Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.10.1931
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1931-10-06
- Erscheinungsdatum
- 06.10.1931
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19311006
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193110064
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19311006
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1931
- Monat1931-10
- Tag1931-10-06
- Monat1931-10
- Jahr1931
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
M 2M, 6. Oktober 1931. Fertige und Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt s. S.Dtschn.Buchhairbcl. 5413 Eine Leseprobe aus -em neuen Roman „Verratene Geimat" von Werner Hansen Der Abend sinkt auf die blutige Erde, die Berge dunkeln herauf. Fast ohne Befehl, wie von selber lösen sich die Heere, zu Tode erschöpft beide und unwissend, wieviel Blut noch in lebendigen Adern rinnt. Die Sachsen verrieseln in den Wäldern wie Regen im Sand; Karl behauptet das Feld, schon aus dem Grunde, weil er nicht weiß, wohin mit seinen völlig ermat teten Kriegern. Der Troß schlägt Lager, Feuer flammen auf, und mit einem Zuge von Fackelreitern geht der König daran, die Ernte zu besich tigen. Er kehrt zurück,- stumm steigt er aus dem Sattel, das Gesicht grau und steinern. Plötzlich greift er mit beiden Händen in den Purpurvorhang sei nes Zeltes, wühlt das Haupt in die Falten und stöhnt laut auf. Ratlos und schweigend steht um ihn, was von seinem Gefolge lebt. Karl wendet sich um. „Noch einen solchen Sieg", spricht er heiser, „dann bleibt nur noch der Troß übrig, uns zu begraben." Er sitzt am Feuer, hält mit den anderen Mahlzeit. Vom zähen Braten reißen seine großen, weißen Zähne mächtige Stücke ab, als wäre die alte, magere Kuh ein saftiges Kälbchen gewesen, und unter dem Mahlen der Kiefer kehrt die Farbe in sein verwaschenes Antlitz zurück. Das Geräusch des Lagers zerfließt, Tod und Schlaf teilen sich brüderlich in die Beute. Aus der feuchten Erde steigen Nebelschwaden, wehen in zerfetzten Schleiern um die Feuer, die glühende Zungen recken und wie Teufels- frahen auf mid nieder tanzen. Hin und wieder jagt ein Reiter heran, Posten melden und verlangen Maßregeln, schnüffeln den Bratenduft in gierige Nasen und verschwinden. „Auf dem Felde", sagt Karl gesättigt, „liegen mehr Sachsen tot, als ich lebendig in der Schlacht gesehen habe. Morgen ist Ruhe, soviel ist sicher." Er verlangt einen Becher Weins, nippt daran und wärmt das kalte Silber zwischen den Händen. „Marin, wer war der garstige Cyklop, der uns beiden solchen Schreck versetzte?" „Hucbald der Schmied, der den Süntelpaß so blutig verteidigte." „Der?" Karl sinnt den unglaublichen Berichten nach, welche Dietrichs Leute mitbrachten, und jetzt scheinen sie ihm noch hinter der Wahrheit zu- rückzustehen. „Dem Mann, wenn er überhaupt ein Mensch ist, gehört der Ruhm des Abends", entscheidet er. Aber schon tritt einer auf den Plan und holt den tönenden Lorbeer aus der Luft, bevor er verklungen ist. Aus den Nebeln springt ein milchweißes Pferd, hält unmittelbar vor dem Feuer, und die Flammen umlodern einen riesengroßen Reiter. „Weking!" schreit Worin auf, dann sitzt er stumm, unfähig, ein Glied zu rühren, und wie ihm geht es allen in der Runde, selbst dem König. Nur einen kurzen Augenblick ragt Widukind vor ihnen, aber jeder glaubt, er müsse eine Ewigkeit diesen brennendblauen Blick ertragen und wie ein Knecht vor diesem zornglühenden Sohn der Götter stillehalten. Die Schauermärchen über seine wilden Taten gleiten wie ein Blitz vor ihren Augen vorüber, allen ist zumute, der Tod selber stünde vor ihnen und winke mit blinkender Sichel. Eine lederne Schlinge pfeift durch die Luft, sinkt über Warins Kopf und schnürt sich um seinen Hals. Hochauf bäumt sich der Schimmel, ein Ruck, und köpflings stürzt Marin in die brennenden Scheiter, daß ein Funken regen wie Hagel aufprasselt und niedersprüht. Dumpf am Boden auf- schlagend, poltert und rumpelt der dürre Leichnam hinter dem davon jagenden Rosse drein. Der Truchseß faßt sich zuerst und schreit: „Pferde her! Ihm nach." Aber Karl, gelassen und mit fast entwölkter Stirn: „Bleibt! Widukind hat Hucbald den Kranz abgejagt." Und die drei sächsischen Herren geflis sentlich übersehend, fährt er fort: „Wenn je einer solches Ende verdiente, dann Worin. Bei Christi Blut, das ist von allen tollen Taten, die ich sah und hörte, die tollste und kühnste!" Er springt eilig auf und schlägt vergessene Funken von seinem Gewand. „Mitten, aus meinem Lager! Vor meinen Augen! Erzählte mir das einer, so würde ich ihn Lügner schellen!" Hell lacht er auf: „Ich sah einmal ein Wiesel mit einer Ratte im Maul über den Weg laufen — genau so fuhr der Herzog mit dem schäbigen Heuchler ab. Mein Lebtag werd ichs nicht vergessen!" Der Truchseß äußert trocken: „Bei dieser Gelegenheit hat er nebenbei dir und uns allen das Fell verbrannt. Ich möchte wissen, wie lange wir hier sicher sind. Wenn einer solches wagt, dann muß ihm der Rücken drei mal gedeckt sein." „Falsch!" urteilt Karl, „wer das tut, hat nichts mehr zu verlieren. Du kannst unbesorgt schlafen, Anselm, die Sachsen müssen sehr übel daran sein." Er stochert eine Weile nachdenklich in der Glut, wirft das trockene Scheit in die Flammen und sagt, als erlöse ihn das Bekenntnis: „Ich habe mich in diesem Volke getäuscht. Verden war Irrtum. Turpin und Roland hatten recht, und ich habe sie für Narren gehalten, ich selber Narr." „Dachte ichs nicht!" ruft Anselm triumphierend, aber der König dämpft ihn rasch: „Dann hättest du reden sollen, wie es Pflicht der Tapferen! Nimm den beiden kein Blatt aus ihrem Kranz, sie waren es, sie allein und Oliver, die mutig gegen mich standen und stehen." „So habe du jetzt den Mut, die Folgen zu ziehen und dich ohne weiteres Blutvergießen mit den Sachsen zu versöhnen." Karl sieht den Truchseß spöttisch an und lacht: „Nein, Anselm, nun irrst du wieder! Jetzt muß ich sie ganz am Boden haben, sonst zwinge ich sie nie. Aber das sage ich dir und allen: wer mir jemals diesen wunderbaren Mann, diesen Widukind, als Freund in mein Haus bringt, der verlange von mir, was er will. Und trüge er Sünden wie Jschariot, sie seien ihm vergeben und vergessen." Verlas Geors LVeftermauu, Vrarrufchwers-Samburs
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder