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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.06.1930
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- 1930-06-14
- Erscheinungsdatum
- 14.06.1930
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- Deutsch
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135, 14. Juni 1830. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. ringerung der Rentabilität führen, so ist das volkswirtschaftlich gerechtfertigt. In Notzeiten muß eben die Kapitalbildung hinter der Forderung nach Stärkung der Kaufkraft zurücktreten. DaS fehlende Kapital ist vom Auslande hereinzuholen. Die dürftige Lebens haltung der Erwerbslosen muß trotz der augenblicklichen Krise sichergestellt werden. Die Gewerkschaften haben schon vor Monaten ein Notopfer vom Besitz und Vermögen gefordert. Freilich schaffen Steuern keine neue Kaufkraft, aber sie lenken die Kaufkraft an die gefährdetsten Punkte und können daher, planmäßig angewendet, eine Wtrtschaftsbelebung in die Wege letten. Die Regierung hat die Pflicht, planmäßige Konjunkturpolitik zu treiben und insbesondere eine Stärkung des Baumarktes zu erstreben. Hier fei zunächst einmal das Wort unterstrichen, daß »Steuern keine neue Kaufkraft schaffen«. Die Feststellung sollten sich alle, die es angeht, recht genau merken und immer vor Augen halten. Aber auch die Behauptung, -durch die Steuerpolitik in Verbindung mit der sozialpolitischen Steuerverwendung werde eine Umschichtung ber Kaufkraft vorgenommen, -die wirtschafts- belebenb wirke, ist ein offenbarer Irrtum, genau so wie -der andere, daß Lohnsteigerung Kaufkraftsteigerung sei. Das Institut für Konjunkturforschung hat kürzlich dafür die zahlenmäßigen Belege erbracht. Es wies darauf hin, baß selbst in letzter Zeit sich die Durchschnittsverdienste der Arbeiter und Angestellten noch leicht erhöht halben. Nach ben Beitragsleistungen zur Inva lidenversicherung war das Durchschnittseinkommen des einzelnen Arbeiters im 1. Vierteljahr 1930 um 2,8 v. H. größer als im 1. Vierteljahr 1929. Das Durchschnittseinkommen der Angestell ten ist in der gleichen Zeit, wie »die Beitragsleistung zur Ange- stelltenversicherurig erkennen -läßt, um 2,5 v. H. gestiegen. Die Steigerung ist in diesem Jahr gering, rvenn man sie mit -der Entwicklung in ben letzten Jahren vergleicht. Es ist gestiegen vom 1. Vierteljahr 1927 auf bas 1. Vierteljahr 1928 vom 1. Vierteljahr 1928 auf das 1. Vierteljahr 1929 vom 1. Vierteljahr 1929 auf bas 1. Vierteljahr 1930 das durchschnitt liche Arbeiter- einkommen das durchschnitt liche Angestellten einkommen um 13,5 v. H. um 8,6 v. H. nm 6,9 v. H. um 4,2 v. H. um 2,5 v. § um 2,8 v. H. Auch in dem geringen Wachstum -des Durchschnittseinkom mens spiegelt sich -demnach der Konjunkturrückgang deutlich wider (wie ein Blick auf die regionalen Unterschiede, die hier bestehen, zeigt). Wenn das Durchschnittseinkommen bei ben Arbeitern und Angestellten gegenüber bem Vorjahr überhaupt noch ge stiegen ist, so ist dies -darauf zurückzuführen, daß im April unb Mai 1929 in einigen Zweigen der Industrie die Tariflöhne er höht wurden und daß im Laufe des Jahres 1929 auch für bie Landarbeiter teilweise erhöhte Lohntarife zur Anwendung kamen. Ebenso sind bei verschiedenen Gruppen -der Angestellten im Jahr 1929 noch neue Gehaltstarife in Kraft getreten. Seit Mitte 1929 sind allerdings die Tariflöhne der Industriearbeiter so gut wie unverändert geblieben. Im übrigen steigt das Durchschnittsein kommen der Arbeiter und Angestellten von Jahr zu Jahr auch deshalb, rveil mit zunehmender Überalterung der Arbeiter und Angestellten die höheren Tarifgruppen stärker besetzt werden. Gleichwohl hatte bas Konjunktur-Institut demgegenüber vorher erklären müssen: Die wachsende konjunkturelle Arbeitslosigkeit hat das Ein kommen der Arbeiter unb Angestellten in seiner konjunkturellen Bewegung von Monat zu Monat vermindert. Das Einkommens volumen (d. h. der Gesamtbetrag der Arbeitseinkommen) ist gegen wärtig geringer als im Vorjahr. Denn die Momente, die dem Einkommensausfall infolge der Arbeitslosigkeit entgegenwirken — Wachstum der Zahl der Ein kommensbezieher und Erhöhung der Durchschnittsverdienste —, waren nicht stark genug, um einen vollen Ausgleich zu schaffen. Die Größenordnung, um die es sich bei dem gegenwärtigen Rückgang gegenüber dem Vorjahr handelt, verdeutlichen folgende Zahlen: Die Gesamtzahl der Arbeitslosen war größer als im Vor jahr (in 1000): Ende Januar 1930 398 Ende Februar 1930 316 Ende März 