e/ne?' wrc/rteFsn uö«^ NXX KLXL «L88L Morath schlagt sich durch üomsn. 6e/ie/tet 6.—, OanLkeinen 7. so Morath verwirklicht einen Traum vornan. 6e/ie/tek 6.S0, OsnLieinen S.LO „Der zweimal siebenhundert Seiten lange Morath-Roman von Max Renö Hesse ist in doppeltem Sinn der Roman eines Deutschen: Nur ein Deutscher kann, wie der Arzt Jakob Mo rath, in einer zugleich so wenig den äußeren Klang und so voll kommen den tiefsten Sinn des Wortes treffenden Bedeutung „Held" eines Romans sein; und nur ein Deutscher kann diesen im letzten Sinn gültigen ROMÜN kiNKS IdkülisteN schrei ben. Das erste, was einem widerfährt, wenn man in diesem Buch zu lesen beginnt, ist, daß man iN kiNkM V0N keinem andern Werk -er deutschen erzählenden Lite ratur der letzten Jahrzehnte auch nur an nähernd erreichten Maß gepackt wird. Das Buch reißt den Leser mit einer unheimlichen Gewalt in seine Welt. Es ist vom ersten Satz an „spannend', ohne auch nur ein einziges der üblichen Merkmale literarischer Spannungstechnik aufzuweisen. Ohne daß man es zunächst näher definieren kann, hat man sogleich das Gefühl, eiNeMgroßeNSchrifl- steller begegnet zu sein, einem Erzähler von magischer Gewalt über das Wort völlig jenseits der Sphäre des Artistischen oder auch im höheren Sinne des auf fallend Form-Mächtigen. Der Bann und das Geheimnis des Er zählers Hesse wird um so stärker, je weiter man in ihn eindringt. Und wenn man das Riesenwerk zu Ende gelesen hat, meldet sich mit dem Bewußtst,» des Außerordentlichen gebieterisch — wieviel Romane vermögen diesen geistigen Zwang auszuüben? — die Forderung des Autors an den Leser, sich Rechenschaft zu geben über das, was er gelesen hat. Er ist umstellt von den Gestalten und Problemen des Romans, die Antwort heischen auf ihre Existenz, die ihn keinen Augenblick im Zweifel lassen, daß sie nah und brennend sind, und die an sein Gewissen klopfen mit der Unerbittlichkeit von unausweichlichen gegenwär tigen und ewigen Mächten. Wäre nichts von diesem Roman zu sagen, als daß er solchen Zwang zur Stellungnahme hervorruft, so wäre damit seine Bedeutung schon hinlänglich gekennzeichnet. * Moraths Weg zur Erkenntnis seiner Sendung ist lang. Selbst noch im zweiten Teil erscheint sie ihm, bei währender fort schreitender Befreiung aus inneren und äußeren Fesseln, als Traum. Hesse nimmt hier eine alte deutsche Er zählertradition auf: der Idealist erscheint als „üräumer". Morath ist nichts anderes als der auf allen lZ Gipfeln der deutschen Literatur wiederkehrende „Erweckte", ein ewiger deutscher Mensch, der in namenloser Viel heit als „der Dumme" durch unser Märchen geht und als Simpliztus und Faust gleich zwei Stämmen aus einer Wurzel Gestalt, Namen und Gleichnis geworden ist. Oie größte deutsche Roman- tradition, die des Entwicklungsromans, ist von Hesse zu einem neuen Höhepunkt geführt worden. * Aber nicht genug damit, daß man den „Morath" ülS eine bisher beispiellose Synthese aus Milieu- und psychologischem, Gesellschafts- und Ent wicklungsroman ansehen kann: W-m schiene» nicht in den Schilderungen des Feldzugs, den Morath als Militär arzt mitmacht, in dem unerhörten Kapitel der von Haidee, für den deutschen Gesandten arrangierten Jagd im zweiten Teil die großartigsten Vorbilder des Abenteurer romans — Josef Eonrad etwa — erreicht? Wer spürte nicht in der Darstellung der Frauen, die als wahre „Engel der Hölle" die Angriffe der Widermächte gegen Morath in die entscheidenden Stadien vortragen, daß dank Hesse» überragender Fähigkeit der Charaklergestaltung dtM deutschen R0MÜU die gleichen Kräfte erschlossen wurden, die den Ruhm -er Menschenschilderung eines Marcel Proust, eines O. H. Lawrence ausmachen? Die Figuren des „Morath" sind mit der souveränen Unparteiig- keit der Natur selbst gestaltet. Morath ist beileibe kein Aszet, und sein Schicksal ist frei von der zuweilen recht billigen Aura des „Entsagenden". Man weiß am Schluß des Buches — ohne daß es ausgesprochen wird —, daß Morath als geistiger Herold einer neuen Gemeinschastsordnung zurückkehren wird, die die alten zerfallenen Gesellschaftsformen ablöst. Das Land, in dem er zuerst als skeptischer Beobachter lebte, erscheint ihm nun jung und weit genug für die großen Erde- und Männerträume — wie Zarathustra geht er in seinen „großen Mittag", als er von der Regierung den Auftrag zur Assanierung der Seuchengebiete annimmt." L. H. Nuppel in der »Kölnischen Leitung« ««TM« »Iiriiv