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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1926
- Strukturtyp
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- 1926-05-15
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1926
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- Deutsch
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IN, IS, Mai 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. dem alten Homer nicht unbekannt gewesene Erscheinung: »der neuste Gesang erhält vor alle» Gesängen Immer das lauteste Lob der aufmerksamen Versammlung«? Man darf sich nicht verhehlen, daß das Buch des 20. Jahrhunderts mit ihm verwandten Kultur mitteln in einem Wettbewerbe steht, in dem es nicht überall den Vorrang hat. Aber was ihm Film und Rundfunk und Sprech maschine einstweilen entzogen haben, sind doch nur vereinzelte Werte, deren Träger die Bücher nur aushilfsweise gewesen sind: Berichterstattung über Tagesereignisse, Bühnenaufführungen usw. Wenn Film und Rundfunk dem Bild- und Buchdruck gefährlich sein würden, müßten ihnen doch zuallererst die illustrierten Jour nale und Magazine, müßte ihnen das Zeitungswesen unterliegen, dessen Erben sie sein würden. Zu alledem steht das Buch in einem Gegensatz, cs ist oder sollte sein ein Vermittler geistiger und ge mütlicher Sammlung, künstlerischer, wissenschaftlicher Zusammen fassung. Leider hat sich solche wesentlich« und wichtige Stellung des Buches im »Betriebe« unseres Gegenwartslcbcns, das an Zer rissenheit nichts mehr zu wünschen übrig läßt, immer mehr ver schoben. Und man Pflegt im Buchhandel, dem freilich seine Ner vosität nicht zu verdenken ist, viel weniger das Buch als die »Novität«. Diese Überhast, immer bloß das Allerneueste gelten lassen zu wollen, teilt sich vom Buchhändler dem Bücherkäufer mit, und dieser wird so dahin gedrängt, wo er das Allerneueste fin det, das nicht im Buche steht. Da sollte der Buchhändler wehren und die Unruhigen in die Gebiete der Literatur zurücksühren. Das große, von Oskar Walzel (Ak. Ber l.-G es. Athenaion, Wildpark-Potsdam) herausgcgebene Handbuch der Literaturwissenschaft (von dem schon einige vortreff liche Bände fertig vorliegen) eröffnet einen Rundblick auf die Schrifltumsgebiete der Vergangenheit, die mit ihren Evolutionen und Revolutionen wirklich die großen Menschheitssragen zeigen, die aus den aktuellen Banalitäten irgendeines Ncuigkeitendienstes nicht mehr herauszuhören sind. Abkehrung vom Leben braucht die Rückkehr zur »Literaturgeschichte« und zum Buche ganz und gar nicht zu sein. Die Beschäftigung auch mit den Büchern der Ver gangenheit hat schon darin etwas Nützliches, daß sie alte und neue Zeitfragen zwangsläufig vergleichen läßt, die sich häufig in ihrem Sinn und in ihren Zielen nicht verändert haben. Hier muß der Buchhändler Bücher und Leser immer von neuem zusammcn- sührcn, indem er immer wieder die alten Antworten auf neue Fragen zeigt, — sich vielleicht ein Schaufenster einrichtet: die Pro bleme des Tages, in dem dann aber nicht die aus Gemeinplätzen und Schlagwortstraßen zusammengcstückelten allerletzten Broschü ren irgendeiner politischen Tagesgröße zu sehen sein sollen, son dern solche älteren und neueren Werke, die es in der Tat mit diesen Problemen zu tun haben. Man muß hier nur nicht allzu eng das Thema, das die Auslage überschreibt, mit Titelworten verbinden, da gerade in den Vertiefungen und Weiten ebenso die Kulturtendenz wie der moderne Reiz einer solchen Ausstellung liegt, die fesselt, indem sie überraschend wirkt. Ähnliches ist in amerikanischen Bibliotheken schon lange üblich, wo an aus diesem oder jenem Grunde ausgelegten Bänden beschriftete Zettel auf den Buchinhalt und auf die Sonderfragen verweisen, mit denen das Buch gerade in einen Zusammenhang gebracht wird. Zum Bei spiel die »deutschen Fragen« stehen gegenwärtig in ihren ver schiedenartigsten politischen Wendungen, die jedermann aus den Zeitungen kennt. Sie geben Themata, die ein Buchhändlerschau- fcnster uns paraphrasicren müßte. Anschlußfrage, Auslands- dcutschtum usw., das alles sind eng mit ethnologischen, linguisti schen, historischen Problemen verwurzelte Fragen. Diese in ihrem Komplexe zu verdeutlichen, wähle man die Bücherreihen. In ihnen könnte ebenso stehen die grundlegende »Politische Geo graphie» von Friedrich Ratzel (in 3. Auslage heraus gegeben von E. Oberhummer. München, R. Ol den- bourg, I92S), wie das ebenfalls grundlegende Werk von A. Haupt, Die älteste Kunst, insbesondere die Baukunst der Germanen von der Völker wan de rungbiszuKarldem Großen (2. Auslage, Ernst Wasmuth, Berlin, 