1930 557 Ende April 1930 1075 Mitte Mai 1930 rund 1206 In den beiden letzten Monaten dieses Jahres ist also infolge der gestiegenen Arbeitslosigkeit die Zahl der Einkommensbezieher um mehr als 1 Million geringer gewesen als im Jahr 1929. Nun sind freilich seit dem Frühjahr 1929 auch neue Einkommensbezieher der Wirtschaft zugewachsen, sei es, daß Jugendliche ins erwerbs fähige Alter getreten sind, sei es, daß erwachsene Personen, die bisher nicht erwerbstätig waren, nun erwerbstätig geworden sind. Der Zuwachs fällt aber gegenüber dem Ausfall von über 1 Million Einkommensbeziehern, die arbeitslos geworden sind, kaum ins Ge wicht. Hier tut sich der Zusammenhang mit ke-m Arbeitslos! g- keitsproblem auf. Daß zwischen Lohnentwicklung und Ar beitslosigkeit Zusammenhänge -bestehen, wird niemand mehr be streiten können. Lohnsteigerung ist nur dann Kaufkraftsteigerung, wenn sie nicht von Arbeitsl-ofigkeit gefolgt ist. Umgekehrt ist dann aber auch von einem Lohnabbau keine Kaufkraftkürzung zu befurchten, wenn dabei die Arbeitslosigkeit zurückgecht. Nur auf das letztere mithin kommt alles an. Dabei ist besonders die Rück wirkung auf die Kommunalfinanzen zu berücksichtigen. Der »Vorwärts« schrieb neulich dazu: Die letzten Haushaltberatungen aller deutschen Gemeinden wurden ungeheuer schwierig durch die Frage, ob der mühsam ba lancierte Plan nicht wieder durch neue Einbrüche und Erschütte rungen umgeworfen werden würde. Die größte Gefahr drohte, wie im vergangenen Jahr, vom Wohlfahrtsetat. Vorsorglich wurden daher schon dieselben hohen Ausgaben angesetzt, die das schwere Krisenjahr 1929/30 erforderlich gemacht hatte. Trotzdem sind schon jetzt alle Befürchtungen durch die Wirklichkeit übertroffen worden. Ein von Woche zu Woche steigender Zustrom von ausgesteuerten Er werbslosen hat schon zu Beginn des neuen Rechnungsjahres die Gemeinden in eine katastrophale Defizitwirtschaft gedrängt. Im Verlaufe kürzester Zeit ist die Belastung des Wohlfahrtsetats durch die Erwerbslosen zum Zentralproblem der ganzen Gemeindefinanz wirtschaft geworden. Die Sanierung der Neichsanstalt ist nur ein Teilproblem der ge samten Erwerbslosenfürsorge, denn wichtige Risiken werden von der Arbeitslosenversicherung auf andere Stellen abgewälzt. Die Gemeinden haben seinerzeit bei der Einrichtung der Versicherung genügend auf die daraus entstehenden Gefahren hingewiesen. Im Reich dagegen glaubte man an die fast völlige Befreiung der Ge meinden von den Erwerbslosenlasten. Die Kommunen haben Recht behalten. Nur noch das Reichsfinanzressort, das seine Sorgen nicht noch weiter steigern will, verschließt sich dieser Erkenntnis. Neben der Arbeitslosenversicherung und der Krisenfürsoge hat innerhalb der gemeindlichen Wohlfahrtspflege eine völlig neue Or ganisation zur Unterstützung von Erwerbslosen geschaffen werden müssen, sodaß mittlerweile statt einer Einheit der Arbeitslosen fürsorge eine Dreiteilung mit all ihren Mängeln eingetreten ist. Die größte Schwierigkeit liegt in der gegenwärtigen stoßweisen Vermehrung der Wohlfahrtserwerbslosen. Die nachstehenden Zah len über die laufend unterstützten Wohlfahrtserwerbslosen (ein schließlich Fürsorgearbeiter) in den Städten über 25 000 Einwohner zeigen deutlich die sprunghafte und krtsenmäßige Entwicklung. Stichtage Wohlfahrtserwerbslose in den Städten über 25 000 Einwohner 31. Dezember 1929 246 508 31. Januar 1930 271 238 28. Februar 1930 294 762 31. März 1930 314 353 30. April 1930 328 000 Während die Arbeitslosenversicherung wenigstens an den sai sonmäßigen und konjunkturellen Erleichterungen teilnimmt, steigt die Kurve der Wohlfahrtserwerbslosen unablässig. Angesichts die ser Tatsache kommt man zu dem Schluß, daß die Arbeitslosenver sicherung im wesentlichen nur noch die kurzwellige konjunkturelle und saisonmäßige Arbeitslosigkeit trägt, während den Gemeinden die gesamte strukturelle Erwerbslosigkeit, die sich aus internattona len Wirtschaftsverschiebungen ergibt, zur Last fällt. In den letzten Wochen erreicht der gesamte gemeindliche Aufwand für Wohlfahrts erwerbslose einschließlich Fürsorgearbeiter nach den laufenden stati stischen Feststellungen schätzungsweise eine Höhe von rund 270 Mil lionen Mark. Das ist eine Belastung, wie sie bet keiner früheren Regelung der Erwerbslosenfürsorge jemals von den Gemeinden ge tragen werden mußte. Es erwächst für den Gesetzgeber die zwingende Verpflichtung, dieser Entwicklung durch eine anderweitige Lastenregelung in aus- 565
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