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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.05.1930
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- 1930-05-17
- Erscheinungsdatum
- 17.05.1930
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Der Stand der eigentlichen Buchproduktion in derNachkriegs- zeit ist also niedriger als die letzte und zugleich höchste Friedens zahl. Jeder Kundige weiß aber ferner, daß diese Zahlen keines wegs nur Bücher im üblichen Sinne ausweisen, geschweige denn schöne Literatur, um die es bei den Auseinandersetzungen meist geht. Von der für 1928 berechneten Zahl müssen mindestens 30 Prozent abgesetzt werden, die aus Flugblätter und Broschüren entfallen. Der verbleibende Rest von rund 20 000 stellt aber nicht nur wirkliche Neuerscheinungen, sondern etwa zu einem Drittel Neuauflagen dar. Das ergibt an wirklichen Buchneuerscheinungsn sämtlicher Gattungen rund 13 000, eine Ziffer, auf welche ungefähr der Oberbibliothekar an der Preußischen Staatsbibliothek Georg Schneider bei 30 000 Registrierungen im Jahre 1909 ebenfalls für die Neuerschei nungen kam. Vergleicht man aber diese Ziffer mit der Produktionszahl der Vereinigten Staaten von Nordamerika (10 000) oder Großbritanniens (13 000), so ändern sich auch inso weit die Schlußfolgerungen, die vielfach aus diesen Vergleichen gezogen werden. Um zu einem objektiv richtigen Bild zu kom men, müßten natürlich auch die Zahlen der Vergleichsländer mit denen Deutschlands abgewogen werden. Dabei wäre noch zu berücksichtigen, daß in die deutsche Bibliographie auch die in deutscher Sprache außerhalb Deutschlands verlegten Werke Auf nahme finden, die etwa 15 Prozent der Gesamtzahl betragen dürsten. Mit den bisherigen Zahlenvergleichen auf diesem Ge biete ist es also nicht weit her. Nicht viel anders sieht es mit dem Schlagwort von der »Übersetzung« des Sortiments aus. Meist spricht man nur von dieser, weniger von einer solchen auch im Verlag, weil man die These von der Übersetzung des Sortiments braucht, um nachzu weisen, daß durch sie die hohen Rabatte verursacht werden. Aus diesem Gebiete ist es aber sicher noch schwieriger, Beweise mit Zahlen zu führen, da sie durchaus unzuverlässig sind. An keiner Stelle gibt es genaue Unterlagen darüber, wieviel Firmen in Deutschland mit Gegenständen des Buchhandels handeln. Sicher ist, daß sich dieser Kreis in der Nachkriegszeit wesentlich erwei tert hat, aber nicht durch Ncugründung eigentlicher Buchhand lungen, sondern durch Hinzunahme des Vertriebes buchhändle rischer Gegenstände in andere Handels- und Gewerbezweige. Da haben wir den Gemischtbetricb, wie ihn Borchardt als erstre benswert hinstellt; selbstverständlich nur für gewisse Verlags gattungen, die sich eben für diese Vertriebsart eignen. Der Ver trieb mancher Werke kommt nicht einmal für alle im Adreßbuch des Deutschen Buchhandels aufgenommenen Firmen in Betracht. Nur ein geringer Prozentsatz von ihnen handelt z. B. mit schwerer Wissenschaft. Immerhin darf das Adreßbuch als eine Art Baro meter der Besetzung des Buchhandels angesehen werden, da es die hauptsächlichsten Firmen enthält. Die höchste Vorkriegszahl weist 1912 mit 12 486 Firmen auf, davon 4142 Verlags- und 8344 Vertriebsfirmen. 1925 bringt die höchste Nachkriegszisfer mit 13 706, wovon 4414 auf den Verlag und 9292 aus den Handel entfallen. Bis 1930 ist die Zahl auf 11763 zurückgegangen, davon 4290 Verleger und 7473 Verbreiter. Mit Zahlenverglei chen wird also auch hier nichts bewiesen. Ein genau wägender Kritiker würde sich vielleicht bewogen fühlen, nachzuprüfen, ob nicht der Buchhandel in seinem Firmenbestand gleichen wirt schaftlichen Gesetzen unterliegt wie die anderen Gewerbezweige. Er müßte dann vielleicht seststellen, daß die Übersetzung allent halben vorhanden ist, daß weder die Brutto- noch die Netto handelsspanne für das Sortiment unberechtigt groß ist, ein Schluß, zu dem der Nichtfachmann kommen muß, wenn er immer wieder, wie auch bei Federn, von Rabatten bis zu 60 Prozent liest, ohne darüber aufgeklärt zu werden, daß es sich um Aus nahmefälle handelt, die durchaus gleichen Berdienstsätzen bei ähnlichen Gelegenheiten in anderen