Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-09-27
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1930
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19300927
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193009274
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19300927
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1930
- Monat1930-09
- Tag1930-09-27
- Monat1930-09
- Jahr1930
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
7154 »! 235, 27, September 1980, Künftig erscheinende Bücher, Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. Iminen solchen ^r5oI^ Malier» ^ir selber erwartet! bs?KIM 8>Idi<4. X>st LLIOVVLO OLK I ILKL ist tieute, drei Woelien ^rsckeinen, 5s8t vergriffen. O»8 1/.-ZO. ^2U86nc1 I8t in Vorirereitunß. ^otrclem i8t eine I^nterdrecirung 6er ^u8li65erunA nicilt au8Z68cjrI»886n. k-r^änren 8ie nl8o gleich Ikr I^3^er. (A Oer Dortmunder Oeneralanreißer Dies die vollständige Übersetzung von «üovs's pilzrimsgs«, jenem berühmten Buch, das bisher nur in der stark gekürzten Fassung »Der Liebe Pilgerfahrt« vorlag. Man hat gesagt, daß dieser Roman Sinclairs aus der Reihe seiner anderen Romane heraussällt, weil er ein menschlich-privates Problem in den Vordergrund schiebt. Das ist nicht richtig; wer dieses Buch mit Aufmerksamkeit liest, der findet den wahren Kern bald heraus, nämlich, daß es ein echter, sllr weitest gespannte menschliche Belange kämpfender Sinclair ist, wohl aber von allen seinen Werken das offenste, bekennerischste, typischste, männlichste, überhaupt ist Upton Sinclairs Art zu schreiben eben nur der Kamps des sehr männlichen, daher sehr einfachen und wahren Mannes schlechthin. Eines säst primitiv in seinen Haupteigenschaften klar er faßbaren Menschen, der nicht aus Eitelkeit, Sensationslust, Speku- latioustrieb, Parteisanatismus, sondern aus seinem natürlichen Ge rechtigkeitsgefühl heraus für und um die Menschheit kämpst. Seine Art ist nicht unverwandt mit der eines Jack London oder Traven, wenngleich er weit gebildeter als diese ist, und sich die Sache er schwert, indem er nicht um ein primitives Menschen- oder Tierrecht kämpft, sondern um den Menschen der Gegenwart, des Alltags, Er nimmt die Sache ernster und versucht, sich mit den gegebenen Ver hältnissen herumzuschlagen, während die anderen die Flucht ins Ex trem, in die Phantasie oder das krasse soziale ober romantische Bei spiel unternehmen. So ist er denn nüchterner, aber auch dichteri scher, wie man es nimmt, aus alle Fälle von einer enthusiastischen Universalität dem Menschlichen gegenüber, die Distanz und Enb slammtsein zugleich ist, also genial, in ihrer Spiegelung als dichte risches Produkt. Wie über alle wirklich guten Bücher, ist es säst unmöglich etwas zu sagen, sie sprechen durch sich, und die von Upton Sinclair sind fest stehende Kapitel zur Geschichte der um ihr Heil Kämpsenden. — Hier nun gibt er die Tragödie des Geistesproletariats von heute, darüber hinaus die Tragödie jeden Künstlertums, das sich nicht auslegen kann, und den Fesseln seiner Alltäglichkeit und mehr noch seiner menschlichen Schwäche erliegt. Kulisse nach Kulisse räumt Sinclair von der Bühne, bis er schließlich die Hintergründe allen Geschehens ausdeckt und die hossnungslose Weite des abgebunkelten Bühnen hauses hinter den dunklen Kigllrchen der Tragikomödie ausgähnt. Nicht die Liebe an sich ist es, die Upton Sinclair verdammt, son dern die enge hastende Ehegemeinschast des kleinbürgerlichen Alltags, die den zur Einsamkeit auserwählten Mann mit Fluch und Segen zugleich belastet und hinaufzieht, und schließlich