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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.05.1931
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- 1931-05-30
- Erscheinungsdatum
- 30.05.1931
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X: 122, 30. Mai 1931. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Hand in Hand mit dem amerikanischen Puritanismus, dem schon die Prohibitionsgesetzgebung verdankt wird, geht ein »Pater- nalistischer« Geist, durch drakonische Vorschriften der Bundes- wie staatlichen Gesetzgebung erkennbar und dazu bestimmt, Moral und Börse der Bürger zu beschützen. Dazu gehört das Ver bot der Einfuhr von Lotterielosen sowie das anstößiger Literatur oder anderer Artikel solcher Art, das bisher von übereifrigen Zollbeamten in geradezu beschämender Weise gehandhabt wurde. Das vom Kongreß unlängst angenommene Aarifgesetz hat nun das eine Ente gehabt, daß es eine Bestimmung geschaffen hat, derzufolge der klassischen Literatur angehörende Werke oder Bücher von anerkanntem literarischen oder wissenschaftlichen Wert künftig anstandslos zugelassen werden sollen. Die darauf hin erfolgte Einfuhr solcher Bücher hat zu Meinungsverschie denheiten zwischen Zollbehörde und Importeuren Anlaß gegeben, die jetzt durch eine schatzamtliche Verfügung geregelt wurden. Es werden darin fünf solcher Klassiker angeführt, die bisher dem amerikanischen Lescpublikum vorenthalten werden sollten und deren Einfuhr jetzt freigegeben ist. Diese in keinem anderen Lande beanstandeten Auslandwerke sind »Tausend und eine Nacht«, Casanovas -Memoiren«, Boccaccios »Decameron«, Ra belais' »Gargantua und Pantagruel« sowie »Der goldene Esel« von Apulejus, doch heißt cs in der Verfügung, daß gewisse Aus gaben dieser Klassiker mit Text und Illustrationen, die zu Be anstandung Anlaß geben, auch fernerhin von der Einfuhr ausge schlossen werden sollen. Mit Befriedigung meldet die Zollbehörde gleichzeitig, daß die Nachfrage nach Literatur mit aufrühreri schem, zur Ermordung von Inhabern der politischen Macht er mutigendem Inhalt, deren Einfuhr ebenfalls verboten ist, augen scheinlich aufgehört hat, da sich neuerdings zur Ausschließung derartiger Literatur keine Gelegenheit geboten habe, mit Aus nahme einiger unschädlicher Sowjetplakate. Für diese Lockerung der Einfuhrbestimmungen muß der amerikanische Buchhandel besonders dankbar sein, da in allen Großstädten vom Staat konzessionierte Privatgesellschaften, ge wöhnlich mit einem emeritierten Geistlichen an der Spitze, be stehen, welche sich als Hüter der öffentlichen Moral aufspielen und den Verkauf der erwähnten Klassiker und ähnlicher Literatur zu unterdrücken suchen. Welche Methoden dabei befolgt werden, zeigt der Fall des deutschen Buchhändlers Schäfer in Chicago, der von dem Leiter der »Illinois Vigllsucs Lssoclstiou«, einem früheren Geistlichen namens Philip Harrow, ohne daß sich der selbe dabei zu erkennen gab, den Auftrag erhalten hatte, ein nicht auf Lager befindliches Buch für ihn zu beschaffen. Der Titel des in England erschienenen Werkes lautet >»L nigbt in s Noorisd barem«, und als dasselbe eingetroffen war und man es dein Be steller, aushändigte, ließ letzterer Schäfer wegen Vertriebes un züchtiger Literatur verhaften. Zwar wurde der Angeklagte von einem wohlmeinenden Richter sreigesprochen, doch unter seiner erzwungenen Abwesenheit hatte sein Geschäft derart gelitten, daß er dasselbe aufgeben mußte. Jetzt hat er die Genugtuung erlebt, daß auf die von ihm gegen seinen Verfolger eingeleitete Klage auf. 25 000 K Schadenersatz ihm 5 000 Z zugesprochen wurden, die zu erlegen die Vigilanzgesellschaft nicht wird umhin können. Bei einem anderen vielbesprochenen Falle handelt es sich darum, daß ein Buchhändler mittels öffentlicher Erklärung sein Mißfallen über den Inhalt eines Buches und gleichzeitig seine Befriedigung darüber geäußert hat, daß in seinem Orte das be treffende Werk nicht den von dem Verleger erwarteten Absatz finde. Es ist das erste Mal, daß derartiges vorgekommen ist, und zwar ist der betreffende Händler Inhaber einer der ältesten und bekanntesten Firmen der Branche, sein abfälliges Urteil be ruht ferner auf patriotischem Empfinden, welches alle geschäft lichen Erwägungen zurücktreten läßt. Die betreffende Erklärung, unterzeichnet von Richard F. Füller, dem Schatzmeister des »koarä ok Iracto ok Lostoo Hook Noredants« und Vorstandsmit glied der »LmsricLu tZvokssIIers' Lss.«, außerdem bekannt als Eigentümer von »kutler's 01<t Loruer Ilvvlistors«, des ältesten Bostoner Geschäftes der Branche, war im dortigen »Ilsislä« er- 530 schienen und lautete wie folgt: »Es scheint ein merkwürdiger Widerspruch zu sein, wenn Buchhändler froh sind, daß ein neues Buch sich nicht gut verkauft. Aber das ist der Fall in Bezug auf die neueste Lincolnbiographie unter dem Titel »I-iucolu tds dlau« von Edgar Lee Masters. Ein Buchhändler wird oft in eine schwierige Lage gebracht, wenn ihm z. B. ein Buch zum Vertrieb angeboten wird, das ihm nicht gefällt und von dem er wünschte, daß es nie veröffentlicht worden wäre. Falls der Buchhändler das Angebot ablehnt und er das Buch nicht auf Lager führt, mag dieser oder jener seiner Kunden fragen: 'Wer gibt dem Buchhändler das Recht dazu, zu entscheiden, ob ein Buch ver kauft werden soll oder nicht', während im Falle, daß er den Vertrieb übernimmt und er das Buch seinen Kunden anbietet, dieser oder jener derselben vielleicht sagt: ,Sie sollten sich schämen, ein solches Buch verbreiten zu helfen'. Die einzige Lösung, welche der Buchhandel für diese schwierige Frage bisher gefunden hat, besteht darin, das Buch auf Lager zu nehmen, sei nen Ankauf jedoch nicht zu empfehlen, vielmehr die Wahl den Kunden selbst zu überlassen. Wenn dann das Erscheinen des Buches auf der ersten Seite der Tageszeitungen gemeldet, es in Leitartikeln ausführlich besprochen wird und den Gegenstand langer literarischer Abhandlungen bildet, und wenn die Nach frage trotzdem ausbleibt, so gewährt das dem Buchhändler eine gewisse Befriedigung.« Der gegen die Novität erhobene Ein wand beruht darauf, daß der Verfasser seiner Besprechung der Person von Abraham Lincoln das Ansehen des »Märtyrer-Prä sidenten« schwer schädigende Angaben einverleibt hat, die sich bereits in einer in den achtziger Jahren erschienenen Lincoln biographie von Herndon finden, und die betreffenden Stellen erregten damals solchen Widerspruch, daß sie in der zweiten Ausgabe fortgelassen waren. Später wurden sie jedoch wieder veröffentlicht. Auch eine andere biographische Erscheinung der jüngsten Zeit hat gerade in Boston scharfe Beanstandung vom patriotischen Standpunkte aus erfahren, und zwar richtet sich der Protest gegen ein den gegenwärtigen Präsidenten Hoover schmähendes, unter dem Titel »Ibo 6roat Ntstaüo — Osu Itorbort lloovor exptaiu bis psst« kürzlich in Boston erschienenes Buch. Mittels Ein gaben an den dortigen Bundes-Distriktsanwalt haben die vater ländischen Vereine die sofortige Konfiszierung des Buches ver langt, doch hat sich keine gesetzliche Handhabe dazu finden lassen. Während diese biographischen Novitäten mehr für amerika nische Leser bestimmt sind, und die scharfe Kritik, welche sie Her vorrufen, eher ihren Absatz fördern dürfte, steht ein ähnliches Werk vor der Ausgabe, das auf Nachfrage in aller Welt rechnen darf und gleichzeitig in Übersetzungen in verschiedenen Ländern Europas erscheint: Die Kriegsmemoiren von General John I. Pershing, dem Oberbefehlshaber der amerikanischen Armee in Frankreich, der in früheren Jahren einfacher Zeitungsbericht erstatter war. Das sich durch knappe und rücksichtslose Bericht erstattung auszeichnende Buch mit dem Titel »Ny bixperisnces iu Iba Vorlä Var« soll dem Verfasser eine Million Dollars Hono rar gebracht haben. Daß biographische Werke sich immer noch großer Vorliebe bei dem amerikanischen Lesepublikum erfreuen, zeigt die von »kublisüsrs' Vsstrly« veröffentlichte Statistik für das Jahr 1830. Danach sind in dieser Zeit 699 neue Biographien hier auf den Markt gebracht worden, abgesehen von 71 Neuausgaben solcher Werke, gegen 667 bzw. 71 derartiger Neuerscheinungen im Jahre vorher. Dazu haben 494 amerikanische und 155 ausländische Autoren beigetragen, auch sind 143 fremde Werke dieser Art hier verlegt worden, gegen 405 und 203 bzw. 130 i. I. 1929. Der hiesige »Vrotisr Olub«, eine der führenden bibliophilen Vereinigungen, veranstaltet gegenwärtig in seinem hübschen, in der 60. Str. No. 470 gelegenen Klubhause eine Ausstellung von etwa 150 deutschen illustrierten Büchern der Zeit vom Jahre 1750 bis zur Gegenwart, dazu einer Sammlung von mehr als hundert Zeichnungen und Aquarellen, Originalschöpfungen be deutender deutscher Künstler und Buchillustratoren. Die Eröff-
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