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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.05.1929
- Strukturtyp
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- 1929-05-14
- Erscheinungsdatum
- 14.05.1929
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- Deutsch
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x° 109, 14. Mai 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtfchn.vuchhanbet. Massenabsatz wird natürlich nur gebracht werden können, wenn das Buch im Verkaufspreis verbilligt werden kann. In dieser Beziehung stimme ich Herrn vr. Döblin und anderen Rednern durchaus bei. Aber alles das hat natürlich seine Grenzen. Ich sehe die Absatzmöglichkeiten der geistigen Güter und die Teil nahmemöglichkeiten der werktätigen Bevölkerung an diesen Gü tern vor allem in der Lösung des Problems: wie wird der schaffende Mensch höher entlohnt, wie kann seine Lebenshaltung verbessert werden? (Sehr wahr!) Darin liegt das Geheimnis! Wir können uns noch so viel mühen, — wenn diese Frage nicht gelöst ist, kommen wir nicht weiter! Der gestrige Zwischenrufer — eines von den sonst nicht erfreulichen Elementen, die bei jeder Gelegenheit stören müssen — hatte mit seinem Zwischenruf: »Ver schafft uns eine genügende Lebenshaltung, dann werden wir auch Bücher kaufen können!» nicht unrecht; der Herr Minister ist ja auch sofort im gleichen Sinne auf diesen Zwischenruf eingegangen. 25 Millionen Arbeiter und Angestellte in Deutschland haben heute nicht mehr als ein Existenzminimum, und nur sehr wenigen bleibt die Möglichkeit, an den Kulturerrungenschaften der Nation teilzunehmen. Unter diesen sozialen Zuständen leiden natürlich nicht nur Theater und Konzerte, — unter diesen Zuständen leidet auch das Buch. Das ist, wie schon ganz richtig gesagt wurde, eine staats- und sozialpolitische Frage, die wir nicht lösen werden, wenn wir nur in dieser Weise Propaganda für das gute Buch machen. Den Preis des Buches zu verbilligen wird, glaube ich, unmöglich sein, wenn man es nicht etwa auf Kosten der Werk tätigen tun will. Daß natürlich nicht willkürliche Preissteige rungen Vorgcnommcn werden dürfen, daß der Preis auf einem für die gesamte Volkswirtschaft erträglichen Maß gehalten wer den muß, ist selbstverständlich. »Das Buch ist ein materielles Gefäß für das Immaterielle — den Geist», sagt treffend Gerhart Hauptmann in einem Leit spruch für die Internationale Buchkunst-Ausstellung 1927 in Leipzig. Und diese Ausstellung legte auch Zeugnis davon ab, daß das Streben, dieses Gefäß immer vollendeter zu gestalten, in allen Kulturländern der Erde sich erheblich verstärkt hat. Er freulicherweise gehört das Bücherregal oder der Bücherschrank in Deutschland heute auch beim kleinen Mann zum unentbehrlichen Wohnungsrequisit. Viel mehr gute Bücher würde er noch kaufen, wenn er die Anschaffungskosten bestreiten könnte! Des halb sollten Autor und Verleger besonderen Wert darauf legen, daß auch das Buch billigerer Preislage ein innerlich wie äußer lich ansprechendes und vor allem dauerhaftes Gewand erhält. Vieles haben nach dieser Richtung unsere großen modernen Ber lage schon getan, doch ebensoviel wird auch heute noch gesündigt. Vorbildliche Arbeit in der guten Buchausstattung haben auch die verschiedenen Buchgcmeinschaften geleistet, von denen zwei durch die Arbeiterschaft selbst gegründet wurden und sich in gutem Auf stieg befinden. Fassen wir alles zusammen, so ist zu sagen, daß das deutsche Buchgewerbe, das über 30 090 Bücher jährlich auf den Markt bringt, was den Umfang wie die Güte seiner Produktion betrifft, viele andere Länder weit überragt und mit den Besten in einer Reihe steht. »Verachtet mir die Meister nicht und ehrt mir ihre Kunst» — so singt im Mittelalter Hans Sachs, der Handwerks meister. »Und achtet auch den Arbcitsmann» — möchte ich er weiternd sagen, wenn wir die Erzeugnisse des deutschen Buchge werbes heute gerecht beurteilen wollen. Ein Heer von kiweimal- hunderttauscnd geschulter, vielfach technisch und kunsthandwerk lich hochwertiger, organisatorisch fortschrittlichster Arbeitskräfte verrichtet in der deutschen Buchproduktion Dienst an der Kultur des Volkes. Und so führt der Weg zum guten Buch über Autor, Betriebsunternehmer und Verleger auch über eine intelligente, hochqualifizierte Arbeiterschaft, die an ihrem Teil dazu beiträgt, Jahr um Jahr durch eigene umfangreiche Bildungstätigkeit in ihren mustergültigen gewerkschaftlichen Organisationen immer neue Kräfte für fachliche Höchstleistungen heranzuzichen. Sie wird nach dem Wahlspruch, den sich die größte dieser Bildungs- organisationcn des graphischen Gewerbes gegeben hat: »Lerne, Lehre, Bilde, Wirke« weiter mithelfen, daß deutscher Gcwerbe- fleiß auch im künstlerisch und technisch vollendet guten Buch eine ständige Kulistätte findet. (Lebhafter Beifall.) 