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01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.04.1940
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1940-04-20
- Erscheinungsdatum
- 20.04.1940
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Tertvermittlung durch Schrift, ist ein rein mechanischer Vorgang ge worden. Wiederum ist auch ein neuer Stoff als Träger der literari. schen Inhalte, die das Buch vermittelt, da: das Papier, und man darf sagen, daß mit seiner Hilfe der Buchdruck überhaupt erst möglich ge worden ist, jedenfalls seinem Umfang und seiner raschen Ausbreitung in der Frühzeit nach. Nach jahrhundertelanger Wanderung von China her war das Papier aus dem arabischen Kulturkreis nach dem Abendlande gelangt, wo eS im maurischen Spanien, danach in Italien in der Mitte des I5. Iahrh., zuerst heiyiisch wird. Weit über hundert Jahre mußten vergehen, ehe seine Herstellung von Italien her nach Deutschland ver pflanzt wurde, wo sie fünf Jahrzehnte vor der Erfindung der Buch druckerkunst in Nürnberg in Ulman Stromers ,,Gleismühl" 1590 erstmalig ausgeübt wurde, so daß wir im Gutenberggedenkjahr 1940 zugleich auch das fünfhundcrtfünfzigjährige Bestehen der deutschen Papiermacherei feiern können. Ähnlich wie ein Jahrtausend zuvor die Codexschreiber, stand man nun, beim Aufkommen des gedruckten Buches, vor der Frage, was nun eigentlich aus dem gewaltigen Handschriftenbestand des Mittelalters in den Buchdruck übernommen werden sollte. Wiederum fand ein Prozeß der Auswahl aus einem überkommenen Schrift tum statt, aber der Gesichtswinkel, unter dem diese Auswahl nunmehr vorgenommen wurde, hatte sich wesentlich geändert. War ehedem allein ein vorwiegend religiös-literarisches Interesse der Hauptmaß stab dafür gewesen, welche Vuchrolle zur Abschrift auf Pergament ge wählt werden sollte, so stritten sich beim Buchdruck zwei entgegen gesetzte Interessen. Es war nicht mehr allein die Frage nach dem lite rarischen Werte eines Textes, die im Hinblick auf eine Vervielfälti gung erwogen werden mußte. Ein neues, die Auswahl zwingend be stimmendes Moment kam dazu: wird es sich lohnen, mußte sich der Drucker fragen, werden die unumgänglichen Auslagen, wie sie die neue Art der Buchherstellung erfordert, wieder hereinkommen? Kurz, wird es möglich sein, einige hundert Exemplare eines einmal zum Druck gewählten Werkes auch abzusetzen, zum mindesten die Kosten für Druck und Papier zu decken? Diese materielle Frage, die sich jeder Drucker zunächst vorlegen mußte, war in erster Linie be stimmend für die Auswahl eines Werkes aus dem sich zur Veröffent lichung darbietenden Handschriftenbestand, an dem niemand noch ein Autorenrecht geltend machte oder geltend machen konnte, weil es keines gab. E i n Werk war da, von dem man mit Sicherheit annehmen durfte, daß es die Kosten der Herstellung durch entsprechenden Absatz decken würde: das war die Bibel, dazu einige kleine Schulbücher der Zeit, der Donat und das Doctrinale. So haben denn die ersten Drucker fast alle einmal eine Bibel gedruckt: Gutenberg und Schoeffer, Mentelin und Eggeftein, Zainer, Koberger und andere mehr. Aber beim Bibel- und Schulbücherdruck allein konnte der Buchdruck nicht stehenbleiben. Neben den Werken für den kirchlichen Bedarf galt es auch all' dasjenige Schrifttum der Handschriftenzeit im Buchdruck zu vervielfältigen, das von der damaligen Wissenschaft benötigt wurde. Damit ist in den ersten fünfzig Jahren nach der Er findung der Buchdruckerkunst aus dem vorhandenen Bestand an Hand schriften alles das in den Buchdruck übernommen worden, was da mals als für Forschung und Lehre in kirchlicher und weltlicher Hin sicht wichtig und notwendig erschien, aber eben auch nur das. Dies bedeutet, daß der Buchdruck der Frühzeit in seiner Produktion in keiner Weise original ist und so lange der alte Handschriftenbeftand nicht ausgeschöpft war, kamen Werke lebender Autoren nur zögernd und allmählich zum Druck. Mit dem Aufkommen des in Auflagen von einigen hundert Stücken hergeftellten Buches mußte sich notwendigerweise auch eine gegenüber dem alten Handschriftenhandel neue Vertriebsform der Bücher entwickeln. Dennoch dauerte eS geraume Zeit, ehe ein eigent licher Buchhandel entstand. Zunächst bleibt der Drucker sein eigener Verleger und Buchhändler und trägt damit eine dreifache Last. War das gedruckte Buch der gelehrten Welt und allen, die lesen konnten, auch hochwillkommen, so stand der Mangel an jeglicher buchhändle- rischer Vertriebeorganisation selbst dem Absatz der für unsere Be- griffe noch geringen Auflagen von dreihundert bis fünfhundert Erem- plarcn eines Werkes hemmend im Wege. Zwar war es ein Vorzug, daß als Gelehrtensprache damals allein die lateinische herrschte, so- daß ein in Latein gedrucktes Buch theoretisch in der ganzen damaligen gebildeten Welt Absatz finden konnte; aber der sich in bescheidenen Grenzen haltende Wanderbuchhandel, die ebenso bescheidene Eigen Werbung, die von den Druckern selbst nur spärlich durch Herausgabe von Verlagsverzeichnisscn unternommen wurde und die mangelhaften und unsicheren Verkehröverhältnisse ließen diesen Vorzug sich nicht entsprechend auSwirkcn. Bei allem begeisterten Lob, das der neuen Kunst des Bücher- druckens gespendet wurde, ist nicht zu vergessen, daß die wirtschaft liche Lage der Frübdrucker durchaus keine glänzende gewesen ist. Abgesehen davon, daß ein nicht geringes Kapital erforderlich war, um eine leistungsfähige Druckerei zu errichten, bedurfte eS weiterer Mittel, um als Verleger auftreten zu können, d. h. um den Erfolg des Absatzes der im Druck herauSgcbrachten Werke abwarten zu können, damit die HerftellungS- und Papierkosten gedeckt werden konnten. Ein Blick auf die Schicksale der Buchdrucker in der In kunabelzeit lehrt, daß nur einige wenige durch den Buchdruck zu Reichtum oder wenigstens Wohlstand gelangten; die große Maste der Frühdrucker hat stets schwer zu kämpfen gehabt und nur allzuviele scheiterten überhaupt. Der Buchdruck war zu plötzlich, zu überraschend und in zu großem Umfange bei zu rascher Ausbreitung gekommen; es fehlten zunächst noch durchaus die erforderlichen Käuferschichten, um die sich zum Erwerb darbietenden Büchcrmasten aufzunehmcn. So hören wir denn oftmals bewegliche Klagen der Drucker über man gelnden Absatz und über Schulden an die Papiermacher, von denen sie so wesentlich bei ihrer Arbeit abhingen. Verspätete, zu geringe oder minderwertige Papierlieferungen stellten oft genug einen Buch erfolg in Frage. Dazu kam, daß die Buchdrucker selbst als neuer Stand in der Gesellschaft des ausgehenden Mittelalters - bei den Papicrmachern lag es ähnlich - keinerlei Organisation besaßen wie andere zunftmäßig festgefügte Gewerbe, ferner daß es in ihrem Ge werbe keine Handhabe gab, sich vor dem Nachdruck eines neu heraus gebrachten Werkes zu schützen. In der Frühzeit des Buchdrucks macht sich zwar die schädigende Wirkung des Nachdrucks im allgemeinen noch nicht sehr fühlbar, wenn auch mancher Drucker darunter zu leiden hatte. Der Absatz radius eines in Augsburg oder Basel gedruckten Buches reichte für gewöhnlich nicht bis Köln oder Lübeck, und ein dort ftattfindender Nachdruck fiel nicht allzusehr ins Gewicht. Schlimmer war natürlich der Nachdruck eines Buches am gleichen Orte oder in nächster Nähe. Es kam indessen den alten Druckern nicht in den Sinn, im Nachdruck etwa einen unmoralischen Raub zu erblicken; er war ein Mittel, sich wirtschaftlich zu behaupten wie andere auch. Noch Luther hatte gegen den Nachdruck im allgemeinen nichts einzuwenden, wenn dieser fern von Wittenberg und typographisch einwandfrei erfolgte; er sah im Gegenteil, wie andere Schriftsteller seiner Zeit auch, im Nachdruck ein bequemes Mittel, sein Gedankengut in weitere Kreise zu tragen. Die im 15. Jahrhundert aufblühenden neuen Gewerbe der Papiermacher, Buchdrucker und Holzschneider mußten notwendiger weise die alteingesessenen Gewerbe der Pergamenter, Verulsschreiber und Buchmaler nach und nach vernichten. Pergament wurde in immer geringer werdendem Umfange zum Bücherdruck benutzt; das Bücher- schreiben geht zwar noch eine ganze Weile neben dem Bücherdrucken einher — selbst gedruckte Bücher wurden öfter noch wieder abge- schrieben —, vermag sich aber auf die Dauer als Erwerbsquelle nicht zu behaupten; die zunächst noch übliche Ausstattung des gedruckten Buches mit eingemalten Initialen und Miniaturen hört nach und nach auf, als der Holzschnitt die Möglichkeit bietet, den gesamten Buchschmuck zugleich mit dem Typensatz in das Buch einzudrucken. Tiefgreifende Umschichtungen sozialer Art waren die Folge und es wandte sich so mancher der neuen Kunst des BücherdruckenS zu, der Nr. »2 Sonnabend, den 20. April 1040 6
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