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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1895
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1895
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- Deutsch
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1274 Nichtamtlicher Teil. 60. 12. März 1805. urtcilern dieser vvn ihnen nicht einmal gelesenen Schriften liest und prüft denn die Romane, die heut zu Tage in Zeitungen und Wochenblättchen erscheinen? Sind diese im Durchschnitt um ein Gramm literarisch schwerwiegender? Sind sie nicbt auch für die Ouartalsreklame mit Locktitcln versehen? Werden sic nicht auch in den letzten Tagen des alten Quartals besonders interessant«, um den geehrten Leser ans Abonne ment des neuen Quartals zu mahnen? Es wird thatsäch- lich ein Unterschied nicht zu machen sein. Neben der literarischen Seite liegt aber noch eine wirt schaftliche. Der Mann, der sich für 10 Pfennig seine Liefe rung ersteht, buchstabiert dieselbe des Abends zu Hause durch, er bleibt daheim, statt im Wirtshaus zu sitzen. Ist die aus der Lektüre empfangene Anregung auch keine besonders tiesc, sic ist doch immerhin vorhanden und erhebt ihn über die All täglichkeit. Noch findet sich kein Zolascher Pessimismus in diesen Schriften. Die Tugend siegt und muß siegen, der schlechte Charakter entgeht nicht seiner irdischen Strafe, und das von Rechts wegen. Dies will der Mann aus dem Volke lesen und darnach richten sich die Verfasser dieser Bücher. Aber dies ist nur der Anfang. Auch in jenen Kreisen regt sich mit der Zeit ein Verständnis für bessere geistige Kost, und es ist eine im Gesamtbereich des Kolportage-Buchhandels konstatierte Thatsach e, daß auch hier ein Fortschritt zuin Bessern sich im großen und ganzen mit absoluter Regelmäßigkeit vollzieht. Derjenige, dein man mit Daheim, Gartenlaube u. s. w. nicht kommen kann, weil »das nichts für ihn ist , der dagegen wohl eine Kriminnlzcitung oder einen Roman aus der Ritterzeit kauft, der greift später doch auch zu den besseren Sachen und ge winnt denselben Geschmack ab. Das ist eine bekannte und reichlich bewiesene Erscheinung; ivic anders sollte sich auch sonst die gewaltige Steigerung der Absatzziffern dieser besseren Erscheinungen in den Händen des Kolportage-Buchhandels erklären? Immerhin aber, mag man über diese Litteratur denken, wie man will, ist der Umsatz in diesem Zweige der Vcrlags- industrie längst von dem Umsatz in Zeitschriften und anderen Lieferungswerken derart zurückgedrängt, daß sie namentlich seit dem Prümienverbot gar nicht mehr des Aufgebots von Entrüstung wert ist, das sich bei jeder öffentlichen Beratung auf ihr Haupt zusanmienzieht. Dies beweist die sorgfältige Zusammenstellung des Frei herrn von Biedermann, die auch im Reichstage gewürdigt worden ist, wonach nur höchstens 5°/g aller Erzeugnisse auf sogenannte Hintertreppenlektüre in Deutschland entfällt. 6. Es blieben noch die Beschränkungen für die Erteilung des Wandergemerbescheines in Z 57a zu 1 und 3, 8 57b zu 4, sowie namentlich die Lokalisie rungsvorschläge, wie sie in § 60 des näheren aus geführt sind, zu erörtern. Betreffs der erstcren Punkte scheint schon in der General debatte das Erforderliche gesagt zu sein, wonach die Neue rungen des Antrages Gröber und Genossen nur unnütze Er schwerungen darstellen, für welche ein Erfordernis bisher nirgend hcrvorgetrcten ist. Was die weiteren Beschränkungen betrifft, so muß man sich sagen, wenn man sich z. B. Leipzig als den Sitz eines Kolportage-Buchhändlers vorstellt und einen Blick auf die po litische Karte Deutschlands wirft, daß dann das Geschäft dieses Mannes