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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.02.1936
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1936-02-01
- Erscheinungsdatum
- 01.02.1936
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- Deutsch
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Nummer 27, 1. Februar 19SS Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel das Buch zunächst ein »wirtschaftliches Ereignis«, sondern der geistig ringende Mensch der Feder steht unbedingt auf dem Ethos des reinen Künstlertums, wenn er nicht von vornherein elendiglich Schiffbruch leiden will im Dienst an der großen Tat schlechthin. Das »wirtschaftliche Ereignis« tritt — meist ganz ohne Zutun des Verfassers — erst ein, wenn das Buch im Schaufenster des Sortimenters liegt. Und mir will scheinen, daß es wohl von Zeit zu Zeit angebracht ist, daß sich auch der Schriftsteller mit dem Verleger und mit dem Buchhändler »kühl und sachlich« über die rein materiellen Gegebenheiten unterhält. Mindestens doch in der Fachpresse. Gerade die Sorge um das volkstümliche Buch macht diese Aussprache und Klarheit notwendig. Herr vr. Buhl begeht in der falschen Beurteilung meines Artikels den alten Fehler, daß er einen Satz, ja eigentlich nur ein Wort aus den Betrachtungen nimmt und dieses nun aus dem Zusammenhang heraus mir vorhält: den Begriff Ware. Wer meine Gedankengänge geschlossen läßt und sie im ganzen wertet, kann unmöglich zu der Ansicht kommen, daß ich das Buch schlechthin nur als ein Objekt in der Hand mehr oder minder geschäftstüchtiger Leute betrachte. Aber muß man als Schriftsteller nicht doch auch die nun einmal notwendigen wirtschaftlichen Belange des Buch- vertriebs mit überdenken, gerade im Bestreben und in der Überzeugung, daß Autor, Verleger, Sortimenter und Käufer eine Schicksalsgemeinschaft darstellen? übrigens ist die Exi stenz unseres Standes keine Frage des Buch te reifes, sondern des Buchabsatzes schlechthin. Nud in dieser Sorge stehen wir mit dem Sorti menter in einer Front. Ich rede dem überteuerten Buche wahrhaftig nicht das Wort, sondern ich habe in meinen Ausführungen über das gute deutsche Buch seit Jahren dafür gekämpft, daß dieses kostbare Gut der Seele möglichst billig an den geistig hungernden Volksgenossen heranzubringen ist. Aber — und hier gehen unsere Ansichten vielleicht auseinander, vr. Buhl — ich bin davon überzeugt, daß ein verkümmernder Verleger- und vor allem Sortimenterstand auch eine Tragödie für den schaffenden Schriftsteller und damit für unser Volk sein müßte. Für diese Auffassung will ich denn in Gottesnamen auch von Ihnen den Vorwurf der »Ware« hin nehmen und tapfer tragen. Unsere Aufgabe im Dritten Reich ist riesengroß. Wir wollen nie und nimmer allein des schnöden Mammons wegen auch nur ein Wort aus der Feder lassen, weil das unseres Standes un würdig ist. Aber wir wollen die wirtschaftliche Not vieler unserer Berufskameraden und vieler Helfer um die Verbreitung des guten Buches dabei doch nicht ganz aus den Augen lassen. Das geistige Schaffen in Deutschland soll nach dem Willen unseres großen Führers wieder emporgetragen werden zu hoher Leistung und ehrlicher Anerkennung. Daß der Ringende dabei seine anständige Lebensbasis finde, ist die Voraussetzung zum Schaffen überhaupt. Aber der Erfolg ist für den wahrhaft seelisch Ringenden nie mals Geld oder Ruhm, sondern einzig und allein die Gewißheit, dem Wiederaufstieg seines Volkes dienen zu dürfen. In diesem Bekenntnis stimmen wir beide, Herr Doktor, gewiß völlig überein. Und so mag unsere Aussprache hier im Börsenblatt für uns und für die Leser nicht ärgerlich und kleinlich gewesen sein. Nur, daß Sie mich für einen Materialisten halten konnten, ärgerte mich. Mein Artikel »Ist der Sortimenter nur Zwischenhändler?« sollte eigentlich das Gegenteil bezeugen. Denn ich unterstrich die hohe kulturelle Mission des wirklichen Buchhändlers so deutlich, daß das unbedingt hätte richtig verstanden werden müssen. In erster Linie doch von Ihnen, der Sie eine so hohe, schöne und ideale Auffassung vom deutschen Buch und seiner Sendung für unser Volk haben. „Von der Reichsschule ins Leben" Der nachstehend abgedruckte Brief ist uns von dem Leiter des Ausschusses für Ausbildung und Gehilfenprüfung Herrn Herbert Hoffmann-Stuttgart zugegangen. D. Schriftl. Dem Fortbildungsleiter kommen manche Zeitdokumente in die Hand, so dieser Brief einer jungen Buchhändlerin, die nach einer Lehre in einem guten Großstadtsortiment die Neichsschule