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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.07.1931
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- 1931-07-14
- Erscheinungsdatum
- 14.07.1931
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160, 14. Juli IS31. Redaktioneller Teil. fältigmig, Verbreitung, Aufführung — geschehen sind. Diese sind nur Verwirklichung durch Anwendung des Ausdrucksmittels, das als ein natürliches — d. h. vom Schaffenden vorgeschriebenes und grundsätzlich gedachtes — Ausdrucksmittel erscheint, wie z. B. die Aufführung eines Bühnenwerkes, — oder als ein gewillkürtes, tote z. B. die Schallplattenwiedergabc eines Kon zertstückes. Aber das Schöpferische der Formung, so grundlegend und zentral dies auch ist, genügt noch immer nicht für die Möglich keit eines gesetzlichen Monopolschutzes. Es muß noch etwa? hinzukommen: zu Geisteswert und Gcisteswerk muß, damit es als Geisteswerk schutzfähig sei, noch die Eigenschaft als Geistes- gut hinzukommen. Damit ein Objekt des Geistesgut-Wettbewerbsrechts ent stehe, ist dreierlei nötig: 1. Der schöpferische Gedanke — eine intellektuelle Tat des inneren Menschen (z. B. die Idee einer Erzählung, ein tech nischer Maschinengedanke, der Einfall einer guten Werbemaß nahme oder eines Warenzeichens); — das geistige Objekt! 2. Die gestaltende Formgebung — eine halb intellektuelle, halb willenmäßige Tat des inneren und äußeren Menschen (z. B. die Niederschrift der Erzählung, die Konstruktion, Beschreibung der Verwirklichung der technischen Erfindung, die Ausarbeitung der Wcrbemaßnahme oder des Warenzeichens) — damit wird das geistige Objekt zu einem Geistesgut, es wird greifbar, tritt in die reale Welt der Erscheinung ein, kann aber noch im Schreibtisch liegen, in der Versuchswerkstatt, in der Mappe der Entwürfe. 3. Die verkehrsmäßige Benutzung - - eine rein willen mäßige Tat des äußeren Menschen sz. B. Drucklegung und Ver trieb der Erzählung, Herstellung und Verwendung der Ma schine, Benutzung der Werbemaßnahmc oder des Warenzeichens). Hierdurch erst macht der Neuschöpfer einen Anspruch auf das ihm zustchende Recht. So erst — als diese dritte Phase erreicht bzw. erkannt war, konnte an eine gesetzliche Regelung des Schutzes der Geistes werke aller Art herangetreten werden. Denn da war erst ein greifbares Objekt gefunden. Geistiges war schon früher da. Zur Persönlichkeit gehörte es auch früher schon. Als Homer oder der Dichter des Nibelungenliedes sang, oder wenn Volkssängcr der wilden Völkerschaften ihre Sagen und Märchen vortrugen, war geformtes Werk da, das aus dem Schaffen von Personen hcrvorging, selbst wenn diese Personen nach Namen und Stand unbekannt waren und ihre enge soziale Verbundenheit mit den Volksgenossen den individuellen Anteil an dem Geschaffenen verwischte. Erst die geldwirtschastliche Erfassung des Geistes lebens, erst die wirtschaftlich-wettbewerbliche Einordnung des geistigen Schaffens war es, die ein geistig-gewerbliches Schutz- recht auf gesetzlicher Grundlage ermöglichte. So kam es zu dem in England vor drei Jahrhunderten begonnenen Erfinderschutz, so vor etwa zwei Jahrhunderten zur Erkenntnis Urheber- und wettbewerbrechtlicher Gedanken in Frankreich und zum Privilegienschutz in Deutschland. So erst allmählich breiteten sich die Gedanken aus zu den im vorigen Jahrhundert allenthalben geschaffenen Gesetzen zum Schutze des Urhebers und des Erfinders. Es ist ein Ergebnis der fort geschrittenen Individualisierung des Geisteslebens in Verbin dung mit einer kapitalistisch-sozialen Nivellierung, die nicht mehr den Dichter mit dem König allein gehen ließ auf der Menschheit Höhen, sondern die Kunst ins Volk trug und Tantiemen als Ilmsatznutzen dem Schaffenden zukommen ließ, an Stelle der früheren Gnade des verständnisvollen königlichen Herrn. Die Erhebung des Bürgertums in süddeutschen Städten und die Er hebung des »vierten Standes« haben auch für das Geistesgut schuhrecht die feudale Ordnung und die genossenschaftlich-gemein schaftliche Förderung durch den geldwirtschaftlichen Individua lismus ersetzt. Nun haben wir die Gesetze als Niederschlag dieser Entwick- lung, und nun gilt es, aus ihren praktisch gedachten Bestim mungen schürfend und rückblickend das Wesen dieses geistig-ge- yverblichcn Schuprechtes zu konstruieren und in ihm dis er klärende Grundlage für die kodifizierten Einzelheiten zu finden. Da finden wir denn aber auch in der Tat ein System, das sich aus Persönlichkeits- und Vermögensrecht zusammensetzt, und entdecken, daß das Urheber- und Erfinderrecht, wie es das Ge setz festgelegt und geordnet hat, einen persönlichkeitsrechtlichen Kern, eine vcrmögensrechtliche Gestalt und eine wettbewerbrecht liche Aufgabe hat. Die individuelle Ausschließlichkeit dieses Rechtes steht, ihrer Natur entsprechend, in einem Gegensatz zur Allgemeinheit. Man gab das individuelle Ausschließlichkeitsrecht der Be nutzung eines Geisteswerkes dem Urheber, um ihm den Lohn für seine Sonderleistung (gegenüber den viel zahlreicheren Durchschnittsleistungen) zu gewähren, aber auch um zu neuen Leistungen anzuspornen, die sonst, wenn kein Lohn winkte und jedermann sofort unentgeltlich daraus sich bereichern könnte, ge wiß oftmals ungeschehen blieben. Aber diese, aus einem immanenten Rechtsgefühl hervor gegangene Rechtssatzung kann nur eine scharf umgrenzte Aus dehnung vertragen. Sonst würde der Allgemeinheit zu lange und zu geizig vorenthalten, was sie zur Bereicherung des Kultur lebens, zur Förderung des Fortschritts, zum Ausgleich der mannigfaltigsten Meinungsverschiedenheiten braucht. Deshalb sind dem Urheberrecht wie dem Erfinderrecht Gren zen gesetzt. Ob die gesetzten Grenzen zu eng oder zu weit sind, wird sich niemals überzeugend, d. h. mit wissenschaftlichen Grün den, feststellen lassen. Das ist Jnteressenfrage, ist Kompromiß, ist rechtspolitische Taktik. Aber Grenzen müssen gesetzt sein — Grenzen zeitlicher, sachlicher, räumlicher Natur. Zeitlich ist, abgesehen von einigen lateinamerikanischen Staaten und dem neuen Portugiesischen Gesetz, überall eine Grenze gesetzt, wenn auch deren Ziffer an Jahren verschieden ist, räumlich gelten die einzelstaatlichcn Gesetze nur für ihr Ge biet und die Berner Übereinkunft nur für die Staaten, dis sich ihr angeschlossen haben (und dort zum Teil noch mit sachlichen Vorbehalten, die die räumliche Geltung wiederum einschränken), und sachlich findet das Urheberrecht nicht nur eine gewisse, höchst interessante Grenze am Erfinderrecht, sondern namentlich an den positivrechtlichen Grenzen, die beispielsweise Teile des Persönlichkeitsrechts oder gewisse Gestaltungen bloß wiedergeben der Natur oder auch neue technische Niederschläge urheberschaft- licher Arbeit von dem eigentlichen UrhebcrrechtSschutz in vollem Sinüe des geltenden Gesetzes ausschließen. Hat die räumliche Grenze weniger mit dem Problem des Rechtes der Allgemeinheit gegenüber dem Monopolrecht des Ur hebers zu tun, so ist das in um so höherem Maße bei der zeit lichen und der sachlichen Grenze des Urheberrechts der Fall. Die zeitliche Grenze rechtfertigt sich dadurch, daß das, was einmal ursprüngliches Schaffen war, erstens stets ein gut Teil seiner Kraft aus bereits vorhandenem Kulturgut zog, zweitens aber all mählich in das freie Kulturgut der Allgemeinheit übergeht und übergehen muß. Es ist in dieser Hinsicht zum Überfluß an Goethes Wort von dem Original erinnert worden (»Fahr hin in deiner Pracht; wer kann was Kluges, wer was Dummes denken, das nicht dis Vorwelt schon gedacht«); aber auch individuelle Formprägung streift allmählich ihre ganz individuelle Eigenart ab und geht ein in den Tempel der Zeit, wo sich die Eigenarten der Menschen allmählich verwischen und wo das einzeln Ge schaffene Gemeingut wird. Auch die geschichtliche Entwicklung kann nicht als Beweis für ein ewiges Urheberrecht herangezogen werden, im Gegenteil, sie zeigt eine erst allmähliche Ausdeh nung der Schutzdauer, und das materielle Eigentum als Beweis dafür heranzuziehen, daß auch das »geistige Eigentum« zeitlich unbegrenzt sein müsse, ist abwegig, weil dies zwei ganz ver schiedenartige Größen in unzulässiger Weise gleichsctzen würde. Eine Kongruenz des Urheberrechts mit dem materiellen Eigen tum behaupten hieße die geistige Qualität des Urheberrechts her abwürdigen. Die Interessen der Allgemeinheit gehen in der Tat in hohem Maße dahin, daß das Recht, Geisteswerke willkürlich der Mitwelt vorzuenthalten oder allzulange eine Abgabe davon zu ziehen, nicht ungemessen bestehen soll. Eine Festlegung, wo im Einzelfall die Grenze sein müsse, ist jedoch teils willkürlich und 667
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