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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.09.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-09-23
- Erscheinungsdatum
- 23.09.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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vörsenbl»tt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 221, 23. September 1914. Hauses liegt, heilt schneller als jener, dem von außen immer wie der die kleinlichen Sorgen seiner Familie und vielleicht auch sei nes Geschäftes zugetragen werden, die sich dann wie eine un ruhige Welle über sein Inneres ergießen. Diese Tatsachen steigern sich erklärlicherweise in Kriegszeiten. Der Soldat, wenigstens der deutsche, ist nicht nur mit dem Leibe, sondern mit voller Seele beim Kampfe; viele erfreuliche Einzel züge bei der Mobilmachung und während des bisherigen Ver laufs des Krieges bestätigen diese Beobachtung. Ist der Soldat nun an das Lazarett gebannt, so bewegt ihn die Nächstliegende Frage, die Frage nach dem Erfolge des Kam pfes, aus dem er eben herausgerissen wurde: was wird aus deiner Truppe, wie steht die Schlacht, wie wird der Krieg über haupt enden? Diese Fragen treten zurück, wenn der Verwundete sich längere Zeit im Lazarett befindet, gegen die: wie geht es den Deinen; kommen sie ohne dich durch; was macht das Geschäft, die Arbeit, wird es Verdienst geben, wenn der Krieg zu Ende ist; — oder gegen die größere: wie komme ich Verstümmelter durch, wie ernähre ich später mich und die Meinen? Der Fragen und Sorgen, die auf den Verwundeten einstür men, sind viele, und vielfach bewegt ist daher auch sein Inneres. Gibt es keine Art der Ablenkung? Körperliche Beschäftigung kommt meist aus erklärlichen Gründen nicht in Frage, Wohl aber die des Geistes. Hier tritt die Lektüre eines guten Buches helfend ein. Das Verliefen in den dargestellten Gegenstand lenkt auf alle Fälle den Sinn ab und bannt ihn in den Geist der Erzählung oder Schilderung; es treten im Geiste fremde Gestalten, fremde Welten auf und neh men den Lesenden so gefangen, daß er seine Umgebung vielfach vergißt: man kennt den Zustand des geistesabwesenden Lesers. Derartige Zustände sind für den Kranken von größtem Wert, weil der Heilungsprozeß dadurch beschleunigt und der Kranke von seinen Leiden abgelenkt wird, diese ganz oder zum größten Teil vergißt. Hat schon der Arzt ein begreifliches Interesse daran, daß der Kranke bald gesundet, um wieviel mehr die Heeresverwaltung im Kriege, für die es gilt, die Patienten bald wieder dienstfähig zu machen oder doch von ihrer Krankheit zu heilen und die Lazarette bald frei zu bekommen für den Nachschub weiterer Patienten! Diese Beweggründe waren es, die den Stellvertre tenden Kaiserlichen Kommissar für freiwillige Krankenpflege be wogen haben, zur Vervollständigung seiner vielfachen Maßnah men auch die Versorgung der Lazarette mit gutem Lesestoff ins Auge zu fassen. Die Arbeit wurde dem Zentral-Komitee vom Roten Kreuz übertragen, und dieses wiederum bildete mit den Vereinen, die in Friedenszeiten ihre Aufgaben in der Hebung oder Bewahrung der sittlichen Kräfte des Volkes sehen, den Gesamtausschutz zur Verteilung von Lesestoff im Felde und in den Lazaretten; auch unser Börsenverein der Deutschen Buchhändler ist in ihm vertreten. Das enge Zusammen- und Nebeneinanderarbeiten dieses Gesamtausschusses mit dem Stell vertretenden Kaiserlichen Kommissar für freiwillige Krankenpflege und dem Roten Kreuz kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß er wie jene seinen Sitz im Reichstagsgebäude in Berlin hat. Es sei hier ausdrücklich bemerkt, daß nach Anweisung des Stellver tretenden Kaiserlichen Kommissars für freiwillige Krankenpflege einzig und allein nur der eben erwähnte Gesamtausschuß die Be rechtigung hat, derartige Bibliotheken durch seine Verteilungs stellen in Lazaretten aufzustellen. Es sind in gleicher Richtung erfreulich viele Kräfte am guten Werke, und es wird recht viel für die angegebenen Zwecke gesammelt. Fraglich ist allerdings, ob die derartig gesammelten Bücher in richtiger Weise zur Benutzung gelangen. Es wird daher immer wieder gebeten, sich an den Gesamtausschutz zur Verteilung von Büchern im Felde und in den Lazaretten zu wenden, der auf Wunsch die nächstgelegene Sammel- oder Verteilungsstelle angibt; auch genießt er Fracht freiheit für Sendungen von und an ihn und sendet auf Wunsch die in Betracht kommenden Freifrachtzettel zu. Der Gesamtausschuß zur Verteilung von Lesestoff im Felde und in den Lazaretten hat die Erfahrungen, die die in ihm ver- 1436 einigten Organisationen während vieler Jahre Friedensarbeit gesammelt haben, sich zunutze gemacht und setzt sie in die Tat um bei der Auswahl der eingegangenen Bücher und bei der Zusam menstellung der Sendungen; besonders von ihm für diese Fälle herausgegebene »Richtlinien« regeln die Einzelheiten dieser Ar beiten. Dem Gesamtausschuß zur Verteilung von Lesestoff im Felde und in den Lazaretten ist ein segensreiches Arbeiten recht von Herzen zu wünschen. Die ersten Anfänge sind erfolgversprechend: in vielen Lazaretten konnten bereits Büchereien eingestellt wer den, auch wurden beispielsweise die Schiffe der Hochseeflotte kürzlich erst durch die entsprechenden Verteilungsstellen mit Bü chereien beschickt. Lesestoff für Lazarette. i. Als ich kürzlich meine Bücher durchmusterte, um die für La zarette geeignete Literatur auszuwählen, sah ich die mir ver traute Bibliothek von einer neuen Seite. Wohl hatte das eine oder andere Buch bei Krankheiten in der Familie die Kunst des Arztes unterstützt, aber noch nie hatte ich die Bücher lediglich auf ihre Verwendbarkeit für Kranke und Verwundete angesehen. Von meinen eigenen Beständen (die ich inzwischen an geeigneter Stelle zur weiteren Beförderung übergeben habe) ging ich sehr bald zu der mir bekannten Gesamtliteratur über und notierte, was ich jedem Lazarett als »geistige Hausapotheke« wünschen möchte. Selbstverständlich handelt es sich bei der Liste, die ich im folgen den gebe, nicht um eine Auswahl nach dem literarischen Wert. Weder Homers Ilias noch Dantes Göttliche Ko mödie ist leicht verdauliche Krankenkost, auch das Buch der Bücher gehört nicht hierher, weil die Bibel zwar ein wunderbarer Trostspender in schweren Leiden ist, aber nicht eine zerstreuende und jedem erwünschte Lektüre. Hier handelt es sich lediglich um Werke, die mir selbst beim Lesen einen großen Ge nuß bereitet haben, um Erzählungen von mäßigem Umfang, die die Phantasie in angenehmer Weise beschäftigen und dadurch für die Genesung von Körper und Seele von unschätzbarem Wert sind. Es sind folgende: Wilhelm Busch: Alles. — O b e rl ä n d e r-Album, 12 Teile. — Fritz Reuter: Alles, besonders »Ut mine Stromtid« (für Kenner des Plattdeutschen besonders zu empfehlen). — Theodor Fontane: Alles, besonders Irrungen, Wirrungen. — Esfi Briest. — Die Poggenpuhls. — Kriegsgefangen (für letz teres ist die Kenntnis der französischen Sprache notwendig). — Mark Twain: Skizzen (Reclam). — Heinrich Seidel: Leberecht Hühnchen. — Julius Stinde: Familie Buchholz. — Herm. Sudermann: Jolanthes Hochzeit. — Rudolf Ba umbach: Truggold. — Paul Lindau: Herr und Frau Bewer. — Vater Adrian. — Salvatore Farina: Korporal Silvester (gute Übersetzung). — Max Kretzer: Meister Timpe. — Peter Rosegger: Erzählungen. — Thomas Manu: Buddenbrooks. — Georg Hermann: Kubinke. — Paul Barsch: Von einem, der auszog. — R o b e rt T h o m a s: Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren. (Grunow.) —Wil helm Hauff: Lichtenstein. Für gebildete Leser: C. F. Meyer: Schuß von der Kanzel und andere Erzäh lungen. — Fr. Th. Bischer: Auch Einer. — Gustav Frey tag: Soll und Haben. — Gottfried Keller: Der grüne Heinrich. Für Studenten: E. I. Groth: Der alte Korpsstudent und andere Geschich ten (Grunow). — Otto Erich Hartleben: Geschichte vom abgerissenen Knopf. — Otto Julius Bierbaum: Stilpe. Zu empfehlen sind Jahrgänge der Zeitschriften von Wester mann und Velhagen L Klasing, dagegen habe ich selbst mit älte ren Jahrgängen der Fliegenden Blätter die Erfahrung gemacht, daß die sehr kurzen Beiträge schnell ermüden und verdrießen, an statt zu erheitern. Mancher literarisch hochgeschätzte Name fehlt in dieser Liste, wie z. B. Gerhart Hauptmann; ich wüßte kein
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