besuchte und ihre erste Stelle — im Auchbuchhandel fand. Ich verzichte hier darauf, wirtschaftliche oder kulturelle Schlüsse aus den geschil derten Umständen zu ziehen. Herbert Hoffmann * Mickeritz, den 12. Dezember 1938. Liebe Tante Gertrud! Nachdem ich unzählige Absagen erhalten hatte — einmal hätte es nach K. in eine prima Buchhandlung geklappt, aber schofelster Gehalt — bekam ich auf meine Anzeige im Börsenblatt nach drei Wochen »och eine nette Anfrage. Ich erkundigte mich zwar beim Fachschaftsleiter — aber er konnte mir keine Antwort geben. Die Firma war nämlich nicht im Adreßbuch. Ich nahm nun an, daß cs sich nm eine Firma handelte, die den Besitzer und Namen ge wechselt hätte und nun eben im alten Adreßbuch noch nicht käme. Da ich dringend wieder eine Stelle wollte und der Anfrager auf meine Gehaltsansprüche einging, mir außerdem selbständige ver antwortliche Leitung seiner Buch- und Zeitschristenhandlung zu- sichertc, ja so nahm ich eben an. Leichtsinnig war es vielleicht, aber ich konnte doch nicht schreiben, c r sollte mir Referenzen über seine Firma angeben! Die Stadt hat 39 MO Einwohner, ist größer als N. und so konnte ich mir eigentlich nichts Schlimmes denken. So fuhr ich mit einem kleinen Herzklopfen hier herauf. 14 Stunden lang war die Fahrt. Ich kam abends an, wurde abgeholt und noblerweise mit Taxi ins Haus vom Chef befördert. Gottlob fing der edle Mann hon im Auto an, mich Uber seine Kunden aufzuklären. Dank dieser Verrichtung ahnte mir so langsam und zart eine Enttäuschung. Nun kamen wir also in den Wohnraum, wo die Frau, Muttchen und »Konräbchen«, der fünfzehnjährige Sprößling, mich herzlich begrüßten und sofort an den gedeckten Tisch führten. Nach dem Essen wurde mir das Geschäft gezeigt. Wenn ich von der langen Reise und dem vielen Geschwätz nicht halb benommen gewesen wäre — ach ich glaube, mir wären Bächlein aus den Augen geströmt vor Entsetzen und Ent täuschung! Zwei kleine Räume, davon einer mit Scherzartikeln, Christ baumschmuck, Spielen und Klosettpapier. Der bessere Raum ent hielt eine unsagbar kulturlose und schunöige Leihbücherei, Photo alben, Schreibwaren in jeder Art und einen Bücherschrank. Der gesamte Buchbestand wird lange nicht so groß sein wie Deine Bücher wand. Es hat auch ordentliche Bücher drunten — aber die Mehrzahl ist mir nur unter dem Sammelbegriff »Schund und Kitsch« bekannt — sie standen durcheinander wie Kraut und Rüben, unge logen. Als Hauptbetrieb wird nämlich ein Zeitschriftenhandel mit unzähligen schauderhaften Romanzeitungen betrieben (Vergiß mein nicht, Tage der Liebe, Nimm mich hin, Ich bin dein usw.). Der gute Mann — er nennt sich zwar auch Buchhändler — hat mir nun auseinanbergesetzt, daß er sich vom Zeitungsverkäuser in nenn Jahren so heraufgearbeitet hätte. Nun hat er den Ehrgeiz, seine Buchhandlung auszubauen und »fachmännisch« leiten zu lassen (denn, das verstünde er eigentlich nicht). Seine zwei Kollegen, richtige Buch händler, machen ihm nämlich Schwierigkeiten und nehmen ihn nicht für voll. Und da soll ich als gelernte und geprüfte Buchhändlerin nun der leuchtende Stern sein! Am ersten Abend, als ich im Bett lag, mußte ich erst lachen, daß ich so hereingefallen war. Ich, die immer weiter lernen wollte und Sie nur in eine gute, d. h. noch erstklassigere Buchhandlung als meine Lehrfirma war, gehen wollte. Ja, mein buchhänülerischer Hochmut hat eine schwere Abfuhr erlitten. Aber dann sagte ich mir, der Buchhändler soll mit dem Buch ins Volk gehen; gerade der ein fache Mann muß beraten werden . . . Die schönen Rede», die ich anläßlich der Buchmoche hörte und las, fielen mir ein. Und so kam ich zu der Überzeugung, daß hier eine heilige Ausgabe auf mich wartete, und in diesem Gefühl schlief ich endlich ein. Es gibt nun aber ein wahres Wort, daß alle Dinge bei Tage und in der Praxis anders sind als in der traumhaften Theorie! Heute ist Donnerstag, seit Sonntag bin ich hier, und nun bin ich nicht mehr weit von der grau-grünen Verzweiflung. Ich merke mehr und mehr, daß ich dieser Aufgabe nicht gewachsen bin; ich bin kein Damm, der sich dieser Flut von schlechtem Geschmack entgegen stemmen kann. In meiner Lage bin ich bloß ein Steinchen, bas die Flut wegreißen muß. Der Chef kann schlechte und gute Bücher gar nicht unterscheiden, und die notwendige Selbständigkeit, um wirklich etwas ausrichten zu können, die bekomme ich auch nicht. Tenn wenn ich nach meinem besten Wissen und Gewissen die Bücher, die 103
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