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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.11.1929
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- 1929-11-19
- Erscheinungsdatum
- 19.11.1929
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Reichtum an Ritualen und Sammlungen von Gebeten. Ein Ge lehrter kann hier Untersuchungen anstellen über alle Riten, die jemals irgendwo bei den Juden üblich gewesen' sind. Hier haben wir die Festgebetc der Katatonischen Gemeinschaft (Saloniki 1527), die täg lichen Gebete der Aragonischen Gemeinschaften, und die Hosha 'anot (Gebete mit dem Refrain »Erlöse uns«, wie in dem Sukkot-Gottes- dienst üblich) der sizilianischen Gemeinden einer späteren Zeit. Eben falls selten ist ein kleines Gebetbuch nach dem römischen Ritus (Fano 1503), von dem ein anderes Exemplar in der Wiener Hofbibliothek zu finden ist. Da ist eine große Sammlung von Gebeten in einem hebräischen Festgebetbuch nach dem Ritus von Aleppo, was sehr wichtig für die Geschichte des jüdischen Rituals ist. Berliner, in dessen Besitz das kleine Buch war, berichtet, daß er es im Dachgeschoß eines Hauses im römischen Ghetto fand, wo es jahrhundertelang unter altem Plunder unbeachtet gelegen haben mag. Wir könnten manche andere merkwürdige Sammlung von Gebeten erwähnen, wollen aber schließen mit einem Blick auf einige Kuriositäten, so eine Haggadah aus Prag (1717), auf rotem Papier gedruckt, und ein spanisches Gebetbuch, in roten Buchstaben auf blauem Papier (Am sterdam 1715). Die meisten dieser Werke sind entzückend zu be trachte«, mit ihren kostbaren Einbänden und Schlössern, selbst für diejenigen, die kein Interesse für die Seltenheit solcher Drucke haben. Die Frankfurter Sammlung der Talmud-Ausgaben ist eine ganz besonders reiche. Sie kann geradezu vollständig genannt werden. Die ersten gedruckten Ausgaben des Talmud, die im Besitze der Bibliothek sind, sind die einzigen ihrer Art, die existieren. Ganz be sonders seltene und kostbare Ausgaben der Bibel fehlen natürlich auch nicht. Es genügt, die erste rabbinische Bibel zu erwähnen, die in der Druckerei von Daniel Bömberg (Venedig 1516/17) aus Perga ment gedruckt ist und ein Exemplar des Buches der Klagelieder mit Kommentar von Joel Jbn Schoaib, 1522 in Saloniki gedruckt. Die Bibliothek umfaßt auch eine ungewöhnlich große Zahl von anonym erschienenen Werken. Wer könnte nur annähernd all die Schätze nennen! Nur einige wenige Bücher, die eine Geschichte ge habt haben, sollen erwähnt werden. Da ist ein Büchlein in jüdisch deutscher Sprache und Schriftzeichen, veröffentlicht von Michel Gott schalk, Frankfurt a. d. O. 1774, das 86 Oktavseiten enthält. Der un bekannte Herausgeber bemerkt in der Vorrede, daß eine neue Aus gabe des kleinen Werkes, das zuerst 1705 erschien, für zehn Jahre unter Androhung des Banns verboten gewesen war. Nun seien mehr als zehn Jahre vergangen, sodaß einer Neuausgabe nichts im Wege stünde. Ein anderes kleines Buch, das einen Streisblick aus die französische Revolution vermittelt, ist eine 1792 in Berlin veröffent lichte schriftliche Abhandlung mit dem Plan, die Lage der Juden zu verbessern. Es hat die Form einer Unterhaltung eines von liberalen Anschauungen durchdrungenen Königs mit seinen Ratgebern. Die Sprecher sind ein Geistlicher als Gegner und ein Feldherr als Ver teidiger der Juden. Ein anderes einzigartiges Buch, aus