soüreibt über I.V.KOOMLL8OOL „OLK. LEI1L 80MIVILK.« ieses starke, geistig bewegte, stolze und feine Buch ist der Erstlingsroman der österreichischen Dichterin Jmma von ^^/Bodmershof. Ein Eheroman auf den ersten Anblick, aber von einer hohen geistigen Warte aus. Viele Unzuläng lichkeiten, die sonst Eheromane beschweren, scheiden von Anfang zwischen diesen reifen Menschen Karin und Johannes völlig aus, und alles ist auf die eine letzte Frage, die des Zusammenlebens überhaupt zurückgeführt. Die ersten Seiten des Buches, die schönsten zugleich, führen sofort in die sphärische Schwingung der beiden Menschen. Es ist Sonntag. Die feurige Welt des Hochsommers, die Einsamkeit im Gebirge, in der Sonne und Mond, Wasser, Wald und Stein ihr Geheimnis ausatmen, sieht die beiden, die füreinander bestimmt sind, auf der Wanderung zur verlassenen Almhütte, die der schlichte Ort ihres Verlöbnisses sein wird. Schritt für Schritt nähern sie sich, fast ohne Worte, denn alles ist schon Sinnbild in dieser Urlandschaft, in der sich die Träume erfüllen, in der sich der Mond in die Sonne verwandelt und brennend in den Becher der Berge stürzt. Am Ende schenkt Karin dem Verlobten einen Stein vom Grunde des Waldsees und Johannes wirft ihr einen silbernen Becher zu, und wir sind plötzlich in die Welt Tristans und Isoldes verzaubert. Was nun folgt, ist von diesem unendlichen Gefühl des Urerlebnisses getragen. Keine Angst: alles ist wirklich, was ge schieht, und es wäre tatsächlich nur ein Eheroman, hätte uns das schöne Eingangskapitel nicht das nächtliche, sternen- flammende Antlitz einer tieferen Herkunft gezeigt. Karin ist Besitzerin des alten österreichischen Gutshofes Traunberg, und Johannes ist Architekt von Ruf. Hieraus wächst die erste Spannung zwischen dem bewachenden Sinn der Frau und dem gegenwartbauenden und daher auch notwendig zerstörenden Sinne des Mannes. Den Mann locken ruhmvolle Auf träge in die Ferne, die Frau muß das ererbte Gut vor dem Verfall bewahren; sie kann es nur halten, wenn sie den Neue rungen, die Johannes plant, nachgibt - sie muß den uralten Waldsee opfern, den Johannes für ein Kraftwerk braucht. Der Kampf dauert lange; er wird zäh und unterirdisch geführt und entfremdet die beiden zuerst. Aber um die Bruchstelle schießen die heilenden, die ewigen Kräfte zusammen. Die beiden Menschen erkennen die notwendige Form ihrer Charak tere, die, jeder für sich, eine Welt versinnbildlichen. Der Mann muß schaffen „im Getöse der farbenreichen Dunkelheit", aber die Ehe wird ihm nun zum Schrein, der geschenkte Stein zum Ordner der bauenden und zerstörenden Gewalten. Der heilige Sinn der Ehe ist wiedergefunden, der zweite Sommer wird die glühende Erfüllung des ersten, kampf zerbrochenen Sommers sein. Schön und sorgsam hat die Dichterin das eigene und doch stellvertretende Leben der beiden Menschen gestaltet, er starrender Stein und strömender Becher versöhnen. Um sie lebt und liebt, klagt und lacht die niederösterreichische Men schenlandschaft mit vielen klargezeichneten Gestalten: die alte Schloßherrin Adda, der durchsichtig verfeinerte Conny, die tropisch blühende Huela, der bleiche Verwalter, der stoppelbärtige Dachdecker - alle kommen uns lebenswahr nahe, in dem sie das Gesetz ihres Daseins vollenden. Ein reifes, durchgestaltetes, tief deutsches Werk, das keiner Verführung un terliegt, viel Welt aufschließt und uns glücklich, gereinigt und gefestigt entläßt. NSZ Rheinfront kostet Se/re/tet lernen AM 5810 Nr. 271 Dienstag,-cn 28. November 1987