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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.03.1934
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- 1934-03-22
- Erscheinungsdatum
- 22.03.1934
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x° 69, 22. März 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhanbct. stendammliteraten der letzten anderthalb Jahrzehnte lediglich sich selbst verantwortlich — so ist heute durch den Nationalsozialis mus endlich wieder ein höherer Wert gegeben, dem gegenüber der Dichter die höchste Verantwortung trägt: dieser Wert heißt deut sches Volk. Gewiß, es waren immer Dichter da, die aus dem Wissen ihrer Zugehörigkeit zum deutschen Volk geschrieben haben. Aber man hat sie lange verkannt, hat sie nicht hören wollen. Oder wie wäre sonst ein Wort des Preußischen Kultusministers Rust zu be greifen, das er nach dem Tode Paul Ernsts an die Witwe rich tete: »Das neue Deutschland wird Paul Ernst, einem der tiefsten und reinsten Führer des deutschen Volkes zu sich selbst, geben, was ihm die Vergangenheit versagte«. Wie wären sonst solche Worte des Dichters Werner Beumelburg zu verstehen: »Damals wurden wir von denen, die sich als Pächter des deutschen Schrift tums und der deutschen Dichtung in einem besonderen Sinne be trachteten, mit einem Lächeln des Mitleids über die Schulter angesehen . . . Wir fanden die Erkenntnis, daß Nation und Dich tung ebenso eins sein müssen wie Nation und Staat, wie Nation und Kultur . . . Dichtung wächst auf dem Boden der Nation ge nau so, wie jede andere Lebensäußerung der Nation un denkbar ist ohne das heilige Fundament des Vaterlandes, ohne die tiefe Ergriffenheit vor dem Ablauf des nationalen Schick sals . . . Nun, wir, die wir uns als Dichter und Gestalter heute mit aller Klarheit als Kinder unserer Zeit bekennen, die wir uns ganz bewußt sind, daß wir erst aus dem inneren Zwang des Geschehens heraus zu Kündern und Deutern geworden sind — wir nehmen bereitwillig den Vorwurf auf uns, über dem Kampf um eine neue Lebenshaltung, über dem Kampf um die Erneue rung der Nation das Streben nach den ewigen elysischen Ge filden vernachlässigt zu haben . . . Wenn Dichtersein bedeutet, einer inneren Berufung zwangsmäßig Ausdruck zu verleihen, so können wir nur sagen, daß wir unfern Zwang als unentrinn bar empfinden« (»Dichtung und Nation«). Damit ist dieser, den Maßstab unseres Urteils bedingende Wert gesetzt und ausgesprochen. Aber er wandelt nicht nur unsere Meinung, er beherrscht den Stoff der deutschen Dichtung. Und das ist das Wichtigere bei diesem zweifach Neuen: das Volk ist der Grund, aus dem alle wahre Dichtung wächst, ist das Ziel, zu dem alle wahre Dichtung erzieht. Für den Dichter, der diese letzte Erkenntnis begriffen hat, gibt es nicht mehr die Möglichkeit, sein Werk aus den Spannun gen und Gefühlen seines eigenen Jchs zu erzeugen. Für ihn kommt es nicht mehr darauf an, das Erlebnis des Jchs losgelöst aus dem Rahmen aller völkischen Gemeinschaft in den Mittel punkt der Dichtung zu stellen. Alle Erschütterungen, alle Pro bleme, alle Tragik, die er gestaltet, brechen auf aus der Volks seele, aus dem Bereich des »Wir«. Wie die Masse des Arbeiters — verführt und verblendet — gegen den Staat stand, wie die Masse des Bürgers — satt und egoistisch — nichts vom Staat wußte und wissen wollte, so stan den sie beide notwendig auch abseits vom Verständnis für die, die unter den Dichtern um den deutschen Staat, um die deutsche Nation, um das deutsche Volk rangen. Das ist nicht eine Er kenntnis der letzten Jahre, das ist die bittere Wahrheit, an der schon ein Hölderlin zugrunde gehen mußte, an der ein Friedrich Nietzsche litt, die einen Stefan George in die Einsamkeit und Abgeschlossenheit trieb. Solange das Volk nicht Staat war und der Staat nicht Volk —solange gab es überhaupt kein Volk, auch keine Gemeinde, die den Dichter hätte hören können. Wenn aber der Dichter Gemeinde will, Gefolgschaft, ist er dann nicht Führer im letzten Sinn, Prophet, Verkünder einer ewigen Wahrheit? Wer anders als der Dichter ist dazu berufen, die Gemeinde zu bauen? Wen anders als den Dichter muß das Volk hören als seinen Führer zu sich selbst, zu