1923), wie der dritte und Schlußband der von G. Busch an herausgegebenen Illu strierten Völkerkunde, der besten, die wir haben (Strecker L Schröder, Stuttgart, 192 S). Diese drei absichtlich fernerliegend gewählten Zitate mögen hier vor erst hinreichen, um zu erläutern, wie sich ein bedachter Aufbau einer solchen Auslage vollziehen müßte. Anscheinend haben die eben genannten Bücher ihren Titeln nach nichts nrit den deutschen Fragen unserer Gegenwart zu tun, ihren Titeln nach werden sie die Bücherkäufer für Bände sie vielleicht gar nicht interessieren der Wissenschaftsgebiete halten. Verweist aber der Buchhändler, ein in Antiquariats- und Auktionskatalogen längst übliches Ver fahren, kurz aus die Beziehungen, die diese Bücher auch für den von ihm beleuchteten Fragenkomplex haben, darauf, daß die Geo graphie Ratzels eine Darstellung derjenigen Bedingungen unter nimmt, unter denen sich der politische Lebensraum der Völker und Staaten entwickelt, daß Haupts Kunstgeschichte an den Überresten der germanischen Siedelungen in Europa diese als einen einst auch eigenkrästigen Kulturbereich zeigt, und daß der dritte Band der Völkerkunde, der Europa und dessen Randgebiete behandelt, eine reich mit Bildern ausgestattete ethnologische Schilderung deutschen Volkstums und des Volkstums der deutschen Nachbarländer ent hält, so kann dieser Hinweis vielen sehr willkommen sein, die sonst an den ihnen sonst vielleicht gleichgültigen Werken vorüberge- gangcn wären. Büchertitel sind meist sehr abstrakt und lassen den konkreten Buchinhalt nicht ahnen. Da muß man, wie es die amerikanischen Bibliothekare tun, nicht im Rahmen eines biblio graphischen Registratursystems die Bücher aneinanderreihen, die man an ihnen interessierten Lesern zuführen will, sondern den Lesern sagen, weshalb man sie gerade auf diese Bücher in irgend einem bestimmten Zusammenhänge verweist. Ohne große Mittel, freilich nicht ohne Mühe, könnte der Buchhändler seinem Schau fenster so eine stets wechselnde, weit werbende Wirkung geben, wenn er in dessen Anordnung die Rahmung einer Tagesfrage zeigt, die allenthalben die Straßengänger beschäftigt, wenn er es nach außen hin ebenso aktuell gestaltet wie Film, Rundfunk, Zei tung, wenn er deren Kunstmittel, die rasch unterrichtenden, jedoch bestimmten Überschriften nicht verschmäht, die den Leser in ihre Gedankenrichtung zwingen und ihn vorerst mit einem einpräg samen Wort versehen. Der Blick in das Buchhändlerschaufenster soll nicht auf eine bunte Massenhaftigkeit von Titeln und Um schlagen fallen, über die er gelangweilt hinwcgsieht, sondern auf irgendeine anschauliche Wiedergabe irgendeiner Problemstellung treffen, über die bereits die Buchübcrschriflen so viel besagen, daß sie zum Weiterlesen locken. Eine Anpassung des Buchhändlcr- schaufensters an den »Mann von der Straße« in einer Überleitung von dem, was diesen beschäftigt, zu dem, was ihm der Buchladen vermitteln will: zum Buch als einem Genossen seines Lebcns- kreises, erscheint deshalb als die erste Aufgabe einer Bücheraus lage, weil diese, anders als die meisten sonstigen Schaufenster, nicht den meisten bekannte Dinge, sondern mehr oder minder un bekannte Werte zeigt, die den Käufern erst kenntlich gemacht wer den müssen durch Hinweise auf das, was er kennt. Nicht der Ge samteindruck, den ein Schaufenster erweckt, macht es dem Buch händler und Bücherkäufer nützlich, sondern der Umstand, daß es diesem ganz bestimmte Wege zu Büchern weist, sodaß ihm die Durchmusterung eines Schaufensters zu einer interessanten litera rischen, lohnenden Orientierung wird. Findet er eine solche, so wird ihm das Betrachten des »neuesten« Schaufensters ebenso zur regelmäßigen Gewohnheit werden wie die Kenntnisnahme son stiger Neuigkeiten. Eine „Kommerzialisierung" des französischen Verlegers? Sie soll ganz außerordentliche Fortschritte machen und sie wird recht verschiedenartig und oft sehr treffend und auf die Zukunft wohl richtig hinweisend beurteilt, so etwa von Herrn Lucicn Maury, der unter dem Titel »Muß man den Verleger umbringen?< einen sehr hübschen und gut unterrichtenden Essay geschrieben hat, dem wir einige Stellen entnehmen. Wie wird der künftige Historiker den französischen Verleger un serer Tage beurteilen? — dies ist die von Herrn Maury einleitend er hobene und auch gleich beantwortete Frage. Dieser Historiker also wird etwa schreiben: Die französische Literatur hieß nicht mehr Zola, Huysmans, Loti, Barrös, Verlaine usw., sondern sic nannte sich Gallimard, Grasset, Plon, Stock, Albin Michel .... Eine große 617
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