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01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.04.1940
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1940-04-20
- Erscheinungsdatum
- 20.04.1940
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-1940042001
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Was waren das nun für Bücher, die die Buchhändler im 15. Jahrhundert vertrieben? Darüber nur so viel, als zum Ver ständnis zweier so verschiedener Perioden des Buchhandels, wie cS Jnkunabelzeit und Reformation sind, notwendig ist. Man hat fest gestellt, daß der Buchdruck in den ersten zwanzig bis dreißig Jahren die ganze Literatur, die damals lebendig war, d. h. also bereits vor GutenbergS Erfindung handschriftlich verbreitet wurde, erfaßt hat, sodaß die Drucklegung allein schon ein Beweis der „Gängigkeit" eines Werkes ist. Ein Sibyllenbuch, lateinische Schulgrammatiken und Wörterbücher, Ablaßbriefe, Bibeln, Psalterien und Misfalien eröffnen die Reihe der gedruckten Bücher. Umfangreiche, oft mehrere Bände umfassende Werke in Folioformat und lateinischer Sprache sind die Regel, also Werke, deren Anschaffungspreis hoch ist, deren Käuferkrcis vornehmlich aus Geistlichen, Gelehrten, gebildeten Laien besteht und deren Absatzfeld sich über alle Sprachgrenzen hinweg er. streckt. Der aus Italien kommende Humanismus drängte in den acht- ziger Jahren Theologie und Scholastik zurück. An die Stelle der Bücher der Kirchenväter und von „Summen" traten die Klassiker- auegaben der Alten (Cicero!), juristische und philosophische Werke. Dann begann die lebende Generation den Buchdruck für sich in An spruch zu nehmen. Der Humanismus, wie die Scholastik eine im Grunde übernationale geistig-gelehrte Bewegung, hatte in Deutsch land einen stark nationalen Charakter. Neben der geistigen Auf. klärung hat er die Besinnung auf deutsche Eigenart, den Stolz auf unsere Vergangenheit gebracht und so Luthers Wirken, das auf Gesinnung und Tat eingestellt ganz dem Deutschen galt, den Weg II. Der Buchhandel im Zeitalter der Reformation Im 16. Jahrhundert trat das Buch aus der Abgeschlossenheit seines bisherigen Geltungsbereiches heraus. War eö ehemals ein Vor- recht der Gelehrten gewesen, so gehört eö nun, da eö in der Sprache des Volkes redet, allen. Die Blütezeit der lateinischen Folianten ist vorbei. Um die wenige Steiten umfassende, billige, volkstümliche Flugschrift in Quart oder Oktav, um die Werke der Reformatoren und ihre Anhänger reißen sich Drucker, Verleger und Käufer. Die literarische Produktion, die Höhe und die Zahl der Auflagen steigen. Zum erstenmal dringen die Bücher zu Tausenden ins Volk (üblich waren Auslagen von 1000-2000, Luthers Schriften hatten solche von 5000 — 5000). Die Pressen können gar nicht Nachkommen, so rasch sind die Auflagen vergriffen. Z.B. erschien die erste lateinische Gesamtausgabe der Werke Luthers Oktober 1518, die zweite Fe- bruar 1519, die vierte Juli 1520; der „Sermon von Ablaß und Gnade" batte in vierzehn Tagen ganz Deutschland durchlaufen, der ersten Auflage der Bibel (5000 Eremplare) im September 1522 folgte im Dezember des gleichen Jahres die neue Auflage, obwohl der Preis hoch war (^— 1^ Gulden). Diese Situation machten sich die N a ch d r u ck e r zunutze. In Leipzig, Nürnberg, Augsburg, Basel stürzen sie sich auf die Schriften Luthers und seiner Anhänger, kaum daß sie erschienen waren. Sie drucken sie schlecht und recht nach und auch sie schlagen sie spielend los. Anonyme Streitschriften und programmatische Artikel gehen aus Winkcldruckereien hervor. Spekulation und Profitgier dringen in das Gewerbe ein. Fehlerhafte, liederliche Ausgaben, schludriger Druck und minderwertige Ausstattung sind die Zeichen eines Druckgewerbes, das nicht mehr wie einst „Kunst", sondern „Geschäft" ist. „Sie machen hin, rips, raps," beschwert sich Luther, „es gilt Geld, so sie dock (wo sie anders rechte Drucker wären) wohl wissen und erfahren haben sollten, daß kein Fleiß genugsam sein kann solcher Arbeit als die Druckerei ist." lind Johann Eberlin aus Günzburg, der kritische volkstümliche Prediger, klagt 1524: „Wie unbedacht fallen die Drucker auf die Bücher oder Eremplar, ungeacht, ob ein Ding bös oder gut sei — sie nehmen an .. . was vor die Hand kommt und scheinet zuträglich dem Säckel . .. Auch gebrauchen die Drucker bös Papier, böse Littera, haben kein Acht, obS wohl korrigiert sei oder nit, kurz allein wer es verkauft, cs wär gut oder bös, so sind sie zu frieden." Gegen den Nachdruck in bestimmten Grenzen hatte Luther nichts einzuwenden, war er doch der Verbreitung seiner Gedanken förderlich. Aber er erhob Einspruch, wenn der Tert „falsch und schändlich zugc- richl" war und der Nachdruck erschien, bevor die Originalausgabe ab- gesetzt war. Deren Drucker sollte nicht der Verdienst geschmälert wer- den. Den Gipfel dreister Unverfrorenheit erstiegen die Nachdrucker mit dem Diebstahl eines halbfertigen Manuskripts Luthers aus der Wittenberger Druckerei und seiner fehlerhaften Drucklegung in Nürnberg. Dies „Bubenstück" war der Anlaß einer Beschwerde Luthers an den Rat der Stadt Nürnberg; genützt hat sie nichts. Als Luthers Sprache die Schriftsprache des deutschen Volkes wurde, trat eine Verschiebung des Absatzes ein. Je mehr Bücher deutsch erschienen (1480- 1490 waren jährlich durchschnittlich vierzig deutsche Drucke herausgekommen, 1525 erschienen 498!), desto mehr verkleinerte sich das Absatzgebiet im Ausland. Dafür wurden neue Käuferschichten innerhalb der Landesgrenzen erfaßt. Der sich ständig erweiternde nationale Büchermarkt macht den Verlust des außer- deutschen wett. Man spricht nun zwar nicht mehr zur Welt, da für mn so eindringlicher zum eigenen Volk. Die Schule, die durch Luther und vor allem Melanchthon eine volkstümliche Bildungsstätte wird, sorgt dafür, daß die Saat der Drucker und Verleger auf immer besser vorgearbeiteten Boden fällt. So welterrcgende Schriften wie die Lutherschen waren auch im Ausland begehrt. Man vertrieb und las sie heimlich in Italien, man fertigte, wie in Frankreich, Übersetzungen an, man hielt mit dem Ver kauf zurück, um höhere Preise zu erzielen. Froben schickte die von ihm gedruckte erste Ausgabe der Werke Luthers bis Brabant, England und Spanien. 1521 wurden in London, 1527 in Venedig Schriften Luthers und seiner Gesinnungsgenossen öffentlich verbrannt. Da fast alle Drucker und Verleger der neuen Lehre anhingen und mit den Schriften der Reformatoren gute Geschäfte machten, kostete es den Anhängern des Katholizismus unendliche Mühe, für ihre Manuskripte überhaupt einen Drucker zu finden. Hatten sie glück lich einen aufgetrieben, so mußten sie auch noch selber die Druckkoften tragen und scharf aufpassen, daß der Text nicht entstellt durch „irgend, welches schändliches Beiwerk" das Licht der Welt erblickte. Wer von den Druckern der alten Lehre die Treue hielt, geriet unweigerlich in Schulden und war gar gezwungen, wie z. B. Nikolaus Wolrab in Leipzig, ins Lager der Gegenseite hinüberzuschwenken; nur so konnte er den geschäftlichen Zusammenbruch abwenden. Selbst die Weltfirma der Koberger erlitt empfindliche Einbuße, weil sie sich nicht ent schließen konnte, mit Luther und der neuen Zeit zu gehen. Der Absatz schrumpfte zusammen, die wissenschaftlichen Bücher „Verlagen" ihnen „wie andern Druckern mehr" - „aber", fragt Luther 1525, „was können wir dazu?" Hinzu kam, daß seit 1515, dem Todesjahr des größten Kobergerö, dem Geschäft die überlegene lind einheitliche Lei- tung fehlte - so schlief 1526 der Verlag, 1552 der Sortiments handel der Koberger ein: ihre Zeit war vorbei. Mit der Reformation gewannen neue Druckorte an Bedeu- tung; es trat ein gewisser Ausgleich zwischen der Produktion Nord- und Süddeutschlands ein. Das kleine Wittenberg (2500 Einwoh ner) wurde für kurze Zeit der druckerische Mittelpunkt, Magdeburg erwarb sich einen Ruf durch seine Bibeln, Gesangbücher, Flug schriften; Königsberg, Stettin, Frankfurt a. O. rückten in den Ge- sichtskreis des Buchhandels, die Leipziger Messen gewannen an Be deutung. Mit der neuen Literatur entstand auch eine neue Vertriebs weise. Ohne die B u ch f ü h r e r und Hausierer, die das Land förm lich überschwemmten, wären weder die Gedanken Luthers noch die der Bauern und Wiedertäufer, von Aufwieglern und Schwärmern so rasch verbreitet worden. Diese volkstümlichen Händler suchten, ähn. 10 Nr. !12 Sonnabend, den 20. April 1040
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