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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.12.1885
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 07.12.1885
- Sprache
- Deutsch
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sind hier neben einander ausgestellt. Neben den glänzenden Maga zinen, in welchen einige wenige Warengattungen in ausgesuchten Spezialitäten von der wohlfeilsten bis zur teuersten Sorte aus geboten werden, hat in der modernen Großstadt anscheinend das Bedürfnis Handelsgeschäfte von ursprünglichster Einfachheit hervor gerufen. In einer Stadt von hunderttausend Einwohnern weist das Adreß- und Geschäftshandbuch nahezu dreihundert solcher Kram läden auf. Neben denselben bestehen aber mindestens eben so viele Handlungen, von welchen jede einen Teil der Artikel feil bietet, die in den Kramläden sämtlich zu haben sind. Nun ist kein Zweifel, daß alle Gegenstände, welche in diesen kleinen Ge schäften verkauft werden, schlechter und teurer sind, als in den größeren Handlungen, wenn man sich nicht durch den nominellen Preis täuschen läßt, vielmehr die geringe Qualität der Waren nach ihrem wirklichen Werte berechnet. Die Behauptung der neuesten Volkswirtschaft, daß der mo derne Verkehr, die Gesetze von Angebot und Nachfrage, die Kauf lustigen von selbst dahin führen, diejenigen Orte aufzusuchen, wo jede Ware am besten und wohlfeilsten zu bekommen sei, hat sich bei den Gegenständen des unmittelbaren Lebensbedürfnisses für die unteren und armen Klassen durchaus nicht bewährt. Kaffee z. B. ist bei den Krämern nur in den schlechtesten Sorten zu haben, welche womöglich durch allerlei Fälschungen noch gering wertiger gemacht sind, und da überdies noch der Kunstgriff an gewendet wird, die kleinen Mengen, welche verlangt werden, in Papier verpackt vorrätig zu halten, also den Käufern nicht vor zuwägen, so bekommen dieselben nicht einmal das volle Gewicht. Die Arbeiterfrau, welche im Lädchen Kaffee holt, weiß es auch recht wohl, daß der Absud schlecht schmeckt und daß sie am Ge wichte betrogen wird; sie dürfte nur ein paar Schritte weiter gehen, um bei dem »Kaufmann« die bessere und vollwichtige Ware zu holen, gleichwohl geht sie zum Krämer. Warum? Der Kaufmann giebt nur gegen bar, der Krämer borgt. Damit ist alles gesagt. Ist dem aber so, so wird auch die Frage berechtigt sein: Sind diese Schöpfungen der schrankenlosen Gewerbefreiheit ein Gewinn für die unteren Volksklaffen? Man wird unbedenklich mit Nein antworten dürfen. Wo steckt aber der Fehler? Offenbar darin, daß in Mißachtung der sonstigen Richtung des modernen Verkehrs dem Gesetze der Arbeitsteilung auf diesem Gebiete ge radezu entgegen gehandelt wird. Aber was thun? Kann man diesen Kleinkram verbieten? Kann man diesen dreihundert »Unternehmern« den einzigen Er werbszweig, welcher ihnen möglich ist, abschneiden? Das wohl nicht; dies würde als eine unleidliche Beschränkung der persön lichen Freiheit allgemein verurteilt werden. Aber möglich wäre es, ihre Thätigkeit zweckmäßiger einzurichten und dadurch ihren Erwerb sowohl zu vermehren als sicherer zu stellen. Wenn jeder dieser Kleinhändler, statt fünfhundert verschiedene Artikel zu führen, deren nur zehn oder zwanzig hätte, so könnte er gute und ent sprechend wohlfeile Ware liefern und mindestens eben so viel daran verdienen, als an den teuren und schlechten; seine Thätig keit wäre eine redliche und produktive, während sie in ihrer gegenwärtigen Gestalt meist das Gegenteil ist. Allein wie soll man trotz des augenscheinlichen Nutzens für alle Beteiligten diese dreihundert Leute dazu bewegen, daß jeder von ihnen auf das Feilhalten von einigen hundert Artikeln verzichtet und sich auf eine mäßige und leicht übersehbare Anzahl beschränkt? Darauf ist die moderne Volkswirtschaftslehre bis jetzt die Antwort schuldig geblieben. — Es