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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.05.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-05-22
- Erscheinungsdatum
- 22.05.1930
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- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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X- 117, 22. Mai 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. Dtschn Buchhandel. Deshalb können irgendwelche Folgerungen aus den Be stimmungen des StrGB. 8 184 über unzüchtige Schristenfür das Schundliteraturgesetz nicht gezogen werden. Das Strafgesetzbuch will Jugendliche und Erwachsene gegen die unzüchtigen Schriften schützen. Es verbietet daher ganz all gemein, sie zu verbreiten oder anzukündigen. Ein Buchgroß- händler, der in seinen Lagerkatalog unzüchtige Schriften auf nehmen würde, würde sich wohl zweifellos eines Vergehens gegen 8 184 StrGB. schuldig machen. Ebenso wäre die Aufnahme solcher Schriften in die 'buchhändlerische Bibliographie nicht zu lässig. Entsprechend wird auch verfahren. Die in die Liste der Schund- und Schmutzschriften aufgenommenen Schriften werden dagegen nach wie vor in die buchhändlerische Bibliographie mit- aufgenommen. Und zwar ist der Gedankengang offenbar der, daß unzüchtige Bücher überhaupt nicht mehr verkauft werden dürfen, daß deshalb auch keine Notwendigkeit besteht, sie in einem für den Buchhandel bestimmten Nachschlagewerk — anders wäre es, wenn es sich um eine wissenschaftliche Bibliographie handeln würde — noch mit aufzuführen, daß dagegen die Schund- und Schmutzschriften nach wie vor an Erwachsene ver kauft werden dürfen und daß daher der Sortimenter auch die Möglichkeit haben muß, sich über Erscheinungsjahr, Erschei nungsort, 'Verleger und Preis zu unterrichten. Das Schundliteraturgesetz hat'den Jugend schutz nur unvollkommen durchgeführt. Auch heute noch können sich die Jugendlichen auch aus erlaubtem Wege Schund- und Schmutzliteratur ohne Schwierigkeit ver schaffen. Diese mangelhafte Durchführung des Jugendschutzge dankens kann aber natürlich zu einer laxen Auslegung des Ge setzes keinen Anlaß geben. Im Gegenteil muß daran festgehalten werden, daß die Bestimmungen nach Möglichkeit so ausgelegt werden, daß sie bestmöglich dem Jugendschutz dienen. Irrig wäre es auch, wenn man annehmen wollte, daß sich die Bestimmungen eines Jugendschutzgesetzes notwendigerweise nur auf Handlungen, die Jugendlichen gegenüber erfolgen, beziehen müßten. Das Gesetz kann vielmehr, und muß das häufig, auch Handlungen, die sich nicht speziell auf Jugendliche beziehen, verbieten, weil sonst der Umgehung des Gesetzes Tor und Tür geöffnet wäre. So wäre es beispielsweise mit einem Jugendschutzgesetz durchaus verträglich, wenn es die Verbreitung von Schund- und Schmutzliteratur ganz allgemein ver bieten würde, nicht nur soweit es sich um die Verbreitung an Jugendliche handelt. Und mehrere Bestimmungen des Schund literaturgesetzes zeigen ja auch in der Tat, 'daß es sich auch gegen Handlungen richtet, ohne Rücksicht darauf, ob sie sich unmittel bar auf Jugendliche beziehen oder nicht. Aus 'der anderen Seite kann man sagen, daß ber Gesetz geber keinen vernünftigen Anlaß hat, Handlungen zu verbieten, durch welche 'die Jugend in keiner Weise gefährdet werden kann. Durch die Ankündigung von Schund- und Schmutzschriften in Zeitungen und in populären Zeitschriften wird die Jugend gefährdet, auch bann, wenn diese Ankündigung keine Anpreisung enthält, wenn sie also nicht auch noch eine Empfehlung -der Schund- oder Schmutzschrift darstellt. Anders schon, wenn es sich um Ankündigungen in Fachzeitschrif ten handelt, für die als Leser so gut wie ausschließlich Er wachsene in Frage kommen. Durch Anzeigen beispielsweise im »Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel« werden Jugend liche gewiß nicht gefährdet. Auch nicht die im Buchhandel beschäftigten Jugendlichen. Auf sie beziehen sich die Jugendschutzbestimmungen des Gesetzes aus tatsächlichen Gründen überhaupt nicht. Es ist nirgends verboten, daß sie im Gewerbebetriebe mit Schund- ober Schmutzliteratur befaßt werden dürfen. Insbesondere ist es kein »unentgeltliches über lassen» von Schund- oder Schmutzschriften im Sinne des 8 1 Abs. 1 Zifs. 3 des Gesetzes, wenn beisvielsweife einem B"ch- händlerlehrling Schund- und