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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.02.1929
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- 1929-02-02
- Erscheinungsdatum
- 02.02.1929
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Nr. 28 (R. 18). Leipzig, Sonnabend den 2. Februar 1929. 88. Jahrgang. RAMiouMer TA Zeitungsschreiber von ehedem. Bon vr. JohannesKleinpaul. Daß ein Brief geschrieben wird, ist nicht stets eine Not wendigkeit, ebenso oft ist es der reine Zufall. Die augenblickliche Gemütsverfassung oder die Verhältnisse, in denen man sich ge rade befindet, oder neue Erfahrungen und Erlebnisse, — mil einem Worte: das Mitteilungsbedürfnis ist der Anlaß. Zufall ist aber auch oft, was alles in einen Brief hinein kommt: wichtiges und unwichtiges, notwendig zu erörterndes und nur einfach »Neues», und daß er dadurch »Zeitung» wird und sein Verfasser »Zeitungsschreiber». Ein Bei spiel dafür. Am 23. Dezember 1594 schrieb ein gewisser Lip- corPius in Berlin seiner »Lieben Frau Mutter» in Leipzig über ein »Gesicht» eines zehnjährigen Spandauer Mädchens. Sein Bruder, der Magister Hermannus Lipcorpius, schickte diesen Brief mit einer kurzen Nachschrift weiter, — irgendwohin; wer weiß, wie er schließlich unter die »Fugger zeitungen» kam. Die ersten Zeitungsschreiber waren so solche aus Gefäl ligkeit. In guten und in bösen Stunden schrieb man Ver wandten und Bekannten Neuigkeiten zu, für die man auch bei ihnen Interesse voraussctzte, um sie aus dem Laufenden zu er halten, ihnen eine Freude zu bereiten; um ihnen einen »Dienst» zu erweisen, für den man dann wohl auch Gegendienste er wartete, seis auch nur in Gestalt von andern Briefen. Auf solcher Gegenseitigkeit beruhte die ganze Gelehrten korrespondenz, teilweise auch die Kaufmanns- und Fürstenkorre spondenz. »Zeitungsschreiben« war nach alledem ein »nobile otkicium», wie heute noch der '»Ansichtspostkartensport», und selbst Schrei ben von Kaisern und Königen wurden »Zeitung» genannt, ohne daß man diesen damit irgendwie zu nahe trat. Einmal sogar das einer fürstlichen Frau! Auf dem Umschläge eines Briefes der Landgräfin Elisabeth von Hessen aus Mel sungen vom 13. August 1537 an den Herzog Georg von Sachsen, ihren Schwiegervater, heißt es: Herzog Johannsen Witwe schreibt Neue Zeitungen. Schon damals wurden aber solche Gefälligkeiten irgendwie abhängiger Leute von ihren »Herren» mehr und mehr inAn - spruch genommen und dadurch tatsächlich eine Pflicht. Standespersonen, die ins Feld oder sonst in die Fremde reisten, wurde von ihren Landesfürsten aufgegeben, ihnen zu berichten, was sie draußen sahen und hörten. Wieder und wieder liest man in Briefen von Höflingen und Kriegs männern, daß sie einer solchen Aufforderung entsprachen. Auch in manchem Dankbriefe an sie ist davon die Rede. Immer wird dann am Schlüsse gebeten, d. h. in aller Höflichkeit befohlen: noch mehr zu senden! Die Folge davon waren regelrechte Korrespondenzen: regelmäßiger Nachrichten dienst. Das Mitteilungsbedürfnis der einzelnen ist bekanntlich sehr verschieden. Manche raffen sich nur schwer dazu auf, einmal einen Brief zu schreiben, andere sind Briefschreiber aus Leiden schaft. So war es immer, lind so gab es zu allen Zeiten Leute, die Korrespondenz — weit verzweigte, nach den verschiedensten Seiten hin — aus reiner Lust und Liebe Pflogen. Die Huma