zur drohenden Ge fahr für jeden geistigen Ausstieg wird, wenn die sinanztellen Mög lichkeiten zur Distanz vor dem täglichen Beisammensein und den täglichen Verpflichtungen einer bürgerlichen Ehe schien, Thyrsts, der ehrgeizige, intelligente, schwer mit Minderwertig- keltsgesllhlen belastete Sohn eines Trunkenbolds aus guter ameri kanischer Familie, leidet sehr unter der Enge des herabgekommenen 8cjireilit am 1Y. Toptemlier 1YZO: <I elterlichen Heims. Eigenbrödlerisch und eigenwillig, durchaus nicht immer der Beste, durchläuft er Schule und Universität, wird Dichter, aus Einsamkeit, aus Sehnsucht nach idealeren, besseren und wahreren Verhältnissen als er sie von Hause aus kennt. Letztes, verzwei feltes Mit-Sich-Alleinsein, als Wurzel allen Schöpfertums, alle ge staute Kraft, alle sozialen Triebe, aller Kern, ergießen sich in einem wundervollen Strom nach innen, es entsteht bas Dichterwerk. Thyrsis, enthaltsam und fanatisch in allem, was er durch den Vater früh verachten lernte, verliebt sich in die Jugendgespielin Corydou. Verliebt sich in sie und heiratet; nicht etwa weil er gerade nur sie, nur ihre Körperlichkeit begehrt, sondern weil ihr Verständnis, ihre geistige Gemeinsamkeit anscheinend restlos kongenial ist, und weil ihn, den Unberührten, der Dust des weiblichen Elements schlechthin, nicht ihr besonderer, berauscht. Corydou, der Frau, fehlt cs nicht an instinktivem Gefühl sllr die Gefahr der Lage, für die Einsamkeit an der Seite eines Thyrsis und die Hemmung, die sie selbst zu ihrer beider Fluch bilden wird. Aber sie ziehen doch zueinander und führen eine verrückte, rührende, kleine Ehe, mit viel Idealismus und viel Angst, und eines Tages erliegen sie ihrem Trieb und sind gesesseit. Gefesselt, weil ein Kind, weil eine letzte Gewöhnung und eine letzte Verantwortung voreinander sie immer bindet und immer binden wird. Es kommt der Kamps um das Tägliche, der Kampf mit den Verlegern, mit dem Publikum, der Kamps um die Konzessionen und bas Künstlertum, der Kampf, von dem alle wissen und den endlich Sinclair mit Offenheit einmal enthüllt. Nach der Maske die Fratze, nach der Fratze der Schädel, grinsender Beweis sllr die Vergeblichkeit alles Einmaligen, alles Idealen und Gerechten, Stets steht hinter der Schilderung der gewöhnlichen sozialen Not der weitere Hintergrund menschlich-geistiger Not überhaupt. — Langsam wird Thyrsis zum Sozialisten, nicht eigene Bedürftigkeit, Verbitterung, eigener Vorteil machen ihn dazu, sondern seine unbestechliche Gewissenhaftigkeit dem Dasein gegenüber, aber auch hier gibt es Kämpse und Enttäuschungen, vergeblich erstrebtes Verstehen, vergeblich ersehnte Einsamkeit, Ne benher läuft die mißhandelte Liebe seines ärmlichen Proletarier daseins, und es kommt, wie cs kommen muß; »aber noch während er zu ihr sprach und ihr die Liebe gab, nach der sie sich sehnte, hörte er in sich einen schleppenden Schritt und ein verzweiseltes Stöhnen, So sinkt ein Gefangener in sich zusammen und stöhnt, wenn er entdeckt, baß sein Fluchtversuch ihm nur schwerere Ketten eingebracht hat.» — Thyrsis, der große Dichter, der Einsame, zerbricht an seiner eigenen menschlichen Gebundenheit. Es ist überflüssig, etwas über die Technik zu sagen, mit der dieses bedeutende Werk gestaltet ist, die Selbstverständlichkeit der Dar stellung verbietet Wort und Erklärung, Uber die erstmalige um fassende Schilderung des vergessenen geistigen Proletariats hinaus, ist das Buch die Geschichte des modernen Prometheus überhaupt, wie sie genialer nicht gedacht werden kann.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder