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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.05.1930
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- 1930-05-17
- Erscheinungsdatum
- 17.05.1930
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F. IIS, 17. Mai 19S0. Kantate-Nummer Börsenblatt f. b. Dtschn Buchhandel. 5 Förderung des Dramas, der hier wie 'dort von immer wachsen der Bedeutung ist. In Wien verteilt man alle drei Jahre den Grillparzer-Preis, der zuerst Wilbrandt, Wildenbruch, Anzengruber, breimal Gcrhart Hauptmann, zweimal Carl Schönherr, Hartleben, endlich Unruh und Werfel zufiel. Eine ähnliche, wenn nicht noch größere Rolle spielt seit einiger Zeit in Deutschland der Kleistpreis. (Die deutsche Kleist-Stif tung, die ihn jährlich vergibt, ist nicht zu verwechseln mit der rein wissenschaftlich gerichteten Kleist-Gesellschaft.) Die außer ordentliche Bedeutung des Kleistpreises geht vor allem aus der Bestimmung hervor, daß der Preis bezwecke, unbekannten oder noch nicht durchgedrungenen Schriftstellern den Weg in die Öffentlichkeit zu bahnen. Jahr um Jahr wählt die Leitung der Stiftung einen Preis richter, der seinerseits ohne jegliche Bindung einen nicht durch- gedrungencn Schriftsteller, in den meisten Fällen einen Drama tiker, krönt und außerdem das Recht hat, kleinere Preise und ehrenvolle Nennungen hinzuzufügen. Es sei nur im Umriß die Fülle der Leistungen der Kleiststiftung notiert; man wird sofort bemerken, wie der vorbildliche Wechsel der Preisrichter jede Cliquenwirtschaft ausschließt, jeden Einfluß des Vorstandes der Stiftung unmöglich macht, jede Beeinflussung von vorn herein aussichtslos erscheinen läßt. Versagt einmal in einem Jahr ein Preisrichter, so wird im nächsten Jahr der neue den Schaden gewiß gut machen. Und wenn man rückwärtig er wägt, wieviel bedeutenden Schriftstellern gerade durch den Kleist preis der Weg in die große Öffentlichkeit gebahnt worden ist, dann merkt man, daß diese Stiftung mehr für die Entwicklung der Literatur getan hat als manche mit großen Mitteln aus gemachte Institution. Mir liegen die Preisentscheidungen vom Jahre 1912 ab vor. Damals krönte Richard Dehmel Burtes Roman »Wiltfeber« und das hervorragende Zeitstück »Der Bett ler« des viel zu jung verstorbenen R. I. Sorge, 1913 vergab Jakob Schaffner den Preis an Hermann Essig, einen der be gabtesten, der viel zu früh die Feder aus der Hand legen mußte, und an den von uns allen geachteten und verehrten Lyriker Oskar Loerke, 1914 verteilte Arthur Eloesser den Preis, er gab ihn wieder an Essig, dessen bitteres Schicksal die Wiederholung der Gabe wohl rechtfertigte, und krönte gleichzeitig ein Jugend- Werk Fritz von Unruhs. Paul Wiegler, ebenfalls Kritiker und essayistischer Literaturgeschichtsschrciber, setzte sich 1915 für Robert Michel ein und bahnte gleichzeitig dem jungen Arnold Zweig, der erst 1919 durch die Novellen um Claudia und jetzt durch den »Streit um den Sergeanten Grischa« ein großes Publi kum gefunden hat, den Weg. 1916 verwandte sich der Kritiker Karl Strecker für zwei kraftvolle deutsche Lyriker, den Kriegs- dichter Heinrich Lersch und die ostpreußische Balladsndichterin Agnes Miegel. Ein Jahr darauf sah der Preisrichter Bernhard Kellermänn das Aufkommen und die Bedeutung der expressio nistischen Bewegung und krönte einen ihrer Wortführer: Walter Hasenclever. 1918 hat Heinrich Mann sich für zwei Prosaschrift steller eingesetzt: Für den westfälischen Arbeiterdichter Paul Zech und für Leonhard Frank, der sich ja indessen in die erste Reihe der deutschen Prosaisten gestellt hat. 1919 krönte der Kunstschriftsteller Franz Servaes die Dichter Dietzenschmidt und Heinicke, 1920 Oskar Loerke Hans Henny Jahn. Julius Bab vergab 1921 den Preis an den Dramatiker Paul Gurk, Herbert Jhering gab ihn Bert Brecht und Ernst Barlach, Alfred Döblin an Robert Musil und Wilhelm Lehmann, Professor Fritz Strich krönte 1924 zum zweiten Male und berechtigt Barlach, Paul Fechter machte 1925 mit einem Schlage den Fröhlichen Wein berg Zuckmayers bekannt, Bernhard Diebold verhalf vor drei Jahren dem lange völlig verkannten Alexander Lernet-Holenia zu ungeahnter Popularität, Monty Jacobs setzte sich 1928 für »Toboggan«, das Drama des jungen Schlesiers Menzel ein, und im vorigen Jahre hat Hans Henny Jahn Anna Seghers Er zählung »Aufstand der Fischer von St. Barbara« des Preises für würdig erachtet. Auf den ersten Blick wird klar, daß der Kleistpreis mehr als jeder andere