seinem ureigensten Sinn und seinen Aufgaben? Warum hatte man die wahren Dichter in Deutschland ver gessen? Warum las man ihre Bücher nicht? Warum lachte man über die, die als wahre Dichter sich nur ihrem Volk verantwort lich fühlten, ohne doch von ihm gehört zu werden? Warum? Weil kein Volk da war! Warum aber stehen heute so ganz andere Namen auf den Büchern in den Auslagen unserer Buchhandlungen? Warum hört man sie heute alle: Wiechert und Kolbenheyer, Blunck und Griese, Beumelburg und Schäfer? Warum? Weil das Volk heute zum Bewußtsein seiner selbst gelangt ist, weil es da ist, seine eigenen Künder zu hören, die Sachwalter seines eigenen Wortes und seiner eigenen tiefen Werte! Warum mußte erst der Nationalsozialismus kommen, warum mußte seine Revolution die Seele der Deutschen erst von Grund aus erschüttern, damit diese Dichter gehört wurden? Warum? Weil er das Volk wollte, weil er das Volk geschaffen hat, das Volk als große Gemeinschaft der Deutschen, die wissen, daß sie zu- sammengehörcu! Darum mußte der Nationalsozialismus dem wahren deut schen Dichter im Dritten Reich den Weg bahnen, daß sein Wort wieder gehört wird vom ganzen Volk. Darum muß er den Kün dern und Deutern des deutschen Schicksals seine Hand reichen, weil sie um dieses Volk gerungen haben unter dem Verzicht auf äußere Werte und Prunkvolle Namen und — den Nobelpreis; weil sie von jeher gerungen haben um dieses Volk, ob sie Walther von der Vogelweide oder Stefan George, Ulrich von Hutten oder Hans Grimm heißen. Und was hat das alles mit dem deutschen Menschen zu tun, mit dem Menschen des Dritten Reichs, was hat das mit seinem täglichen Brot zu schaffen? Heute gehören sie Me zusammen: Bauer und Bürger und Arbeiter, heute sind sie alle das eine große Deutschland. Und wie sie früher abseits standen im Kampf oder in mutwilliger Ablehnung, konnten sie das Wort derer nicht hören, die um des Volkes willen ihre Ohren und ihre Herzen suchten. Die Werke der andern aber waren denen, die sich kein Buch kaufen konnten und wollten, wie überflüssiger Luxus, wie die Schlemmergelage der protzenden Volksverderber. Den »Bücher freunden« aber, denen, die die ganze »moderne Literatur« kannten, war das Buch wert wie ein Abend im Kino, wie die Reise des Kleinstädters in eine Großstadt, ein einmaliger Genuß, eine Aus spannung oder —- noch schlimmer — ein Nervenreiz, selten mehr. Gewiß, wie die wahren Dichter da waren, so gab es auch immer die wahre Gemeinde. Aber war es dem Volk zu verden ken, daß es sich vom Buch abwandte, da es sich selbst noch nicht kannte und sein Wesen, seine Seele auch in jener Schreiberei nicht in ihrem letzten Wert gestaltet fand, höchstens in ihrer eigenen Zerrissenheit, in den Kräften, die es niederzwangen und die es selbst schon zur Genüge kannte? Und heute? Wie alle Glieder der einen großen Gemein schaft sind, so gehören auch die Dichter dazu. Wie alle täglich und stündlich aufeinander angewiesen und eingestellt sind — so ist auch das Volk in seiner Gesamtheit angewiesen auf seine Dichter, so sind seine Dichter angewiesen auf die Kräfte der Volks seele, die heute frei von dem verdeckenden Schutt der letzten Jahre aufgebrochen und schöpferisch lebendig sind. Und darum gehört das Buch heute zum täglichen Brot, ist es heute nicht mehr Luxus oder — wie die andern urteilten — wertlos. Denn wie jeder einzelne die Volksseele darstellt in sich selbst, in feinem Glauben, in seinem Fühlen, so hat auch das Buch des volkverbundenen Dichters jedem etwas zu sagen. Nur so wird das deutsche Volk gläubig bleiben an seine eigene Zu kunft, wenn es das Bewußtsein dessen gewinnt, was deutsch ist. Dieses Bewußtsein aber geben die Dichter des deutschen Schick sals, die Gestalter des deutschen Wesens, die Priester der deut schen Seele. Heute führt kein Weg des Deutschen mehr am Buch vorbei, um das Buch herum: wir alle sind das Volk, und vom Volk kündet das neue deutsche Buch. Wir alle leben für das deutsche Volk, nicht nur mit unserm Leib, sondern mit unserer Seele. Das tägliche Brot der Seele aber gibt uns die deutsche Dichtung, die Dichtung der Deutschen, die Dichtung des Deutschen. 263
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