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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.09.1928
- Strukturtyp
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- 1928-09-20
- Erscheinungsdatum
- 20.09.1928
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- Deutsch
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x° 220, 20. September 1928. Redaktioneller Teil. Bkrseoblatt f. d. DttLu. Buchbanbel. sie dem Verhältnis vom einen zum andern eine frohe und herz liche Note. Dies war der Gemeinschaft dienlicher, als es ein betonter äußerer Rahmen zu sein vermocht hätte. Das Arbeitspensum schloß sich an den sogenannten Tautenburg plan (II 8, Abschnitt 2) an und hatte zugleich die Aufgabe, für dessen Durchführung und Vertiefung weiteres Material zu liefern. Unter Führung von Heiner Lotze (Sachsenburg) bemühte sich die Brtxlegger Arbeitsgemeinschaft um die Gestaltung einer Soziologie unseres Berufes. Die Aufteilung der menschlichen Gesellschaft in ihre einzelnen Klassen, ihre Typisierung und Bewer tung im Hinblick auf unseren Beruf gab außerordentlich interessante Feststellungen und Erkenntnisse. Dieser Betrachtung schloß sich die Erforschung der einzelnen Lebensalter in den verschiedenen Milieus, sowie die Aufdeckung der Überschneidungen und Verschüttungen an, die wiederum reiche Nutzanwendungen für den Beruf erbrachten. Die sichere und zielbewußte Führung Heiner Lotze's gab Gewähr, daß auch der jüngste Teilnehmer zu folgen vermochte und mitzuarbeiten gezwungen war. Für manchen war es zugleich eine ausgezeichnete Schulung im folgerichtigen Denken. Auf die hier grundlegend erkannten Tatsachen bauten die wei teren Arbeitsgemeinschaften auf. Sie wurden auf die aus der ersten gewonnene Typologie angewandt und so ergab sich eine Geschlossenheit der gesamten Themen. vr. Cornelius Bergmann (Jena), die geborene Führer natur auf geistigem Gebiet, suchte mit seiner Arbeitsgemeinschaft »Der deutsche Roman der Gegenwart« den Ursprung und die Zusammen hänge unserer heutigen schönen Literatur aufzudecken und zu erken nen. Der Einfluß der großen ausländischen Dichter ans die deutsche Literatur bei ihrer Umwandlung vor SO Jahren wurde festgestellt und der Verlauf dieses Prozesses sowie die weitere Entwicklung bis auf unsere Tage verfolgt. Diesen historischen Gedankengängen schloß sich eine Typisierung des Romanes an und ihr folgte die Anwendung dieser Sichtung auf die Gesellschaft in ihren verschiedenen Milieus und die einzelnen Lebensalter. Wesentlich war bei diesen Untersuchungen, daß cs sich nicht um eine literarische Wertung der einzelnen Dichter und ihrer Werke handelte, sondern um die Feststellung der Zusam menhänge ganzer Gruppen wie der Eigenart einzelner Werke inner halb dieser. Für die Lektüre der Teilnehmer war diese Arbeitsgemein schaft klärend und richtungweisend. Ganz auf praktische Verufsfragen eingestellt waren die Arbeits gemeinschaften der Herren Ernst Fncge (Augsburg) und Hans Bott (Karlsruhe), die das Thema »Käuferkunde« hatten. An schließend an die Ergebnisse der vorausgegängenen soziologischen Ar beit wurde das geistige Leben der Stadt sowie die Schichtung der Be völkerung nach Beruf und Herkunft untersucht. Diesem folgte der Aufbau eines buchhändlerischen Betriebes im Hinblick auf diese Fest stellungen, wobei Organisation und Werbung eingehende Behandlung erfuhren. So schloß sich der Ring der Arbeitswoche, deren Gang vom Theoretischen zum Praktischen, »vom Problematischen ins Gegenständ liche« geführt hatte. Die Leiter der Arbeitsgemeinschaften werden im nächsten Heft des »Jungbuchhändler-Rundbrtefes« ausführlich über die Ergebnisse der Zusammenkunft berichten. Den Abschluß des Ganzen bildete ein Rundgespräch auf idyllischer Bergwiese, bei dem jeder Teilnehmer seine Eindrücke und Wünsche zum Ausdruck brachte. Das Gespräch ergab den Beweis für die Not wendigkeit der Fortführung und des weiteren Ausbaues der Arbeits gemeinschaften. Vom jüngsten bis zum ältesten Teilnehmer waren ein Arbeitseifer und eine Beteiligung am gemeinsamen Gestalten der Themen sestzustellen, die eine ernste Bewertung der Jnngbuchhändler- Arbeitswochen rechtfertigen und erfordern. Zum Abschied gaben die Leiter den Teilnehmern ihre Gedanken und Anregungen mit, wie die Erkenntnisse der Arbeitswoche weiter auszubauen und im Beruf auszuwertcn sind. Ernst Fuege sprach im Schlußwort vom Arbettsethos und zeigte, wie vom rechten Gesichts punkt aus betrachtet auch die bescheidenste und geringste Tätigkeit Sinn und Wert erhält im Hinblick auf das Ganze. Erfreulich ist die Tatsache, daß der Gedanke dieser Arbeitsgemein schaften seitens der Firmen immer mehr Beachtung und Unterstützung findet. Ein Viertel der Teilnehmer wurde ohne Anrechnung auf den Urlaub und zum Teil mit Unterstützung entsandt. Hoch anzuerkennen ist ferner, daß der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leip zig und der Verein der österreichischen Buch-, Kunst- und Musikalien händler in Wien Zuschüsse für Unkosten und Minderbemittelte spendeten. Es verbleibt noch dem Wunsche Ausdruck zu geben, der aus dem Kreis der Teilnehmer geäußert wurde, daß die Anwesenheit eines unserer bekannten Verleger bzw. Sortimenter der Zusammenkunft einen erhöhten Auftrieb geben möge. Bemüht sich die Leitung weiterhin, alles »Akademische« fernzu halten, so erfüllen diese Arbeitswochen eine Aufgabe, für deren Lösung unter den heutige» Verhältnissen des Wirtschaftslebens in den Be trieben keine Zeit und Möglichkeit vorhanden ist: Die Kenntnisse des Einzelnen zu fundieren und in gemeinsamer Arbeit zu erweitern. * Nachstehend ein Stimmungsbericht: Die Jungbuchhändlertage in Tirol. Ein freundliches Geschick hat mir die Fahrt ins Junta! zur Jungbuchhändler-Arbeitswoche ermöglicht. Neue Eindrücke sonder Zahl stürmte» auf mich ein, Landschaften, Städte, Menschen, die ich zuvor nicht geschaut und gekannt hatte, zogen mich an und bereicher ten mich innerlich. Ein Erlebnis brachte mir die Anreise nach dem Bodensee, als ich in der Zeppelin-Werft vor dem neuen Luftriesen stand. Über wältigend in seinen gigantischen Ausmaßen und Bewunderung for dernd durch die Feinheit seiner Konstruktion erfüllt sein Anblick niit Stolz im Gedanken daran, daß deutscher Geist und deutsche Tatkraft dieses Werk vollbracht haben. Im glasigen Morgendunst gings über den See, der silbern schimmerte und dann in langer Fahrt über den Arlberg und durchs Junta!. Immer mächtiger wurden die Berge und ihre Wucht wollte fast erdrücken. Schwere Unwetter hatten Bäche und Flüsse zu reihenden Bestien gemacht, die gefahrdrohend durch die Täler jagten. Auge und Gemüt vermochten all die neuen Eindrücke kaum zu fassen. Endlich, da die Nacht über die Berge kam, war ich am Ziel und kaum dem Zuge entstiegen, fühlte ich mich »daheim«. Frau Steurer (Linz), unsere stets besorgte Quartiermutter, und Hans Bott, der Vater des Arbeitsprogramines, boten dem Fremdling herzlichen Willkomm und führten ihn in den Kreis, der uns in den kommenden Tagen umschlossen hielt. Wie viel Neues brachte das Zusammenleben in der Gemein schaft mit diesen Menschen gleichen Berufes und gleicher Lebensauf gaben, entstamnicnd einer anderen Landschaft und andern Verhält nissen! Und dann die Prüfung eigenen Wissens und Könnens bei der gemeinsamen Arbeit. Erkenntnis der Zusammenhänge, Be stätigung eigener Erfahrungen und Zielrichtung für die selbständige Weiterarbeit, das ist das praktische Ergebnis dieser Arbeitswoche. Wie schön war es, sich menschlich näherzukommen. — Die Unterhaltungen am Dorfbrunnen in den Arbeitspausen, die kurzen Spaziergänge durchs Dorf zu zweit und die stets wechselnde Tisch gesellschaft brachten viel menschliche Bereicherung. Die Wande rungen an den Achensee und auf das Sonnwendjoch gaben Gelegen heit zu engerer Fühlungnahme mit Gleichgestimmten und manche Freundschaft fürs Leben wurde hier zwischen Reichsdeutschen und Österreichern geschlossen. Und dann die köstlichen Abende im nahen Rattenberg, einem Juwel unter den tiroler Städten voll intimer Reize,-wo der Wein so gut, daß die Geister dionysisch sprühten, sie bleiben mir unvergeßlich. Selbst die Einheimischen nahmen an unserm Leben teil und boten uns einen Tiroler Abend mit Trachtenkapelle, Willkomm, Gesang und Tanz. Ernst Fuege dankte für uns und sprach prächtige Worte von der Zusammengehörigkeit aller Deutschen. Auch von »draußen« gedachte man unserer Zusammenkunft. Börscnverein und österreichischer Landesverband stifteten neben der Rundbriefkasse Beträge zur Durchführung unserer Arbeitswoche, Verleger und Dichter grüßten und sandten Bücher (Hans Heinrich Ehrler — Deutsche Dichtergedächtnisstiftung, Hamburg — Kösel <L Pustet, Kempten, und Rascher L Co., Zürich). Als wir uns zum Schluß-Rundgcspräch auf einer Bergmatte ver sammelten, um unsere Eindrücke und Wünsche zu formulieren, da waren wir längst Glieder einer Familie geworden, erfüllt vom Geiste, dessen Wehen wir bei unserer Arbeit verspürt hatten und ein leiser Schmerz gemahnte daran, daß wir zugleich abschiednehmend die äußere Form unserer Gemeinschaft lösten. Der Weg zurück in den Alltag führte mich über München, wo mir die Kunst Hans von Maröes Eindrücke schenkte, die an die Wurzeln unseres Seins rühren. — Dank denen, die uns in diesen Tagen Führer waren und Dank allen Helfern zum Gelingen der Arbeitswoche! Freudig bekenne ich: Die Tage in Tirol brachten mir in reich stem Maße, was ich von ihnen erhofft hatte, geistige und seelische Erfrischung und große Wissensmehrung. Die Zunknnft aber soll mir für den Beruf noch manche Frucht reifen lassen aus der Weiter arbeit an den Anregungen, die ich mit heimgebracht habe. P. H.-N. 1039
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