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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1934
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- 1934-10-27
- Erscheinungsdatum
- 27.10.1934
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- Deutsch
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^ 252, 27. Oktober 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. einziges Lied, die eine hoffnungsvolle fchöpferische Kraft verraten. Nur der wird dem jungen Dichter wirklich helfen können, der ihn auf die Unreife der übrigen zweihundertundachtzig Seiten und der übrigen neunundneunzig Gedichte innerlich und mit guten Gründen hinwcist, ihn aber auch ermuntert, sich mit seinem weiteren Schaffen auf den Grund dieser zwanzig Seiten oder dieses einen wertvollen und wirkliches Dichtertum verratenden Gedichtes zu stellen. Jungem Dichtertum dienen wir damit, daß wir es vor Überheb lichkeit bewahren, man soll den jungen Dichter mutig, aber nicht übermütig machen; schon manche hoffnungsvolle junge Kraft fiel frühzeitig aus, weil eine an ihren eigenen Worten sich berauschende Literaturkritik ihr Dinge einredete, die sie nicht besaß oder zu denen sie nicht das Zeug hatte. Ich habe im Laufe meiner Tätigkeit zu meiner großen Freude immer wieder die Erfahrung machen dürfen, daß junge Dichter, die wirkliche schöpferische Kraft besaßen, dem kritischen Wort gegenüber sehr aufgeschlossen waren. handwerkliches. Es müssen noch ein Paar Bemerkungen über das Hand werkliche literarischer Kritik gemacht werden. Wir zitieren wieder den Aufsatz »Die literarische Kritik« in Paul Ernsts »Tagebuch eines Dichters«, da er Formulierungen enthält, die wir doch nicht besser zu machen vermöchten. Paul Ernst schreibt über zwei Hauptgebote, die ein »Gesetzbuch für die Kritiker« enthalten müßte. Erstens, du sollst die Beschaffenheit er kennen, das heißt, du sollst wissen, ob ein Kunstwerk in seiner Art gut oder schlecht gemacht ist; zweitens, du sollst die Ebene unterscheiden, das heißt, du sollst die Werke von be deutendem Gehalt von denen sondern, die nur einen geringen Gehalt haben. Im ersten Fall hat der Kritiker das — im wei testen Sinne — Handwerkliche des Werkes zu untersuchen, muß also überhaupt vom Handwerklichen etwas verstehen; im zwei ten Fall hat der Kritiker ein Werturteil abzugeben, muß also ein seelisch bedeutender Mensch sein, der die verschiedenen Ge halte abschätzen kann«. Über das Werturteil, das der Kritiker ab- zugcben hat, schreibt Paul Ernst an einer andern Stelle seines Aufsatzes: »Jedes Werturteil, welches wir abgeben, ist zunächst ein Werturteil über uns selbst. Indem wir Dinge verehren, lieben, schätzen, laufenlassen, belächeln, bekämpfen, beachten, sitzen wir uns selber zu Gericht. Eine hohe Seele verehrt das Hohe, eine gemeine haßt es. Wenn eine Zeit gemein ist, so bringt sie die Wortführer hervor, welche die Gemeinheit ihr für das all gemein Menschliche erklären; wenn sie bedeutend ist, so bringt sie die Männer in die Höhe, welche sie verehren, nach dem Großen und Edlen zu streben.« Paul Ernst gesteht, daß er so schroffe Gegensätze wie bedeutend und gemein gewählt habe, um den Gedanken klarzumachen, wie schwer der Gehalt eines Kunst werkes mit Worten zu sagen sei, »eben weil es sich um Gefühle handelt«. Paul Ernst spricht in seinem Aufsatz mehrmals ver gleichend von der Kritik in der Musik und in der Malerei, um die besonderen Schwierigkeiten und die besondere Fragwürdigkeit der literarischen Kritik zu kennzeichnen, »denn in der Dichtung ist Handwerk, Inhalt und Gehalt besonders eng miteinander verknüpft«. Zu den schon zitierten Bemerkungen über das Wert urteil, das der Kritiker abzugeben hat, stellt er einige Bemerkun gen über die Beschaffenheit eines zu beurteilenden Kunstwerkes. Wegen der engen Verknüpfung von Handwerk, Inhalt und Ge halt sei »die Untersuchung des Handwerks« in der Dichtung »viel schwieriger als in den andern Künsten«. »Im höchsten Sinne gibt es in der Dichtung überhaupt kein reines Handwerk, ist das Handwerkliche immer inhaltlich bestimmt; bei der eigenen Ar beit — bei der allein man ja diese Dinge erfährt — wurde mir klar, daß selbst etwas scheinbar ganz Inhaltliches, wie der vorm ex raaotnna, doch gleichzeitig eine Formforderung ist. Daraus ergibt sich zunächst, daß die Kritiker der Dichtung gewöhnlich schon die Beschaffenheit nicht erkennen können.« »Gegen den Mu siker kämpft nur der Mann, der überhaupt ein Gegner der hel dischen Empfindung ist, gegen den Dichter eine Menge Leute, welche seine Empfindung teilen und sie nur anders gedanklich bestimmen.