Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19030424
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190304248
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19030424
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-24
- Monat1903-04
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
geprüft, eventuell mit Zoll belegt werden. Man kann nicht einem Käufer, der Kants »Kritik der reinen Vernunft« verlangt, das Werk eines österreichischen Philosophen, weil es auf österreichischem Papier gedruckt und im Inland ge bunden ist, empfehlen, und ebensowenig kann man, wenn Felix Dahns »Kampf um Rom« verlangt wird, das Werk irgend eines österreichischen Autors, der sich auch vielleicht mit dem Kampf um Rom beschäftigt hat, geben, wie man auch nicht umgekehrt ein Werk von Herffe verkaufen kann, wenn Stelzhamer verlangt wird, oder einen Gelehrten, der sich über Röntgenstrahlen informieren will, vertrösten, bis ein österreichischer Gelehrter ähnliches erfunden hat. Es ist in Buchhändlerkreisen hinlänglich bekannt, daß einzelne Papierfabrikanten unsre größten Gegner sind und daß sie gelegentlich der ersten Beratungen des Zoll tarifs vor drei Jahren schon den Antrag stellten, daß auf alle Bücher ein Zoll gelegt werden sollte, angeblich um den österreichischen Verlagsbuchhandel zu fördern. Auch die öster reichischen Ausgaben deutscher illustrierter Blätter sollten ver zollt werden. Die Herren wissen eben nicht, daß der öster reichische Verlagsbuchhandel dem deutschen vollkommen eben bürtig zur Seite steht, soweit es sich um wissenschaftlichen Verlag handelt. Unsre Gelehrten auf dem Gebiet der Medizin genießen einen Weltruf, ihre Werke sind vorwiegend in Wien verlegt, und es ist eine Tatsache, daß Verleger wissenschaft licher Werke ihren Absatz zu in Deutschland finden, während in Österreich nur der Auflage verbleibt. Es erfüllt jeden österreichischen Autor mit Stolz und Genug tuung, zu erfahren, daß die Auflage seines Werks zum größten Teil bei seinen deutschen Fachgenossen Absatz findet, und es würde ihm nicht genügen, wenn seine Wissenschaft nur innerhalb der schwarzgelben Grenzen zur Geltung käme. Ebenso strebt jeder Gelehrte, jeder Schriftsteller danach, die Errungenschaften seiner Fachkollegen in Deutschland kennen zu lernen und an deren Förderung regen Anteil zu nehmen. Ein Verleger hat eine interessante Zusammenstellung wertvoller Publikationen gemacht, die in den letzten Jahren in Österreich verlegt wurden: Nothnagel, Pathologie und Therapie, circa 35 Bände in 20 Teilen 1000.— Die Realencpklopädie der gesamten Medizin, 27 Bde. „ 580.— Die Bibliothek der gesamten Medizin von Dräsche, 10 Bde „ 300.— Die Bibliothek der gesamten Sprachwissenschaften, 80 Bde „ 176.— Die chemisch-technische Bibliothek, 220 Bde. . . „ 1170.— Die elektro-technische Bibliothek, 56 Bde. . . . „ 247.— Die Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, 7 Bde ' „ 100.— Das Handbuch der tierärztlichen Chirurgie, bisher 7 Bde 150.— An allen diesen Werken haben nicht nur österreichische, sondern auch die hervorragendsten ausländischen Gelehrten mitgearbeitet, und der größte Teil der Auflage findet im Aus land Absatz. Umgekehrt werden von deutschen Werken nur etwa fts oder der Auflage nach Österreich verkauft! Ich habe bei hervorragenden deutschen Verlegern Erkundigungen eingezogen, und meine Schätzung wurde vollauf bestätigt. Wenn man nun also bedenkt, daß bei Auflagen von 1000 Exemplaren nur 100 bis 120 auf Österreich entfallen, so sollte es doch jedem Laien erklärlich erscheinen, daß wegen eines so geringen Absatzes sich kein Verleger entschließen wird, den eventuell auf Österreich entfallenden Teil der Auflage in Österreich Herstellen oder binden zu lassen. Die Gemeinsamkeit der Interessen auf geistigem Gebiet sollte alle gebildeten Leute veranlassen, gegen den von den Papierfabrikanten, Buchbindern