in einer Weise belastet würde, daß man in die Zeit vor hundert Jahren zurückversetzt wird, als um Leipzig herum alle 3 bis 4 Meilen ein Schlagbaum stand und der Händler init scharfen Worten und manchem Fluch sich über die Zer rissenheit seines deutschen Vaterlandes aufhiclt. Ein Blick auf die Karte Mittel-Deutschlands genügt wohl allerdings, um zu verhindern, daß durch diese Pforte der Partikularismus und diese alte zerrissene Schcckigkeit ins Deutsche Reich wieder hineinschlüpft. Was für Arbeit, Zeit und Geld würden einem Buch händler verloren gehen, der von Leipzig aus nur zehn Meilen in der Runde wollte Schriften kolportieren lassen; an wieviel königliche, fürstliche und herzögliche Behörden müßte er sich wenden, um für seine Leute in all diesen, vom Zehnmeilen- Radius erfaßten Königreichen, Herzogtümern und Fürsten tümern Hansierscheine zu erlangen; wie gewaltige Kosten müßte er aufwenden, um nur eine Tour von einer Woche also von 7—8 Meilen zu ermögliche!!! Und wenn nun alle diese Behörden auch noch mit dem Ernst und der Gründlichkeit, wie sie den königlichen, herzog lichen wie fürstlichen Behörden in Deutschland eigentümlich sind, die Bedürfnisfragc prüfen und entscheiden sollten, welche Geduld und Ausdauer muß dann unser Mann in Leipzig bewahren, wenn er auf dem Posten aus harren will, den er sich durch redliche zehn-, viel leicht zwanzigjährige Arbeit mühsam aus Nichts geschaffen hat. Wir fürchten, es wird ihm nicht ge lingen; wenn ihn die gewaltigen Kosten nichl schon ruiniert haben, so kriegt ihn die noch gewaltigere Schreiberei unter, ihn und vielleicht einen sehr großen Prozentsatz seiner 4000 bis 5000 Kollegen mit samt den vielfachen Zehntansendcn von ihnen abhängiger Personen. Und warum das alles? Weil unter den 30 000 Nummern, welche der Buchhandel jährlich auf den Markt bringt, ein oder das andere Zeug ist, welches bei dem gebildeten Publikum durch seinen markt schreierischen Titel, durch unsinnige Kapitelüberschriften und dergleichen Anstoß erregt, welches aber in der Menge der Publikationen verschwindet, wie es ans Licht gekommen ist. Wir wünschen und hoffen, daß der Gesetzgeber die Wucht vor Augen hat, welche in der Menge der geleisteten, ehrlichen, schweren Arbeit des Kolportage- Buchhandels liegt, einer Arbeit, welche derselbe ge räuschlos, und ohne für sich besonderes Lob zu heischen, leistet im Sinne der Aufrechterhaltung und Erhöhung des Bildungsgrades unseres Volkes. Wir wünschen und hoffen, daß der Gesetzgeber dem gegenüber erwägen wird, daß ernstliche Uebclstände in unsere»! Gewerbe sich nicht Nachweisen lassen, jedenfalls nicht in einem irgend erheblicheren Maße als in jedem anderen Stande und Gewerbe, daß er hiernach uns und unsere Kollegen und deren Angestellte in ihrer Nahrung erhalten und schützen und die sämtlichen vorstehend angefochtenen Be stimmungen der von uns bekämpften Gesetzentwürfe ablchnen wird, worum wir hiermit ehrerbietigst bitten. Falls aber wider alles Erwarten eine Abände rung der bisherigen Bestimmungen geboten erscheint, so bitten wir dem 8 44 G.-O. (Art. 7) ebenso dein 8 55 (Antrag Gröber und Genossen) die weitere Bestimmung anzufügen: Auf den Vertrieb vvn Druckschriften, anderen Schriften und Bildwerken finden diese Vorschriften keine Anwendung« und in 8 56 Absatz 10 (Antrag Gröber und Genossen) den neuen Zusatz: oder welche in Lieferungen erscheinen« zu streichen. Berlin, im Februar 1895. Lrntral-Vrrrin Deutscher Kolportage-Buchhändler. Der Vorstand: Ernst Schnitze-Berlin, erster Vorsitzender, Wilhelm Müller-Braunschwcig, zweiter Vorsitzender,
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