Der Direktor. Ich war damals in einem Eisenwerk. E« war eine Aktiengesellschaft, die seit Jahren keine Dividenden brachte. So jung ich war, so wenig ich zu sagen hatte, gegrübelt Hab ich doch an manchem Feierabend: Warum marschieren unsere Bilanzen gar so traurig auf? Unsre Aktionäre muck ten nicht, sie schienen es als goltgegeben hinzunehmen. Nur manchmal kam von unsren AufflchtSräten ein schüchterner Schrieb: Ob's vielleicht nicht da und dort dran läge? „Zum Lachen!" fegte unser Herr Direktor dann, solche« Schreiben höhnisch schwingend, durchs Kontor, „Müller, diesen Wisch hier als erledigt in den Akt — Sie wissen schon." Der Akt „Anregungen" schwoll und schwoll. Manchmal, wenn cs hoch in der Direktorvilla herging, mußt- ich den Akt hinübcrtragcn. Unterm Gläserklingen guter Freunde griff dann der Direktor lärmend nach dem blauen Umschlag: „Es leben die Anrempelungen! paßt mal auf, jetzt le» ich euch was vor — ihr werdet platzen." Derweil er las, harrte ich an der Türe. Gelächter schwirrt« um mich aus wie Rabenschwärme. Aus einmal ward e« still. Des Direktors Brauen zogen sich zusammen: „Wie kommt das da herein?" „Sie gaben diese« letzte ungelesen zu den Akten, Herr Direktor." „Vorlesen!" schrie es in der Runde. Der Direktor zögerte. Da hatte ihm ein Zechgenoff« über die Schulter gesehen: „Hahaha, «inen neuen Vorsitzenden haben sie sich im Aussichtsrat verschrieben!" „Hm, der Mann hat einen Namen", warf ein anderer ein. „Na, also schön, sie sollen sich denn die vermißten Divi denden aus dem Namen schneiden — Müller, tragen Sie die „Blauen Wunder" wieder fort — Norbert, in den Keller, „Vsuvs Oliquot" ist an der Reihe!" Es begab sich aber, daß ich eines Tage» einen »»schein- baren Herrn zu melden hatte: „Sagen Sie, ich wäre der Vertreter des neuen Aussichlsralvorsitzenden und beauftragt, einen Gang durch den Betrieb zu machen." Unser Herr Direktor stutzte, halte aber rasch die alte Überlegenheit: „Ach so, Vertreter — sagen Sie ihm, «ine halbe Stunde hätte ich ab drei Uhr Zeit — wenn ihm die genügte —" Ich kam zurück: Sie genüge ihm, indes von jetzt ab. Der Direktor wollte etwas Grobes sagen. Aber der Mann stand schon im Zimmer, grüßte knapp, sah auf die Uhr, dann hinüber zu den Arbeitsstätten: „Wir werden eilen müssen, Herr Direktor." Genau nach fünfundzwanzig Minuten kamen sie zurück. Der Fremde hielt den steifen Hur in der Hand. „Darf ich da« Ergebnis nochmal« kurz zusammensassen?" Jetzt war es der Direktor, welcher nach der Uhr sah: „Wenn die noch übrigen fünf Minuten genügen?" „Sie genügen. Die Maschinen also sind in Ordnung. Daran liegt es nicht?" Mein Direktor lächelte überlegen. „Die Arbeiter sind gut. Die Beamten, sagen Sie, nicht minder. Daran liegt es also auch nickt?" Das Lächeln des Direktors wurde ungeduldig. Er schaute stirnrunzelnd nach der Uhr. „Bitte, zwei Minuten habe ich noch gut," richtete sich der Unscheinbare plötzlich auf: „Wcnn'S also nicht an den Maschinen liegt, nicht an den Arbeitern, nicht an den An gestellten, dann muß eS wohl an — dem Direktor liegen." „Mein Herr, Sie erlauben sich da —" logisch zu sein." „Ich", schäumte der Direktor, „ich werde Ihrem Auf- traggcber das nötige über Sie auseinandersetzen!" „Nicht nötig. Ich bin Thyssen selber." Muß ich noch erzählen, daß wir einen anderen Direktor kriegten? Und vom nächsten Jahr ab zwölf Prozent Di- vidend«? Fritz Müller. Partei« kirchen. l Bitte um Beachtung öer linken Leite! Sinke Seite beackiten