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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.03.1928
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1928-03-20
- Erscheinungsdatum
- 20.03.1928
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- Deutsch
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68, 20. März 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s.b.DtlL». Buchbanbel. Und Ihr, die Ihr es nicht tatet? Die Ihr nicht den Weg fandet zum Buch? Was habt Ihr versäumt! Welcher Himmel ward Euch entrissen, und welche Sonne mußtet Ihr entbehren! Gewiß, es gibt auch anderes, was uns erhebt, es gibt noch andere kräftige Heilmittel. Aber wieviele sind es denn? Wenige nur sind es. Eines der stärksten aber ist und bleibt das Buch. Kannst Du des Buches entbehren? Glaube mir, Du kannst es nicht. Nun willst Du es versuchen. Was aber lesen? Fang an mit dem, zu dem Dein Herz Dich zieht. Du liebst Reisen und Abenteuergeschichten, Du liebst Erinnerungsblätter großer Män ner und Frauen, Technik ist Dein Geschmack, Philosophie und Wissenschaft der Deine, Politik, das Schicksal der Armen und Be drückten, Sozialwissenschaft, Romane, Novellen entsprechen Deiner Neigung. Poche nur an, und Dir wird aufgetan. Die Buchhändler hat der Himmel nicht allein zu ihrem eigenen Ver gnügen geschaffen — ich bin einer, ich weiß es —, sie sind für das Deine erschaffen, selbst wenn sie für ihre Bücher Geld haben wollen. Aber für das Geld sollen sie auch raten, sie sollen sich für Dich mühen, wenn Du ihren Beistand forderst. Sie tun es gewiß gerne, wissen sie doch nur allzu gut, daß ihr Berus Pflicht und Amt ist, Dienst am Volksganzen, daß nicht nur die körper liche Ertüchtigung nach solchen Zeitnöten erforderlich ist, sondern auch die geistige. Und nun beginnst Du, Dir Bücher anzuschaffen. Du kommst zum rechten Berater. Dein empfänglicher Sinn wird rege, und Du merkst erst, wie lange Du gefastet hast. Diese Zeit des Ent- behrens ist aber glücklich überwunden, und Buch an Buch, er worben in Wochen, Monaten und Jahren, reiht sich auf dem Bücherbrett. Du kannst Bücher kaufen, denn gute Bücher sind in Deutschland für einige Groschen und wenige Mark zu haben, und mit einemmal merkst Du, das Bücherbrett wird zu eng, es kommt ein zweites, ein drittes — Du zimmerst es am Ende selbst für Deine neuen Lieblinge. Du findest Ciceros Wort bestätigt: Ein Zimmer ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele. Und eines Tages stehst Du vor der Tatsache, Du kaufst Dir einen Bücherschrank. Es hat sich etwas Schreckliches ereignet! Vom Bücherleser bist Du zum Büchersammler geworden mit all seiner Leidenschaft, mit all seiner Liebe zum Gegenstand, seiner Neigung, mit allem Glücksempfinden, mit allen Freuden und Sorgen, die jede Leidenschaft mit sich führt. Und nun genügen Dir schon nicht mehr die einfachen Drucke und Einbände. Du hast Dich unterrichtet, Du unterscheidest die schön geschnittene Type von der gewöhnlichen, Du siehst, hier ist der Satz künstlerisch angeordnet, und dort schuf ihn lieblose Gleichgültigkeit. Du urteilst mit Kenntnis über das Papier, über die Farbe des Druckes — dieses Grau der Druckfarbe sollte schwarz sein, tiefschwarz, damit man klarer lesen kann und seine Freude daran hat —, und hier Prüfst Du den Einband und seine Bearbeitung, und Deine Freunde kommen und sehen staunend Deinen neuen Besitz, ich sage: Deinen Reichtum — denn es i st einer, wenn auch vielleicht nicht zahlenmäßig, und Du erzählst ihnen von Deiner glücklichen Neigung, Deinen behaglichen Stun den, von Deinen inhaltreichen Abenden — und nun bildet Ihr eine Gemeinde, eng verbunden durch dieselben Neigungen, glei chen Wünsche und verwandtes Streben. Und plötzlich fällt Euch eines Tages ein alter Druck ins Auge, ein Buch vor Jahrhunder ten hergestellt, dessen Inneres und Außeres Euch gleich stark fesselt, und nun läßt es Euch nicht mehr los. Ihr müßt es be sitzen, und mehr noch, da ist Ähnliches. Da findet Ihr die erste Ausgabe einer Schrift, die vor hundert Jahren oder vor Hun derten von Jahren die Welt aufgerüttelt hat, und wenn Ihr auch Eure neue Ausgabe liebt, Ihr müßt die alte dazu haben, in der Gestalt, wie sie einst ursprünglich erschien. Da ist ein Buch mit alten Holzschnitten und Kupfern, die das Auge erfreuen, und da findet Ihr