Stelle, auf allen gliedert sic sich dem großen Ganzen zum Dien ste an der Volksgemeinschaft ein. Eines aber hat sic vor ihren Schwesteranstalten vielleicht voraus: die Volkstümlichkeit. Die Deutsche Bücherei ist über die Fachkreise hinaus weithin im Lande und im Ausland bekannt. Sic gilt heute als eine nicht mehr wegzudenkende Einrichtung unseres kulturellen Lebens und spielt als solche in Romanen und Erzählungen be reits eine Rolle. Diese Volksverbundenheit gehört aber mit zu den schönsten Gaben, die ein gütiges Geschick über ein Kul turinstitut ausstreuen kann. Die Wissenschaft und die Deutsche Bücherei Von Dr. Werner Rust öffentliche Bibliotheken sind nationale Bildungsansialten. Sie sollen als Volksbüchereien durch ihre Auswahl allgemeinbil dender und vor allem unterhaltender Schriften in Fortsetzung der Schulcrzichung einen hohen Stand von Bildung und Sitte im Volke sichern helfen, als wissenschaftliche Bibliotheken aber das für die Arbeiter der Stirn notwendige Schrifttum sammeln, ordnen und zur Verfügung stellen, daneben auch als Staats-, Landes- oder Provinzialbibliothcken alle Druck schriften auö einem bestimmten Teil Deutschlands oder aus einem besonderen Wissenschaftsgebiet erfassen und dauernd aufbcwahren. Dieses Bild hat Paul Ladewig zu der Unter scheidungsformel veranlaßt, wissenschaftliche Bibliotheken seien Aufbewahrungsbüchereien, Volksbüchereien aber Ver brauchsbüchereien. Ein armer Mensch hat zunächst den Wunsch, wieder verbrauchen zu können, dann erst denkt er an ein Aufbewahren. So ist uns, die wir die bis zur Verelendung gesunkene Wirtschaftslage unseres Volkes vom Weltkriegsende bis zum nationalsoziali stischen Aufbruch in frischer Erinnerung haben, durchaus ver ständlich, daß weite Volkskrcise eher den Nutzen der Volks büchereien als den der wissenschaftlichen Bibliotheken begreifen konnten. Die zur Ichsucht erziehenden Lehren des Marxismus taten daü ihre dazu, in den Augen des Arbeiters der Faust, dessen Hirn man von Jugend auf betrog, die schönen Staats- odcr Universitätsbibliotheken zu teueren, aber für ihn wert losen UntcrhaltungSstättcn der Wissenschaftler werden zu lassen, und ein Akademiker, der als gesund und deutsch den kender reifer Mann den jüdisch-marxistischen Wahnsinn ab lehnte, wurde zum Arbeiterfeind gestempelt. Man nahm es mit dem Urteilsspruch über eine Minderheit von Vernünftigen und Tüchtigen in der Geschichte der Völker oft leicht, und besonders in der parlamentarischen Demokratie hieß mindcrzählig auch minderbercchtigt. W. Kämpffcrt schätzte (Ourrenb Historz-, Oktober 19z;) die Zahl der „Wissenschaftler mit dem redlichen Genie" auf der Erdkugel auf etwa tausend. Etwas bissig, aber wohl nicht gerade falsch findet er noch etwa eine halbe Million „Profcssionswiffcnschaftlcr, die sich nur wegen des täglichen Brotes für Möglichkeiten der Wissenschaft interessieren: die Familie, das Avancement und das Geld ist ihnen das Wich tigste. Außerdem gibt es ein paar Millionen Experten aller Arten". Ob hierin jemals außerhalb der internationalen Ko lonie Utopia ein Wandel cintrcten wird? Jedenfalls werden aus solchen Kritiken an den Bibliotheksbenutzern leider leicht fertige Schlüsse auf den Wert der wissenschaftlichen Biblio theken, natürlich vor allem der größeren unter ihnen, wie etwa der Deutschen Bücherei, gezogen, was in Deutschland erst seit 19ZZ unterbleibt, nachdem man begriffen hat, daß beide, Ar beiter der Stirn und Arbeiter der Faust, gleichwertig am Werk des Volkes mitbauen. Als die Deutsche Bücherei am z. Oktober 1912 gegründet wurde, war über das Deutsche Reich schon ein enges Netz von teilweise Jahrhunderte alten staatlichen Bibliotheken mit rei chen Beständen an wissenschaftlichem Schrifttum aller Kultur völker gelegt. Und doch konnte der wissenschaftlichen Forschung ein gegenseitiges Aushelfen der Bibliotheken mit ihren Be ständen, wie es durch den dann 1924 auf daü ganze Reich aus gedehnten preußischen auswärtigen Leihverkehr möglich war, eine zuverlässige Sammelstelle aller Druckwerke Deutschlands nicht ersetzen. In Deutschland fehlte eine Nationalbibliothek, wie sie das französische, englische, italienische und amerikani sche Volk seit langem besaß. Baden, Thüringen, Sachsen und andere deutsche Länder verpflichteten nicht die Verleger und sonstigen Stellen, die in ihrem Hohcitsbereich Druckwerke herausbringen, diese kostenfrei an ihre staatlichen Bibliotheken 10