vom 1. Mai 1874 und der beiden Ge setze vom 9. und 10. Januar 1876 betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und den Schutz der Photogra phien gegen Nachbildung. Was ihm aber als Mitglied des Reichstags die größte Freude gewährte und ihn am meisten fesselte, war der immer lehrreiche und interessante persönliche Umgang mit Männern wie Rudolf von Bennigsen, Armand Buhl, Bambergcr, Lasker, 'Marquardsen, Miguel, Präsident Simson, Freiherrn von Stauffenberg, vor allem aber mit Bis marck und Moltke. So hat er auch in der Zeit seiner Mitglied schaft, von 1871 bis 1878, höchst selten einmal eine der berühm ten Soireen des Reichskanzlers versäumt und dort Eindrücke gewonnen und vertrauliche Gespräche gehört, die wert waren, sestgehalien und der Nachwelt überliefert zu werden. In dieser Erkenntnis hat er über etwa dreißig solcher parlamentarischen Abende ausführliche Aufzeichnungen hinterlassen, die in der Regel unmittelbar nach dem Erlebnis zu Papier gebracht wor den sind; zunächst allerdings nur, wie er das bei fast allen sei nen Reisen im In- und Ausland über das Gesehene und Erfah rene tat, für sich selbst und seine Familienangehörigen. Erst Jahrzehnte später hat er die Einwilligung gegeben, diese Bis marck-Erinnerungen einst zu veröffentlichen, und so erscheinen sie eben jetzt zum 100. Geburtstage ihres Verfassers unter dem Titel »Heinrich Eduard Brockhaus. Stunden mit Bismarck 1871—78. Herausgegeben von vr. Hermann Michel« im Verlag von F. A. Brockhaus. Schon nach der ersten Soiree bei Bismarck am 22. April 1871, der vr. Brockhaus beiwohnte und in der sich der Kanzler wie so oft mit rücksichtsloser Offenheit über die ver schiedensten politischen Fragen jener Zeit äußerte, schreibt er: »Jedenfalls wird mir dieser erste Abend bei Bismarck unver geßlich sein, und ich sehe den folgenden natürlich mit dem größten Interesse entgegen«, und dann: »Eins sagte ich mir beim Fort gehen: Dieser Abend allein war es wert, daß ich die Wahl zum Reichstage annahm — wenn diese mir nicht auch sonst so viel Anregung und geistigen Genuß geboten hätte«. Und wieder ein andermal äußert« er: »Es wird immer schwer, sich von dem Manne zu trennen; schon ihn anzuschen, gewährt mir stets neuen Genuß». Und doch erlitt diese Verehrung für den großen Kanzler bald darauf einmal eine schwere Erschütte rung; nämlich bei Bismarcks schroffem Auftreten gegen dis Nationalltberale Partei am 2b. Mai wegen zweier Punkte: daß bei Anleihen für Elsaß und Lothringen die Genehmigung des Reichstags Vorbehalten werden und das Provisorium statt am 1. Januar 1874 schon am 1. Januar 1873 aufhören sollte. Das Verhalten Bismarcks in dieser Sache veranlaßte, daß vr. Brock haus in seine Aufzeichnungen schmerzlich bewegt die Worte einfügte: »auch meine Verehrung für ihn hat einen Stoß er litten; ich sehe ein, daß er doch nicht so groß ist, wie ich ihn mir bei meinem Herkommen und seit den Ereignissen von 1866 und 1870 gedacht hatte, daß er doch auch seine großen Fehler als Staatsmann und als Mensch hat». Und dann: »ich glaube, es wäre ihm am liebsten, wenn er sein Reichskanzlevamt nieder- legen und bloß Regent von Elsaß und Lothringen sein könnte. Das hat menschlich wirklich etwas Hübsches und Rührendes, aber wir müssen doch auch an die Zukunft denken, an die Möglichkeit, daß er stirbt oder zurücktritt!