rc. geforderten Zoll energisch Stellung zu nehmen. Es kann nicht zugelassen werden, daß Österreich zu einem Kulturstaat zweiten Rangs degradiert werde und daß Deutschland etwa gezwungen würde, Repressalien zu ergreifen und der Ausfuhr österreichischer Werke nach Deutschland die gleichen Hindernisse zu bereiten. Von den uns zunächst stehenden Kulturstaaten erheben nur Italien und die Schweiz einen minimalen Zoll, und zwar letztre 1 Frank pro 100 Kilo, während Rußland nur auf im Ausland gedruckte russische Werke einen Zoll erhebt. Bei eventuellen Repressalien durch einen Zoll auf öster reichische Bücher würden unsre Werke mit den deutschen nicht mehr konkurrieren können, da ohnehin die Herstellungs kosten im Inland weit höher sind als in Deutschland. Die Vermutung der Buchbinder, daß durch einen Zoll auf gebundne Bücher den kleinen Buchbindern ein großer Nutzen er wachsen würde, beruht auf Unkenntnis der buchhändlerischen Verhältnisse und Nichtbeachtung der Fortschritte, die die Buchbinderei im Lauf der Jahre durchgemacht hat. Wie in vielen Gewerben, so mußte auch im Buchbindergewerbe die Hausarbeit dem Fabrikbetrieb weichen, und zahllose kleine Buchbinder haben im Lauf der Jahre immer weniger Arbeit gefunden, obwohl gebundne Bücher in viel größrer Anzahl als früher hergestellt werden. Die Vervollkommnung, die die Großbuchbindereien erreicht haben, ermöglicht es, in der raschesten Zeit außerordentlich große Partien zu unglaublich billigen Preisen herzustellen. Wenn die Hoffnung der Papierfabrikanten, daß die deutschen Verleger sich entschließen würden, den auf Österreich entfallenden Teil ihrer Auflagen in Österreich Herstellen — was, wie ich bereits erörtert habe, völlig ausgeschlossen ist — oder doch wenigstens binden zu lassen, in Erfüllung ginge, so würden doch immer nur Großbuchbindereien einen Vorteil davon haben, während die kleinen Buchbinder das Nachsehen hätten. Seit 28 Jahren besteht in Wien eine Firma, die ohnehin alle jene Werke, von denen sie einen größern Absatz in Österreich erwartet, in entsprechender Anzahl broschiert bezieht und für die österreichischen Buch handlungen hier binden läßt. Naturgemäß beschäftigt diese Firma nur große und nicht kleine Buchbindereien. Würden aber, wie die Buchbinder wünschen, mehr Bücher als bisher einzeln gebunden werden, so würde das eine große Belastung der Bücherkäufer bedeuten, da ein einzeln hergestellter Ein band mindestens das Drei- bis Fünffache dessen kostet, was der in großen Massen hergestellte Originaleinband kostet. In gebundnem Zustand kommen fast nur solche Werke in den Handel, die für die breilern Schichten der Bevölkerung bestimmt sind: Romanbibliotheken, populär wissenschaftliche Bibliotheken und Schulbücher, ferner Pracht werke, Jugend- und Geschenkliteratnr. Alle diese Werke, namentlich die erstern, werden in außerordentlich wohl feilen Einbänden auf den Markt gebracht, während die letztem auch in elegantester Ausstattung zu einem Preis in den Handel kommen, mit dem kein Buchbinder, wenn er einzelne Exemplare binden soll, in der Lage ist auch nur in entferntester Weise zu konkurrieren. Außerdem kommt der größte Teil der französischen Literatur und die englische Literatur fast vollständig nur in gebundnem Zu stand in Verkehr. Man kann also behaupten, daß in Bezug auf die Volksliteratur eine Verteuerung Platz greifen würde, die mit Fug und Recht als eine Bildungssteuer bezeichnet werden darf. Da nach Post 300 o in Leinen gebundne Bücher mit 120 L, in Leder rc. gebundne mit 240 L per 100 Kilo zu verzollen wären, so würde der Zoll gerade billige, umfangreiche Werke, Klassikerausgaben rc., oft um die Hälfte verteuern. Will man schon versuchen, dem Buchbinder mehr Arbeit zu verschaffen, so sollte man zuerst bei inländische» Büchern geeignete Schritte tun und gegen die Verfügung
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder