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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-10-29
- Erscheinungsdatum
- 29.10.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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X: 244, 29. Oktober 1920, Redaktioneller Teil. «ö-senLlatt f. d. Dtjchrr. Buächandel. faßten Büchleins einem Freund oder Verwandten im Ausland fchenken, so bin ich gezwungen, eine beklebte Faktur beizufügen und auf einem Durchschlag derselben unterschriftlich zu bestätigen, daß es ich wirklich um ein Widmungsexemplar handelt, Herr Urban bezeichnete die ganze Valutaordnung als einen fSprung ins Dunkle« und traf damit den Nagel aus den Kops, Ich dabe in jungen Jahren einmal eine Zeitlang in einem Bankhause fnitgearbeitet, uni das Wesen des Geldverkehrs aus der Praxis kennen fu lernen. Ein Prokurist, der dort mit dem Publikum in Berührung fam, wurde vielfach von Leuten, die ein kleines Kapital anzulegen vatten, gefragt, was sie Wohl kaufen sollen. Darauf erwiderte er nets mit der Gegensrage: »Wollen Sie gut schlascn oder gut essen?« Alle Vcrnünstigen wollten gut schlafen und lieber etwas weniger Ein- fragliches, aber dasür Sicheres erwerben. Wir jedoch haben das Gut- fssenwollen vorgezogen und sind dabei hereingesallen. Der Verleger, fim den es sich diesbezüglich mit in erster Linie handelt, ist heute fwlens volens ein Stück Spekulant, Er hat manchmal recht günstige Aussichten und meistens recht große Reinfälle, Dabei ist er — ohne Redensart — darauf angewiesen, aus den ihm noch verbleibenden Auslandvcrkäufcn tatsächlich den größtmöglichen Nutzen zu ziehen, fim wenigstens einen Teil des Defizits zu decken. Also er hält sich forschristsmäßig an die Valutaordnung und fakturiert, sagen wir, 1000 Mark, Seien Sie sicher, 1009 Mark bekommt er wirklich. Die adrigen 2000 Mark muß er als Honorar aus ein Manuskript verbuchen, fn dem ihm sein ausländischer Geschäftsfreund umfänglich auseinander fetzt, warum er beim besten Willen nicht mehr zahlen kann oder grund sätzlich nicht mehr zahlen will. Die Bücher stehen im übrigen <und fwar in Argentinien, Brasilien oder sonstwo aus der Erde) zu seiner Verfügung, und wenn er sie abholen lassen will, werden sie gern mit- »egeben werden. Sie lachen, verehrte Anwesende, aber die Sache hat einen sehr frnsten Hintergrund, Derjenige, der wirklich bestellte, sagt sich:»Auch fei 1000 Mark verdient der Verleger noch an mir. Bliebe meine Be- fellung aus, so hätte er einen Nachteil, Warum also soll ich noch foOO Mark Strafe zahlen?« Diese Logik ist in gewissem Sinne ein- feitig, nicht übermäßig entgegenkommend, aber erst recht nicht falsch, Also entweder verzichtet der Verleger aus die 2000 Mark, begnügt fch mit 1000 Mark (wiewohl er der Außenhandclsnebenstelle Abgabe für 3000 Mark zu entrichten hatte und nichts zurückerstattet bekommt), fder er verfeindet sich mit seinen Auslandkunden und verliert alte, richtige Beziehungen, Es ist mir, darf ich gestehen, in einigen wenigen Fällen gelungen, überzeugend zu wirken und teilweise Nachzahlung zu erhalten. Aber für gewöhnlich ist man ohnmächtig fnd zur Nachgiebigkeit verdammt. Ich frage die anwesenden Herren fom Exportbuchhandcl, ob sie andere Erfahrungen machten? Verehrte Anwesende! Wenn Ihnen heute jemand vorschriebe: kie dürfen Kochbücher nur an Damen verkaufen, Bilderbücher nur fn Jungen, Märchen nur an Mädchen, Jagdbücher nur an Herren fwischen dreißig und vierzig, so würden Sie den Gesetzgeber zur Türe finauswersen. Und wenn jemand dem Verleger diktierte: du daisst ficht mehr als 10 Prozent Rabatt geben, oder du mußt mindestens fO Prozent Nachlaß gewähren, so wäre die Wirkung vermutlich eine fhnlich gewaltsame. Hier aber ist die Frage des Rabatts zwar nicht fcstreist, im übrigen jedoch haarklein und weitgehend vorgeschriebe« Pas gefordert werden muß. Die Freiheit des Handels und des Handelns ist ausgehoben. Und dann denken Sie an die seligen 6 Pro- fent, die sogar nach Wien berechnet werden mußten — nach Wien, f>o heute jede Straßenbahnsahrt 3 Kronen und ein Liter Kindcrmilch f4 Kronen kostet. Aber ich will nicht ungerecht sein: Es war dem fcutschen Verlagsbuchhandel frcigelassen oder nahegelegt, die sogen, Aozialabgabe auf seine Kappe zu nehmen — als einen ganz be- fcheidenen Ausgleich für die riesigen Valutagcwinne, die ihm aus fcsser gestellten Staaten Tag und Nacht iu den Schoß fliegen, ! Im Kriege trug die gesamte Armee eine gleichmäßige Uniform, flber dieses Uniformieren aus den Friedenszustand und aus fein geistiges Gebiet übertragen zu wollen, ist eine gefähr- «che Sache, Nur der Verleger allein kann, meine ich, entscheiden« fne er die einzelnen Bücher ins Inland oder Ausland abgeben will, Dandelt es sich um Bestände, die äußerst knapp werden und nicht er- fänzt werden können? Ist