jungen oder wenig bekannten Dichtern zu allgemeiner Anerkennung verholfen hat. Schließlich ist noch die Beschäftigung mit einer Anzahl großer und offizieller Preise notwendig, die sicherer als alle anderen Preise große Ehrungen darstellen, weil sie die Krönung eines bereits vorhandenen Werkes sein wollen, über den Nobelpreis für Literatur und seine Bedeutung braucht nichts gesagt zu werden, sein Wert und seine Eigenart ist all gemein bekannt. Nur einer allgemein verbreiteten falschen Auf- sassung muß begegnet werden: Man hört immer wieder, daß das Komitee verpflichtet sei, die Länder reihum zu bedenken. Das ist ein Irrtum. Das Nobelpreis-Komitee hat völlig freie Hand in der Auswahl der Preisträger. Daß ein gewisses gleichmäßiges Berücksichtigen aller Länder aus vielleicht diplo matischen Rücksichten eine Rolle spielt, mag möglich sein, statutengemäß ist es nicht fcstgelegt. Wir Deutschen sollen uns freuen, daß nach Gerhart Hauptmann in diesem Jahre zum ersten Male wieder einer der Unfern Nobelpreisträger geworden ist, wenngleich es ein tragisches Geschick war, daß dem ersten deutschen Kandidaten, Arno Holz, vier Wochen vor dem Tage der Verteilung ein frühzeitiger Tod die längst verdiente Ehrung vorenthielt. Auf die Schweiz und die Tschechoslowakei soll ihrer offiziellen Preise für deutschsprachige Dichter wegen kurz hin- gewiescn werden. Der Tschechische Staatspreis für schöne Literatur ist einmal an Franz Werfel vergeben worden, die Schweizerische Schiller-Stiftung arbeitet ähn lich wie die deutsche gleichartige Institution. Die ebenfalls von der Schweiz aus wirkende Martin-Bodmer-Stiftung für einen Gottfried-Keller-Preis hat seit 1921 Jacob Boßhart, Heinrich Federer, C. F. Ramuz und den Literarhistoriker Josef Nadler ausgezeichnet. Sachsen ist jetzt mit dem repräsentativen Lcssingpreis (für Friedrich Schnack) in die Reihe der Preis- Verteiler eingetreten. Auch das Land Hessen hat einen offi ziellen Georg-Büchner-Preis gestiftet und erstmalig Carl Zuckmayer zuerkannt. Die schöne Geste Zuckmayers, den Preis seinem engeren Landsmann, dem hessischen Volksschul lehrer Anton Betzner, der gewiß eine der Hoffnungen der moder nen Romankunst ist, weiterzugeben, darf nicht unerwähnt bleiben. So bleibt am Ende nur noch ein Wort über die großen Preise der Preußischen Akademie der Künste, Sektion für Dichtkunst, zu sagen. Die Sektion hat vor wenigen Wochen ihren LyrikPreis vergeben. Wir begrüßen die Entscheidung des Preisrichterkollegiums, das den fränkischen Poeten Friedrich Schnack auszeichnete. Man hat dadurch zu erkennen gegeben, daß man gewillt ist, ohne Rücksicht auf Modeströmungcn, ohne Rücksicht auf den Gesichtspunkt, was heute im Mittelpunkt des Interesses stünde, Menschen, die ernsthaft und mühevoll um den Gedanken der Symbolhaftigkeit allen dichterischen Geschehens bemüht sind, Anerkennung nicht zu versagen. Bei der Verteilung des großen Staatspreises sind aus der ersten Krönung ein Dramatiker, ein Epiker und ein Lyriker, drei Verwalter ganz verschieden gerichteter Traditionen in bedachtsamer Berücksichti gung gegensätzlicher literarischer Strömungen als Sieger hervor gegangen: Fritz von Unruh, Hermann Burte und Franz Werfel. Damit ist zwar nicht eine erschöpfende Charakteristik aller deutschen Literaturpreise, wohl aber ein Überblick über die wich tigsten Formen dieser Preise gegeben. Es zeigten sich dis ver schiedenen Gesichtspunkte, die Unterstützung Bedürftiger, die Be vorschussung kommender Arbeit, der Versuch, alte Traditionen, wie im Falle des Goethepreises, bestimmte Eigenarten, wie die plattdeutsche Sprache oder den sudetendentschcn Geist, zu er halten, der Versuch, jungen Talenten zum Durchbruch zu ver helfen, wie der, fertige Lobenswerte zu krönen. Eine reiche Fülle von Arten, den Dichter auszuzeichncn und bei aller Viel falt und Verschiedenheit doch der eine, vor allem im Zeitalter des Sportes so begrüßenswerte Gedanke: Daß ein Volk durch seine berufenen Vertreter sich immer wieder bereit erklärt, feine Dichtung zu schützen und zu fördern. Verzeichnis deutscher Literaturpreise. (Auf Grund einer Liste der Schristleitung des Börsenblattes zusam- mengestellt. Für Ergänzungen vgl. Kürschners Litcratnrkalendcr und »Die schöne Literatur« 4928 S. 221 u. Mll.) Akademie der K!instc in Berlin. Sektion für Dichtkunst. Berlin W, Pariser Platz 4. A s ch a f s c n b u r g. G r ii n e w a l d - P r c i s. Rat der Stadt.
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