der napo- leonischen Zeit datierend, hat eine bemerkenswerte Geschichte. Es ist ein kleines Werk von A. Fernando, 1810 in Livorno gedruckt und es befaßt sich mit einem »philosophischen Projekt, das Ansehen und die politisch-moralische Erziehung der Juden zu verbessern«. Fernando war zuerst Lehrer, dann Beamter unter Napoleon, in dem er den großen Erlöser der Menschheit sah. Er hofft, daß zu einer Zeit, wenn der hervorragende Held eine neue bessere Welt machen würde, auch in das Judentum durch entsprechende Reformen neues Leben ein- dringcn müßte. Bald nach Erscheinen dieses Buches, das in seiner Schwärmerei gut gemeint war, zeigten die Juden es beim Präfekten und dem Bischof von Livorno als gefährlich für die Religion an mit der Bitte, daß es von Sachverständigen geprüft und das Erscheinen des zweiten Bandes verhindert werden sollte. Die Prüfung ergab, was die Kläger wünschten, die Oberhäupter der jüdischen Gemeinschaft bemächtigten sich der ganzen Auflage und verbrannten sie. Das ein zige Exemplar, das dem Autodafe entging, war das des Schreibers selbst, in welchem sich Verbesserungen von seiner Hand vorfanden und dieses echte Exemplar befindet sich in der Frankfurter Stadt- - bibliothek als ein einziges im wahrsten Sinne des Wortes. Eine andere Kuriosität, die genannt sein mag, ist ein hebräischer Kalender aus dem Jahre IV der französischen Republik, von Abraham Speier in Metz im Jahre 1796 veröffentlicht. Gleich dem jüdischen Kalender ist die Einteilung nach der Zehnzahl anstatt nach Wochen: an Stelle der Feiertage sind nur die Feste der Republik angegeben. Ebenso überraschend wie die Sammlung an gedruckten Büchern ist der Reichtum an alten Manuskripten in unserer Bibliothek. Ge nannt sind bereits die einmaligen Fragmente aus Aegypten, für die die Bibliothek dem Frankfurter Rabbiner vr. Horovitz zu Dank ver pflichtet ist. Da sind noch andere bemerkenswerte Schätze. Aus der Merzbachcr-Sammlung allein stammen 150 Handschriften, davon zwanzig auf Pergament aus dem 13. und 14. Jahrhundert; einige 1220 von ihnen sind illuminiert. Aufmerksamkeit verdient vor allem ein altes Manuskript der Bibel aus dem Beginn des 13. Jahrhunderts, das mit einer Reihe von schönen, ganzseitigen Bildern verziert ist. Späteren Datums ist ein Manuskript, in dem sich Nachrichten von den Hussitcn-Kriegcn und die »Memoiren von Glückcl von Hameln«, welche zuerst von Kaufmann veröffentlicht wurden und ihren Weg durch die ganze jüdische Welt gemacht haben, finden. Scheffel, Friedrich Alexis: Kriegssahrt in die Balti schen Lande. Verlag C. Brügel L Sohn A.-G. Ausbach 1929. kl. 8° 109 S. mit 4 Bildern u. 1 Karte. Hlwd. Mk. 2.50. Der Verfasser ist Buchhändler. Was er hier in reizvollen, stimmungsreichen und überaus anschaulichen kleinen Skizzen über fein Erleben aus nun schon so fernen Kriegslagen im äußersten Nordosten berichtet, verdient die Beachtung der Berufsgenossen. Man lese etwa den Abschnitt über den »Eismarsch« (S. 41 ff.), und die ganze, beinahe grausige Romantik der Kämpfe in jenen Tagen gegen die rote Flut des Bolschewismus wird lebendig. Zahlreiche andere Stücke lassen sich dem gleichberechtigt zur Seite stellen. Uber den Schilderungen des gewaltigen Ringens an der Westfront werden diese Bilder anderer Art Krieg so leicht vergessen. Damit geschieht ihnen jedoch unbezweiselbares Unrecht. Um so lieber erfüllen mir den Berufsgenossen