Branchen entsprechen. Sicher ist, daß es die Verbleibenden leichter hätten, wenn die Zahl der Buchhandlungen weiterhin zurückginge. Weniger sicher aber ist m. E., ob sich die daraus erhofften Auswirkungen auf die Preisbildung einstellen würden. Deshalb sind auch alle Vor schläge in dieser Richtung, wie sie namentlich wieder Borchardt und Federn bringen, vielleicht gut gemeint, aber Theorie; im übrigen aber auch keineswegs neu. Wie oft ist schon die Frage der Verlagskonzentration, der Sortimenterspezialisierung, des Gemischtbetriebes im Provinzsortiment, des Humerus eluusu» erörtert worden! Auch bei der Behandlung des Schlagwortes von der »Uber teuerung« des deutschen Buches sollte man vorsichtig mit Zahlen sein und sie vor Verwendung erst genau aus ihre Verläßlichkeit prüfen. Es wird in den Kritiken allgemein behauptet, das deutsche Buch sei um 200 bis 240 v. H. teurer als im Frieden (Frieden: 100). Schon beim Vergleich der Durchschnittszahlen stimmt das nicht. Einem Durchschnittspreis von 3,84 RM im Jahre 1908 steht ein solcher von 6,19 RM im Jahre 1929 gegen über, also lediglich eine Steigerung von 162 Prozent. Prüft man aber die einzelnen Verlagszweige näher, so zeigt sich sofort, daß abstrakte Durchschnittszahlen überhaupt keine geeignete Grundlage für Preisvergleiche sind. Kunst und Kunstgewerbe haben z. B. einen Durchschnittspreis von 36,44 RM, die schöne Literatur aber nur von 3,06 RM. Hier wirken sich die zahl reichen billigen Ausgaben, insbesondere auch die billigen Reihen aus. Man darf überhaupt, will man zu einem richtigen Ergebnis kommen, nur die gleichen oder ähnliche Bücher gegenüberstellen, wobei selbstverständlich Umfangs- und Ausstattungsveränderun gen gebührend berücksichtigt werden müssen. Dabei kommt man in Anbetracht der gesteigerten Herstellungskosten zu erstaunlichen Ergebnissen, z. B. folgenden: 1913 1928 Förster, Lebenskunde 3.— 3.80 Bölsche, Stirb und werde 0.50 7.50 Windelband, Philosophie 10.— 15.— Carlyle, Arbeiten und nicht verzweiseln 1.80 2.20 Der gute Kamerad 10.— 12.— Frenssen, Hilligenlei 6.— 8.— Herzog, Hanseaten 5.— 7.— Greinz, Abtissin Verena 5.— — Zauber des Südens 6.50 Zahn, Apotheker von Kleiu-Weltwil 5.— — Brettspiel des Lebens 6.50 Ebenso ist es mit den beliebten Vergleichen der englischen und amerikanischen Literatur; sie beweisen durchaus nichts für die Überteuerung des deutschen Buches, sprechen vielmehr in vielen Fällen für das Gegenteil. Auch hierfür seien einige Bei spiele angeführt: Gundols, Caesar. 8.— RM, amerikanisch 5 Dollar, Spengler, Untergang. Bd. 1. 18.— RM, amerik. 7,5 Dollar, Helsferich, Geld und Banken. 20.— RM, amerik. 12,5 Dollar, Ludwig, Goethe. 28.— RM, englisch 42 Schilling, Meier-Graefe, Dostojewski, der Dichter. 15.— RM, englisch 25 Schilling, amerikanisch 6 Dollar. Und wie steht es schließlich mit dem Schlagwort von der »Überfremdung«? Zugegeben, daß gegenwärtig mehr auslän disches literarisches Geistesgut in Deutschland verlegt wird als in Vorkriegsjahren; muß das aber ein Nachteil sein, der den deutschen Autoren den Weg zum Erfolg verbaut? Klagen hier über lassen außeracht, daß Deutschland lange Jahre vom Aus land auf geistigem Gebiete abgeschnitten war, daß der geistige Verkehr zwischen den Ländern in der Gegenwart ein viel regerer geworden ist als in früheren Zeiten und daß sich aus dem zwi schenstaatlichen Austausch für die deutsche Geistesware wesentliche Vorteile in kultureller und wirtschaftlicher Beziehung ergeben. Im Jahre 1928 sind nach zuverlässigen Feststellungen 1477 fremde Werke in deutscher Sprache verlegt worden, demgegenüber aber 1588 deutsche Werke in fremder Sprache. Deutschland ist also in der glücklichen Lage, auf diesem Gebiete eine aktive Bilanz auf- weisen zu können. Um nicht mißverstanden zu werden, sei ausdrücklich hervor gehoben, daß die Ausführungen nicht etwa den Zweck verfolgen, die Kritik als unzutreffend oder gar unerwünscht hinzustellen, vielmehr war lediglich beabsichtigt, nachzuweisen, daß die im allge meinen angewandten Beweismittel, namentlich die beliebten Zah lenbeweise, nicht immer zuverlässig sind. Die mit den Schlag-
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