« So gaben solche Angelegenheiten und Äußerungen Bismarcks oder anderer politischer Persönlich keiten vr. Brockhaus auch immer wieder Gelegenheit, seine eigene Meinung darüber zu sagen, und geben dem Buche noch eine besondere persönliche Note, bezeichnend für vr. Brockhaus' Einstellung als Politiker. Fallen alle die bisher erwähnten Betätigungen in bestimmte . Abschnitte seines Lebens, teils in die mittleren, teils in die späteren Jahre, so verteilt sich das Schaffen von vr. Eduard Brock haus als Gelehrter fast aus sein ganzes Leben, von seinen jungen Jahren an bis in sein hohes Alter. Als er im Herbst des Jahres 1900 sein goldenes Doktorjubiläum foierte und dazu einen großen Teil des Personals der Firma F. A. Brockhaus zu einem gemüt lichen Bierabend in sein Haus eingeladcn hatte, ergriff dort sein Verwandter, der berühmte Slawist an der Leipziger Uni versität, Geheimrat Professor vr. Leskien, der damals die Ober leitung des »Konversations-Lexikons« führte, das Wort zu einer Ansprache an den Jubilar, di« mit den scherzhaften, Wilhelm Busch nachgebildeten Worten begann: »Doktor werden ist nicht schwer, Doktor sein dagegen sehr«. Und er wies dann daraus hin, welche Verdienste sich vr. Brockhaus als Wissenschaftler erworben, wie er sich als Doktor, d. h. Gelehrter, bewährt habe, namentlich durch sein großes, auf gründlichen historischen Studien beruhendes dreibändiges Werk über das Leben seines Großvaters, des Gründers der Firma, Friedrich Arnold Brock haus, ein Werk, das nicht nur in buchhändlerischen, sondern auch in rein wissenschaftlichen Kreisen allgemeine Anerkennung gefunden hat, ja nicht zum wenigsten auch die Bismarcks. Denn als 1872 der erste Teil des Werkes erschienen war, dem dann 1876 der zweite und 1881 der dritte, d. i. letzte Teil folgte, schickte er jenen während der damaligen Reichstagssession an den Kanzler und berichtet darüber in den oben genannten Auf zeichnungen: »Von Anfang an war es mein Wunsch gewesen, daß gerade er, den ich so hochstelle, mein Werk zu sehen be komme, einmal, damit er von uns und unserer Firma etwas mehr erfahre, als er ohnedem weiß, und dann, ich will es nicht leugnen, auch aus persönlicher Eitelkeit: bei der Unmasse von Persönlichkeiten, mit denen er verkehrt, tritt der einzelne ja ganz zurück und muß froh sein, wenn er durch irgend etwas einmal seine Aufmerksamkeit wenigstens vorübergehend auf sich zieht; so wünschte ich, daß er erführe, ich hätte ein solches Werk geschrieben». »Zu meiner Freude und Überraschung«, heißt es dann weiter, »bekam ich eine schriftliche Antwort von ihm, und zwar schon drei Tage darauf, am 15. Mai, natürlich nicht eigenhändig geschrieben, aber doch unterschrieben«. Sie lautet: »Ew. Hochwohlgcboren haben die Güte gehabt, mir in der Bio graphie Ihres Großvaters eins der Werke zu übersenden, welche mit der Schilderung eines tätigen und gedeihenden Einzellebens das frische Kolorit der Detailfärbung über eine vergangene Zeit verbreiten. Mit besonderem Interesse habe ich die Beziehungen Ihrer Familie zu Westfalen und dem Rhein lands verfolgt. Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Auf merksamkeit und werde die Fortsetzung des Werkes mit Ver gnügen entgegennehmen». In begreiflicher Freude über dieses ehrende Bekenntnis fügt vr. Brockhaus dem Abdruck des Briefes die Worte an: -Ich kann nicht leugnen, daß mir dieser Brief unter den vielen schmeichelhaften und oft über die Gebühr lobenden Anerkennungen, die ich wegen meines Werkes erhalten, einer der liebsten, wenn nicht der liebste ist». 847
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