528 Das Buch im Mittelpunkt der Tagung der Gesellschaft für Volksbildung. Eine Organisation, wie sie die Gesellschaft für Volks bildung darstellt, die die meisten auf dem Gebiete des freien Bolks- bildungswesens arbeitenden Vereinigungen zusammenfaßt, kann auch am Buche als Mittlerin geistiger und seelischer Werte nicht achtlos vorübergehen. Wer an ihrer 59. Hauptversammlung, die vom 3.—6. Mai in Leipzig stattfand, teilgenommen hat, wird der Behaup tung beipflichten, daß in gewissem Sinne das Buch im Mittel punkt der Verhandlungen stand. Im Lause der Tagung wurden über das Buch, über seinen Wert im Gegensatz zu anderen Bil dungsmitteln, vor allem zum Rundsunk und zum Sport, sowie über bas Biichereiwesen allerhand beachtliche Ausführungen gemacht und verschiedenes statistisches Zahlenmaterial über die Arbeit der Gesellschaft nach dieser Richtung geboten, das auch den Buchhändler — ganz gleich ob Verleger oder Sortimenter — interessieren dürste. Die Kulturkrise unserer Zeit (das schon etwas abgegriffene Schlagwort wurde auch aus der Tagung mehrfach gebraucht) kann und must zum Teil durch das gute deutsche Buch überwunden werden. Wie sehr das Buch in der Gegenwart — vor allem unter der Vor herrschaft von Sport, Film, Nunbsunk und Zeitung — leidet und aus dem Mittelpunkt des Geisteslebens unseres Volkes verschwunden ist, das hat — wie der Geschästssiihrer Tews in seinem Jahres bericht ausführte — der »Tag des Buches« auch weiteren Kreisen zum Bewußtsein gebracht. Immer noch lesen in den Volksbüchereien nur kleine Bruchteile der Bevölkerung (meist nur 1—2 Prozent) Bücher, während ein nicht ganz kleiner Teil überhaupt keine Bücher liest. Über die Leistungen der Gesellschaft aus dem Gebiete des Buch wesens, das den Hauptteil ihrer Arbeit umfaßt, führte der Ge schäftsführer folgendes aus: Die Gesellschaft gab in der Zeit vom 1. April 1928 bis 31. März 1929 insgesamt an 1k 4SI Volksbüchereien 211228 Bücher ab, davon nur 27181 als Bestände der Wanderbiicherei (mit einem Werte von RM 120 379.—), während 919 unbemittelte Volksbüchereien 23 594 Bücher im Werte von RM 72 204.25 er hielten, für die nur die Einbände (NM 18483.55) bezahlt wurden. Ter Bllchervertrieb der Gesellschaft sGesamtumsatz von säst NM 800 000.—> erfolgt zum erheblichen Teile aus gemeinnütziger Grundlage. Aus den Feststellungen der Gesellschaft verdient noch hervorgehoben zu werden, daß, obwohl ein erheblicher Teil unserer Bevölkerung für »reifste« Erzählungskunst nicht reif ist, sie trotz dem nur wertvollstes Schrifttum äbgibt, daß die herrschende Geld not der Entwicklung der Volksbüchereien hindernd im Wege steht und baß es in unserer Zeit nicht zu verantworten ist, daß noch reiche Bllcherschätze unverkäuflich lagern, allmählich veralten und dann völlig entwerten. In der solgenden Aussprache richtete vr. Bornstein (Berlin) einen dringenden Appell an die Versammlung, die blödsinnige Biceps- Kultur zu bekämpfen und die geistige Kultur in den Vordergrund zu stellen. Was regiert heute, so fragte er ironisch, Schmelings »Kaust« oder Goethes Kaust? Die Nachmittagsversammlung nahm den Rundfunk ziemlich stark unter die Lupe und stellte ihn in Gegensatz zu den persönlichen Vorträgen. Und was von dem Vortrag gilt, gilt ebenso vom Buch. Es soll gleichfalls nicht nur Kenntnisse bieten, sondern auch Er lebnisse vermitteln »nb Stunden gesteigerten Lebensgefiihls schaffen, was beim Rundfunk, der nur einen Notbehelf darstcllt, nicht möglich ist. Beim Vortrag und ebenso beim Buch entsteht eine Art Fluidum, ein ewiges unsichtbares Hin und Her der Wirkungen. Bibliotheksrat vr. Wieser (Spandau), der über »Grün dung, Aufbau und Entwicklung einer Volksbüche rei« sprach, nahm grundsätzlich Stellung zum Biichereiwesen und gab allerlei Hinweise für die praktische Arbeit der Büchereien aus dem kleinsten Dorse bis hin zur Großstadt, um den Wirkungskreis der Büchereien zu erhöhen, vr. Wieser forderte als Grundstock für eine kleine Bücherei NM 20 000.—, für eine mittlere NM 50 000.— und für eine größere NM 100 000.— und ist der Meinung, daß sich die Kulturfunktion des Buches durch das Vorhandensein der tech nischen Errungenschaften (gemeint sind Film und Rundfunk) klärt und setzt seine Hofsnung auf die »Rettung der Kultur durch das Buch!«. ' Wiesers prächtige Ausführungen fanden einen noch lebhafteren Ausdruck in seinen beiden Beiträgen »Kultur und Zivilisation« und »Stimmen der Zeit zur Krage der Kultnrbtldungsmittel: Buch, Zei tung, Rundfunk, LIchtspicl«, die in dem Jahrbuch der Tichtcr-Gc- dächtnis-Stiftung 1929 »Der gllldne Schrein« veröffentlicht sind, das allen Teilnehmern der Versammlung überreicht wurde. In diesen Ausführungen hat Wieser in gleicher Weise wie eine Reihe anderer bekannter Autoren die hohe Bedeutung des Buches in so treffender
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