« »Ein Dichter, der Neues bringt, verletzt dadurch, daß der Gehalt in der Dichtung eine viel größere Rolle spielt und dabei inhaltlich viel mannigfacher ist als in den andern Künsten, alle die Menschen in ihrem innersten Lebensnerv, welche seelisch anders gerichtet sind, und macht sie dadurch unempfind lich gegen seine Beschaffenheit; es kommt dazu, daß die Beschaffen heit in der Dichtung überhaupt viel schwerer zu erkennen ist, als in den andern Künsten, weil das Handwerkliche nie rein förm lich ist.« Diese Sätze Paul Ernsts bezeichnen den Standort literarischer Kritik so deutlich, daß jeder das für ihn Wichtige sich daraus ent nehmen kann, und daß wir ruhig darauf verzichten können, dem noch Weiteres hinzuzufügen. Es ist die Schwierigkeit, den Zu sammenklang von Inhalt, Gehalt und Form herauszuhorchen, der als Forderung an jedes wirkliche Kunstwerk gestellt werden muß. Es ist unmöglich, hier verstandesmäßige Regeln aufzustellen, nach denen schematisch Verfahren werden könnte. Hier tritt der Instinkt in seine vollen Rechte ein, denn hier zeigt es sich am meisten, daß Literaturkritik vor allen Dingen eine Jnstinktfrage ist. »Jedes Jnstinkturteil«, schreibt Paul Ernst, »so dumm auch der Mensch sei, von dem es ausgeht, hat schließlich irgendwie eine Berechti gung; die heutige Instinktlosigkeit aber (der Aufsatz ist 1913 ge schrieben), die man oft geradezu bei ganz gescheiten Literaten an trifft, ist immer schädlich und schafft die größte Verwirrung.« Fragen des Instinkts' bei der Literaturkritik werden für uns vor allem auch dort ausschlaggebend sein, wo wir die Neuaus richtung der Literaturkritik auf den Nationalsozialismus vorzu nehmen haben. Es jammert einen zu beobachten, mit welcher Hem mungslosigkeit der Gesinnungswechsel gerade auf diesem Gebiet vor genommen worden ist. Als ob ein oberflächlicher Gesinnungs wechsel genügen würde, um heute jemand zum Sachverwalter gei stiger Werte, die für das nationalsozialistische Deutschland von Be deutung sind, werden zu lassen, der vor zehn Jahren mit der glei chen Unbekümmertheit Werte propagierte, deren Bekämpfung die nationalsozialistische Bewegung in einem fünfzehnjährigen Kampfe sich hatte angelegen sein lassen müssen. Das Problem des seelischen Damaskus dieser Menschen bedarf einer besonderen Erörterung in einem andern Zusammenhang. Ich habe bisher noch in keinem der von mir beobachteten Fälle gefunden, daß dieses seelische Da maskus wirklich in die Tiefe ging. Wer 1920 Heinrich Mann der jungen Generation als Vorbild Preisen konnte, der müßte, wenn es mit rechten Dingen zuginge, der heutigen jungen Generation nichts mehr zu sagen haben dürfen. Dies eine Beispiel soll genügen. Wo die Stimme des In stinktes versagte, da tritt auch der Verstand außerhalb seines Rechtes. Instinkt ist Stimme des Blutes, ist Stimme der Ehre, ist Stimme der völkischen Vergangenheit, ist Stimme des faustischen Schicksals; er ist einem gegeben oder nicht, er kann nicht angelernt oder anerzogen werden; er kann, wenn er als sichere Anlage vor handen ist, nur ausgebildet werden; es bedarf für ihn aber keiner verstandesmäßigen Regeln und Gesetze, da seine Äußerungen nie den Lebensnotwendigkeiten des Volkes entgegeulaufen werden, da er ein Stück der Volksseele selber ist. Nur Jnstinkturteile sind zu verlässig, der Verstand ist lediglich Kontrollinstanz; im Instinkt aber schwingt immer mit das Lebensplasma eines Volkes, das dessen Vergangenheit gestaltete und das auch seine Zukunft gestalten wird; Instinkt haben heißt, feine Sinne haben für die Schwingungen dieses völkischen Lebensplasmas; wo aber diese Sinne vorhanden und immer wachsam sind, da wird jedes Urteil im Einklang mit den Lebensnotwendigkeiten des Volkes stehen. Das gilt für Me Gebiete des Lebens, es gilt auch für das Gebiet der Literaturkritik. Dann fallen jene besonderen Forderungen an sie weg, deren Er füllung erst möglich wäre auf Grund zahlreicher zwangsmäßiger Exerzitien, da die Literaturkritik im national sozialistischen Deutschland eben selbstver- st kindlich nationalsozialistisch sein wird, weil sie unter dem Gesetz aller der tiefen Bindungen steht, die den vom Nationalsozialismus ge forderten und geformten neuen Lebensstil bildenund kennzeichnen. (Wir werden in einer der nächsten Nummern noch einige kürzere Nachträge zu dem hier erörterten Problem bringen; Nach träge, in denen wir uns lediglich noch mit einigen mehr praktischen Fragen zu befassen haben. Die Schriftl.) 945
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