Schmutzschriften zum Auspacken oder zum Einpacken, zum Austvagen usw. übergeben werden, sodaß er Gelegenheit hat, sie zu lesen. Unzulässig ist auch die Ankündigung von Schund- oder Schmutzschristen in Kata logen, die für das kaufende Publikum bestimmt sind, und zwar auch dann, wenn die Schund- und Schmutz schriften sich unter Tausenden von anderen Schriften angeführt finden und in keiner Weise -durch den Druck, durch Bemerkungen, durch Zusammenstellung in einer besonderen Rubrik usw. her vorgehoben sind. Dagegen ist es zulässig, baß auch in allgemein zugänglichen Zeitungen und Zeitschriften die Titel von Schund- und Schmutzschriften zusammen gestellt werden, wenn dies nicht in der Absicht geschieht, auf die Bezugsquellen hinzuweisen und die Lektüre -der Bücher zu empfehlen, son dern um beispielsweise ben Mitgliedern von Jugendschutzver einen usw. die Überwachung, die Kontrolle zu ermöglichen, ob die Gewerbetreibenden sich auch an dis Beschränkungen halten, aber auch, wenn die Praxis der Prüfstellen kritisiert werden soll. Hierdurch werden Jugendliche, -die Interesse für Schund- und Schmutzschriften haben, in ganz anderer Weise auf sie auf merksam gemacht, als dies der Fall ist, wenn die Schriften nur in einem allgemeinen Katalog ausgenommen worden sind. Jeden falls, wenn es sich um Veröffentlichungen in Zeitungen handelt, durch welche die Entscheidungen der Prüfstellen kritisiert -wer den. Trotzdem sind solche Veröffentlichungen zulässig, während die Aufnahme der Schriften in für das kaufende Publikum be stimmte allgemeine Kataloge trotz ihres weniger gefährlichen Charakters unter bas -Aniündigungsverbot fällt. Diese Überlegungen zeigen, daß der I irgend schutz- gedanke in dem Gesetz nicht konsequent durch geführt ist. Was man hat nach Möglichkeit erreichen wollen, das ist, zu -verhindern, daß Jugendliche Schund- oder Schmutz schriften lesen. Alle Beschränkungen, denen Schund- und Schmutzschriften unterliegen, zielen dahin. -Soweit eine unmittelbare Gefährdung der Jugend nicht in Fragekommt,wirdmandieBestimmungendes Gesetzes so auszulegen haben, daß die betref fenden Handlungen nicht als verboten zu gel ten haben, auch -wenn man den Wortlaut als solchen anders deuten könnte. 3. Neben dem -Gedanken des Jugendschutzes wird nämlich das Gesetz von -dem Gedanken beherrscht, der Freiheit des Einzelnen, insbesondere auch der Freiheit der Gewerbe treibenden, möglichst -wenig Beschränkungen auf zuerlegen. Es leuchtet -ein, daß beide -Gedanken mitein ander kollidieren. Würde der Gedanke des Jugenbschutzes rein durchgeführt, so müßte er zu dem Ausschluß aller Schund- und Schmutzschriften aus dem Verkehr, ja zu einem Herstellungs- Verbot führen, -würde man andererseits den zweiten Grundge danken des Gesetzes rein durchführen, so dürften irgendwelche Beschränkungen überhaupt nicht eingeführt werden. Durch seine Existenz zeigt das Gesetz, daß in -dem erbitterten Kampf zwischen diesen beiden rechtspolitischen Gedanken ber Gedanke des Jugendschutzes den Sieg davongetragen hat. Es hat der so ziale Gedanke über den liberalen gesiegt. Das -Gesetz ist aber ein Kompromißgesetz. Wenn man -die Entstehungsgeschichte aufmerksam verfolgt hat, so kann man nicht daran zweifeln, daß das Gesetz schließlich nur dadurch zustandegckommen ist, daß weitgehende Rücksicht auf bis liberalen Gegenströmungen genommen worden ist. Wie bei allen Ge setzen-weltanschaulichen Charakters, so muß auch hier bei der Auslegung der Bestimmungen durch Theorie und Praxis in ganz besonders sorgsamer Weise daraus Rücksicht genommen werden, daß es sich um ein Gesetz handelt, das nicht aus einheitlichem Geist heraus geschaffen worden ist, sondern um das Produkt verschiedenartiger, ein ander vielfach entgegengesetzter Strömungen. Bei solchen weltanschaulichen Gesetzen liegt die Gefahr be sonders nahe, daß der das Gesetz Auslegenbe besonders intensiv zustimmend oder ablehnend zu dem gesetzgeberischen Grundge danken Stellung nimmt. Grundgedanke des Gesetzes ist aber, wie gesagt, der Jugend schütz, der in dem Freiheits- gedanken nur seine Schranke findet. Wer den sozialen Gedanken, von dem das Gesetz ausgeht, auch innerlich billigt, wird, wenn er nicht sehr auf der Hut ist, dazu neigen, bei der Auslegung -des Gesetzes den Freiheitsgedanken über Gebühr zu 479
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