mag als ein starker Sprung erscheinen, wenn ich den schmutzigen unterirdischen Kramladen mit seinen schwankenden und gesteigerten Warenpreisen und den eleganten Buchladen mit seinem festen Ladenpreise in Parallele stelle. Aber eine Ähnlich keit wird man mir zugeben. Mögen in einer Großstadt zwanzig bis dreißig oder vierzig Sortimentshandlungen bestehen, jede glaubt ihr Interesse allein dadurch zu wahren, daß sie die ganze Lite ratur feilbietet und einen Teil der älteren gangbaren, sowie die meisten neuen Bücher auf Lager hält. Denn jeder denkt: Wenn ich einem Käufer das Verlangte nicht sofort abgeben kann, so fragt er bei der Handlung in der nächsten Straße an und wartet nicht Tage oder Wochen lang, bis das Verlangte beigeschafft werden kann. Auf diesem durch die Konkurrenz aufs äußerste gesteigerten Interesse, jeden Kauflustigen wo möglich sofort be friedigen zu können, wird es beruhen, daß die Bücherlager der Gegenwart gegenüber denjenigen vor dreißig bis vierzig Jahren sich außerordentlich vergrößert haben. Damit mußten auch die Ausgaben des Sortimenters für Verzinsung des Betriebskapitals und für die Verkaufslokale und Magazine sehr beträchtlich steigen. Es ist für den Nichteinge weihten schwer, hier Zahlenbeispiele zu geben, da die Verhält nisse überaus verschieden sind. Gelegentlich wurde mir mitgeteilt, daß zur Begründung einer den Anforderungen der Gegenwart ent sprechenden Sortimentshandlung in einer größeren Stadt ein Kapital von mindestens 70 000 Mark erforderlich sei. Dies mag vielleicht etwas hoch gegriffen sein; sagen wir einmal durch schnittlich 50 000. Das würde für sechzehn Handlungen einer Stadt von hunderttausend Einwohnern ein Gesamtkapital von 800 000 Mark ausmachen. Dazu kommen noch die Mietzinsen für das Verkaufslokal und für die Magazinsräumlichkeiten. Für die Geschäftsberechnung ist es gleichgiltig, ob der Buchhändler ein eigenes Haus hat oder zur Miete wohnt; aber auch bei der Benützung eigener Räumlichkeiten wird der Mietwert in Rech nung zu nehmen sein, und es wird nicht über die Wirklichkeit hinausgehen, wenn ich sie für durchschnittlich 4000 Mark an setze; hiezu von dem Betriebskapital die Zinsen mit 2000 Mark, zusammen für eine Handlung: 6000 Mark sachlicher Aufwand. Es wird sich nun beim Buchhandel wohl nicht anders ver halten als bei anderen Unternehmungen, daß nämlich diese ge steigerten Betriebsauslagen den Anfänger besonders drücken. Wo wird ein solcher die Ersparnisse suchen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden? Das ist natürlich nur an den Ausgaben für das Personal möglich. Wo zwei Gehilfen nötig wären, wird sich der Anfänger mit einem Gehilfen und zwei Lehrlingen be helfen; wo neben einem Lehrling ein Gehilfe ausreichende Be schäftigung hätte, muß ein älterer Lehrling dessen Stelle versehen; den Ausfall an Arbeitskraft deckt der Principal mit seiner Person. Welche Summe von Sorge und Mühsal steckt in dem hoch gesteigerten sachlichen Aufwand! Wie manche frische Arbeits kraft wird durch Überanstrengung in der Blüte gebrochen! Wäre es nun nicht möglich, an diesen übermäßigen Betriebs ausgaben eine Minderung herbeizuführen? Man hat den Vor schlag gemacht, die Ansichtssendungen zu beschränken, die Fracht kosten zu ermäßigen und anderes, was gewiß zum Teil der Beachtung wert sein mag. An dieser Stelle möchte ich auf ein anderes Mittel Hinweisen, welches ja ganz den Grundsätzen des modernen Verkehrs entspricht: die Ausbildung der Speziali täten im Buchhandel. Beim Berlagsgeschäft hat die Natur der Sache bereits darauf geführt, daß eine Anzahl größerer Geschäfte nur bestimmte Zweige der Litteratur pflegt und die Übernahme von Werken aus an deren Wissenschaften grundsätzlich ablehnt. Wer übrigens die Verlagskataloge, wie solche von den großen Firmen regelmäßig
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