ein mittlerer Vorrat vorhanden? Oder fegt eine Auslage wie Blei, so daß jeder nennenswerte Auftrag er vsend wirkt? Das ist ein Teil der Fragen, nur ein Teil, wohlgemerkt, den sich der betressende Verlag jeweils vorlegen müßte, um danach seine Preisstellung und Bezugsbedingungen einzurichten. Aber das Denken ist ihm ja abgenommen, und es hat Tage gegeben, an denen er auch »Ladenhüter« nur hätte liefern dürsen, wenn er 720 Prozent Zuschlag hinzugerechnet hätte. Wie wäre es beispielsweise gewesen, wenn nach dem Ausland einfach der Rabatt aufgehoben worden wäre, d, h. die ausländischen Buchhändler hätten zum selben Preis bezogen wie der einheimische Private? Das hätte einen beträchtlichen Mehrerlös gezeitigt, und doch wäre die Ver teuerung für den Auslandbuchhandel nicht so groß ausgefallen, daß sich eine übermäßige Zurückhaltung oder gar ein Hintenherumbezug gelohnt hätte. Es wäre alsdann der Schieber nicht auf seine Rech nung gekommen und vom gesunden Körper des Buchhandels ab- gesallen. An das Publikum in den betreffenden Ländern hätte zum hiesigen Ladenpreis mit, sagen wir 50 Prozent oder auch 7b Prozent Zuschlag (der Satz wäre mit den ausländischen Hauptvereinen fcst- zulegen gewesen) geliefert werden müssen. Eine solche Lösung z, B, würde niemand als Wucher oder dergleichen haben bezeichnen können. Sie als Minimum anzuerkennen, hätte auch ich meinerseits Wohl schwerlich Bedenken gehabt. Darüber hinaus aber wäre es unbedingt in das Ermessen des einzelnen zu stellen gewesen, welche Verteuerung er für zweckmäßig und begründet hält, x Unter den für die Einführung der Valutaordnung genannten Ursachen befand sich ferner ein Hinweis, man befürchte, daß der Auslandsortimenter auf jeden Fall von seinen Abnehmern einen dem Weltmarktpreis entsprechenden Kaufpreis verlangen werde, selbst wenn er ein Buch aus Deutschland für eine Kleinigkeit bezogen habe. Ich zweisle daran, daß diese Befürchtung sich allenthalben in die Wirk lichkeit umgesetzt haben würde. Zunächst muß in diesem Zusammenhang mit dem Schlagwort »Weltmarktpreis« gründlich aufgeräumt werden. Ich will es gelten lassen, wenn Sie mir die Streichung des einen »t« zugestehen. Einen Weltmarkpreis kann ein deutsches Buch haben, einen Weltmarkt preis nie und nimmer. Er muß erst künstlich erdacht und konstruiert werden. Ein Weltmarktpreis ließe sich allenfalls für das zum Druck erworbene Papier errechnen — solange es unbedruckt ist. Denn im unbedruckten Zustande kann es dem englischen oder griechischen, dem norwegischen wie dem südamerikanischen Drucker gleich verwendbar erscheinen. Sobald jedoch der Drucker seines Amtes gewaltet hat, ist mit der Ware eine große Veränderung vor sich gegangen, mitunter muß erst die Zukunft lehren, ob eine Weltsteigerung oder eine Ent wertung cintrat. Jedenfalls ging der ausgesprochene Charakter der Nur-Handels-Ware verloren, Denken Sie an die vorhin angeführten Worte eines Mexiko-Deutschen, Das Buch, um das es sich in unseren Betrachtungen vornehmlich dreht, soll ein Vermittler geistiger Güter, veredelnder Unterhaltung, gediegener Wissensbereicherung, an regender Zerstreuung sein. Zu den materiellen Gesichtspunkten haben ideelle zu treten. Ich schätze einen großzügigen Heringshandel durch- aus hoch ein und bin weit davon entsernt, überhebend darauf herab zublicken, Aber ich möchte den Buchhandel nicht damit verwechselt sehen. Wer ein ausschließlich rechnerisches Genie in sich entdeckt, mag sich im Banksach Umsehen oder bei einem Großkaufmann Beteiligung und Betätigung suchen. Alsbald wird sür ihn die Börse mit Fug und Recht in den Vordergrund treten. Aber zu einer Bücherbörse in diesem Sinne sollten wir es, denke ich, nicht kommen lassen. Es wäre eine schlechte Auslegung des Namens unseres Börsenvereins, Mißverstehen Sie mich nicht, bitte, und halten Sie mich für keinen weltfremden Schwärmer, Selbstverständlich muß auch jeder Angehörige des Buchhandels seine Exempel ausrechnen, und Rcchen- exempel sind immer etwas Nüchternes, Wenn weite Kreise unseres Volkes fanden, daß vor dem Kriege die handwerkmäßige, körperliche Arbeit unterwertet wurde, so ist eine Umkehrung ins Gegenteil gewiß das schlechteste Heilmittel, Wir müssen die gegenwärtige Übergangs krise so rasch und systematisch wie möglich zu überwinden suchen, auf daß wir nicht ständig säst ausschließlich sür Setzer, Buchbinder und Markthclfer arbeiten. Der zu errechnende Ladenpreis soll ihnen ihr gebührend Teil sichern, aber auch uns selbst und unseren Autoren ein angemessenes Auskommen gewähren. Nicht aber wollen wir unsere Abnehmer mustern und aus ihrer Lebensstellung oder ihrem Wohnsitz folgern, ob sie Wohl auch 10 Mark mehr zu geben bereit sind. Der feste, einheitliche Ladenpreis muß als Grundpfeiler betrachtet 1309
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