nisten und Reformatoren gehörten zu ihnen, von denen, die uns hier mehr angehcn: der Nürnberger Ratskonsulent vr. Christoph Scheurl und der Erfurter Prediger Jo hann Aurifaber. Auch Herren von Adel. Die Pflugk und die Rantzau waren »Zeitungsschreiber» durch mehrere Generationen, eine bürgerliche Zeitungsschreiberdynastie von Rang: diePincier. Alls diese säumten nicht, die Neuigkeiten, die sie voneinander erfuhren, höheren Ortes zur Kenntnis zu bringen. So korrespondierten sie nicht nur mit ihresgleichen, sondern auch mit Fürsten oder mit Persönlichkeiten, die diesen besonders nahe standen, wodurch letztere, ob sie wollten oder nicht, auch ihrerseits Mittelpunkte von Korrespondenzbeziehungen wurden. Auf solche Art kam schließlich alles, was irgendwie »schriftwürdig» war, an den Hof und, wie wir weiter sehen wer den, von einem Hofe zu einem — vielen — andern. Begreiflicherweise blieben dergleichen Dienste nicht unbe- lohnt. Verdienten Zeitungsschreibern wurden »Ergötzlichkeiten» in Aussicht gestellt und — meist zu Neujahr — »verehrt». Be sonders wichtigen winkten Titel. Sie wurden »Diener von Haus aus», wenn nicht gar »Rat». Und wenn sie schon alles hatten, was sic sich nur wünschen konnten: Verkehr mit Fürsten bedeutete Ansehen und Ehre schon allein, und gelegentliche Neuigkeitsbriefe waren eine gute Gelegenheit, sich immer wieder einmal in an genehme Erinnerung zu bringen. Geschah es wirklich nur aus Gefälligkeit, daß der derzeit berühmte Kriegs- und Staatsmann Lazarus v. Schwendi wohl ausnahmslos allen deutschen Fürsten des ausgehenden 16. Jahrhunderts »Kriegsberichte» von da- und dorther sandte? Er ist vielleicht der Einzige, von dem nirgends gesagt ist, daß er etwas dafür bezog. Nur ein mal, daß ihm daran gelegen war, auch den Kurfürsten August von Sachsen zu bedienen. Im Herbst 1573 bot er ihm durch Vermittelung Jacobs v. Thalbeim ebenfalls seine Zeitungen an, der natürlich mit beiden Händen zugriff, und lieferte ihm dann solche. Zu derselben Zeit schrieb Joachim Camerarius wohl allen protestantischen deut schen Fürsten Neuigkeiten. Der war freilich kurf. sächs. »medicus von Haus aus» und bezog in dieser Eigenschaft ein festes Ge halt. Daß er ein solches auch aus Kassel, Schwerin und Wolfen- büttcl erhielt, ist vielleicht nur nicht mehr ersichtlich. Land graf Wilhelm von Hessen zum wenigsten nahm seine Dienste noch in anderer Weise in Anspruch. Ausnahmslos alle »Zeitungsschreiber», das ist menschlich, hatten eine offene Hand. Auch die höchstgestellten, bestbesoldeten Beamten, deren mancher als »Korrespondent» fürstlicher Herren ebensoviel, ja doppelt und vielfach soviel als von amtswegen bezog. Im Jahre 1612 bestellte Landgraf Moritz von Hessen den Johann Georg Winter in Leivzig zu seinem Korre spondenten unter Ernennung zu seinem Rat mit einem Dienst geld in Höhe von 106 Gulden iäbrllch. Damals gab Winter selbst an, daß er auch schon sächsischer und gräflich mansfcldischer und stolbergischer Rat war. Wenn er auf Grund aller vier Rats titel gleichviel bezog, hatte er ein Einkommen wie der bayerische Kanzler. Und ebensoviel wie dieser bekam im Jahre 1557 — und so Wohl immer — der österreichische Vizekanzler vr. Johann Baptist Weber nebenher vom Kurfürsten von Bayern allein. Allerdings wohl nicht eigentlich als dessen »Korrespondent» 129
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