anregende Belehrung und Förderung in vergilbten und zu Unrecht vergessenen Schriften. So tut sich eine weite Welt vor Euch auf, die Euren Lebensinhalt erweitert, verschönt und vertieft. Mit einem Hymnus auf das gute Buch möchte ich schließen, den kein Geringerer als Gustav Freytag geschrieben hat, und der da lautet: »Gute Bücher sind die großen Schätze des Menschenge schlechts. Das Beste, was je gedacht und erfunden wurde, be wahren sie aus einem Jahrhundert in das andere; sie verkünden, was einst auf Erden lebendig war. Hier steht, was wohl tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung geschaffen wurde, und daneben, was erst vor wenigen Jahren in die Welt wanderte. Alle Bücher, vom ältesten bis zum jüngsten, stehen in einem geheim nisvollen Zusammenhangs. Denn keiner, der ein Buch ge schrieben, ist durch sich selbst geworden, was er uns ist. Jeder steht auf den Schultern seiner Vorgänger. Alles, was vor ihm geschaffen wurde, hat irgendwie dazu geholfen, ihm Geist und Leben zu bilden; und was er geschaffen, hat irgendwie >andere Menschen gebildet, und wieder aus deren Geist ist es in spätere übergegangen. So bildet der Inhalt aller Bücher ein großes Geisterreich auf Erden. Von den vergangenen Seelen leben und nähren sich Alle, welche jetzt atmen und Neues wirken. Wer längst seinen Leib der Natur zurückgegeben, wird täglich in Tau senden aufs neue lebendig. Der Verkehr mit den großen Geistern der Vergangenheit durch ihre Bücher ist einer der edelsten Ge nüsse. Wir leben mit ihnen wie mit Freunden; wir bewundern und lieben sie, als wenn sie leibhaftig unter uns weilten». Das Publikum empfiehlt die 1VV0 besten Vücher. Grundsätzliches über die Frage der Werbung an alle »Freunde des deutschen Buches». Die überaus freundliche Aufnahme, die jüngsthin hier meine Kataloganzeige in weitesten Kollegen- und Bibliothekarskreisen gefunden hat, läßt mich die Liebenswürdigkeit der Börsenblatt schristleitung noch einmal in Anspruch nehmen. Es geht um das Problem an sich. Ist der Buchhandel überhaupt in der Lage, eine allgemeine, umfassende, auf breitester Grundlage stehende Werbung zu leisten, deren Stoßkraft bis in den letzten Winkel des entferntesten Hauses dringt? Die vorhandenen alten Bücherfreunde bei der Fahne zu halten, ist Sache der Tüchtig keit des einzelnen und nicht Aufgabe einer kostspieligen allge meinen Werbung. Das Zeitalter des Motors schafft neue Lebensgesehe, Hunger und Liebe ziehen heute täglich Millionen Volksgenossen ins Kino und an das Radio, Millionen drängen heute nach Lebensstil und Lebensführung, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint und auch wohl bei den meisten nur im Unterbewußtsein schlummert. Schon die Wandlung der Filmstoffe in den letzten 6 Jahren müßte zu denken geben. Wer sagt uns denn, daß diese Millionen neuzeitlicher Kinobesucher und Radiohörer aus den unteren und mittleren Schichten vor dem Kriege die Buchhand lungen bevölkert und sich uns nur entfremdet haben? Jene Millionen, die vor dem Kriege ihre geistige Nahrung ausschließ lich in der Lektüre ihrer Tageszeitung suchten? Nein, sie waren vor dem Kriege für das Buch nicht da, aber heute sind sie die großen Sammelbecken eines neuzeitlichen Kulturwillens, den zu erkennen und dessen wertvolle Kräfte ^um Buch hinüberzuleiten die große und dankbare neue Werbeaufgabe unseres Berufes bildet. Zu meiner Rundfrage kurz folgendes: Im Bildungstriebe wurzelnd hat der deutsche Mensch zeit seines Lebens eine eigene persönliche Einstellung, man kann ruhig sagen, Liebe zum Buche. Mit der Liebe geht es aber wie mit der Religion, sie redet in tausend Sprachen. Daher die unüberwindlich erscheinenden Schwierigkeiten einer großzügigen allgemeinen oder besonderen, einer zentralen oder lokalen Werbung. Für den Sammelbegriff »Buch» werben und dabei den einzelnen Interessenten treffen, ist in der Tat ein im modernen Wirtschaftsleben einzig dastehen des Problem. Nun sind Rundfragen, wie die von mir gestellte, eine Möglichkeit, an die Einzelpersönlichkeit heranzukommen, wenn ihre Formulierung so allgemein gehalten ist, daß Leser der verschiedensten Bildungsschichten in einer Stadt, vor allem die nicht regelmäßigen Besucher einer Buchhandlung zur Be teiligung angelockt und geführt werden. 311
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