gegenüber die Pflicht, auf das kleine Büchlein hier empfehlend hinzuwcisen. Wer Sinn für poetische Schilderung, aber auch für die schicksalsschwere Bedeutung der Dinge im Balti kum hat, wird die Skizzen nicht ohne Genuß und nicht ohne Nutzen lesen. gm. Das musikalische Schrifttum. Herausgegeben von vr. Konrad Ameln. Bärenreiter-Verlag, Kassel. Heft 1—3. Einzelpreis RM. —.20. Auch diese Zeitschrift verfolgt den Zweck, dem Musikfreund Nach richt zu geben über die Neuerscheinungen auf dem musikalischen Ge biet, das sowohl hinsichtlich der Musikalien wie der Bücher, Zeit schriften, Jahrbücher usw. hier registriert wird. Aber dies geschieht in anderer Weise und mit anderen Absichten, als dies von mir un längst in Nr. 240 des Börsenblatts von den »Neuen Noten«, der Zeit schrift des Verbandes der Deutschen Musikalienhändler berichtet wor den ist. Während die »Neuen Noten« doch deutlich erkennbar den Charakter einer Werbezeitschrift tragen und das überhaupt Neu erschienene möglichst lückenlos verzeichnen, um ihrem Zweck zu die nen, ist der hier vorliegenden Publikation daran gelegen, durch die A uswahl des Angezeigten an diesem gewisse Wertungen vor- zunehinen, sie ist also eine in bestimmtem Sinne kritische Zeitschrift und sie hat eine Tendenz zu vertreten. Was der Buchverlag schon längst getan hat, dem folgt allmählich auch der Musikverlag, er zeigt immer deutlicher seine Flagge, vertritt Richtungen und Gesinnungen und stellt sich in den Dienst bestimmter, znm Teil weltanschanlicher, oder besser hier gesagt »musikanschaulicher« Bewegungen unserer Zeit. So sind einzelne Verlagsbezcichnungen im deutschen und öster reichischen Musikverlag heute zugleich Programme geworden für die Musikgesinnung bestimmter, oft eng zusammengeschlossencr Kreise, denen die Musik nicht mehr eine Feiertags- und Gescllschastsangele- genheit ist, sondern die die Musik als Notwendigkeit und zum Leben unwegdenkbar gehörig betrachten. Freilich eine ganz bestimmte Art von Musik! Nämlich eben die Musik, die im sozialen Gefühl des M., 17., auch noch des 18. Jahrhunderts wurzelnd, dem neuen, doch wohl aus der musikalischen Jugendbewegung hervorgegangenen und von Männern wie Halm, Jöde u. a., aber auch von einzelnen musik wissenschaftlichen Seminaren angestrebten Ideal einer nicht mehr dem 19. Jahrhundert verpflichteten Musikanschauung entgegenkommt. Dieser Einstellung entspricht also ungefähr das vorliegende, aus wählend wertende Verzeichnis des neuesten mnsikalischen Schrift tums. Insofern ist also die Zeitschrift ein Führer, nnd cs muß gesagt werden, daß es unter den angegebenen Voranssetzunge» ein guter, gerechter und zuverlässiger Führer ist, dem alle gerne und ruhig folgen können, die den Hauptgenuß und die größte Freude an der Musik beim »Mittun« erleben. Das sind die Hausmusiker, die Siuggemeinden, Musikantengilden, sind aber auch vor allen Dingen die Schulen und die, denen, wie der Herausgeber sagt, »Volksbildung gleich gilt mit Volk-Bildung«. Der Bärenreiter-Verlag hat sich und seinen Freunden, aber auch vielen andern Musikfreunden überhaupt, mit der auch bibliographisch gut redigierten Zeitschrift ein Organ geschaffen, das auch bei denen Beifall finden kann, die sich mit der vom Verlag ernst und intensiv vertretenen Musikgesinnung nicht identifizieren können. Dr. W i l h e l M Hitzig.
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