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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.05.1931
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- 1931-05-23
- Erscheinungsdatum
- 23.05.1931
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x° 117, 23. Mai 1931. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Frage kam, und umgekehrt aus Rußland nur wenig ins Balti kum eingeführt werden konnte, stieg die Durchfuhr aus und nach Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Trotz der Bevor zugung des Petersburger Hafens und der steigenden Benutzung der Landverbindung nach Mitteleuropa umfaßte die russische Ausfuhr über die baltischen Häfen im Jahre 19l3 22,8^ des ganzen Exports Rußlands. Riga wurde 1896 der größte Export hafen des Reiches. Der Import wie der Export erreichten 1913 ihren Höhepunkt. Der Umsatz Rigas betrug damals 886 090 000 Rubel. Die Ostseeprovinzen verdankten einen Teil ihrer wachsenden Industrie den schützenden Zöllen, die die russische Regierung festgesetzt hatte, um die eigene Industrie zu fördern. Infolge dessen konnten sich bis zum Weltkriege etwa 680 Betriebe auf baltischem Boden entwickeln, indem Rohstoffe wie Kohle, Erze aber auch Kolonialerzeugnisse erst dort verarbeitet wurden, um dann ins Innere Rußlands verbreitet zu werden. In den Be trieben waren damals sehr viele Deutsch« in leitenden Stellungen tätig, wie auch di« Fabriken selbst zum großen Teil in deutschen Händen waren oder Deutsche zu Teilhabern hatten. Nach Aus bruch des Krieges wurden fast alle Betriebe auf lettischem Bo den ihrer Maschinen beraubt, indem diese nach Rußland in Sicherheit gebracht werden mußten, von wo sie nach Beendigung des Krieges nicht wieder zurückgegeben worden sind. Damit hat das Baltikum seine wirtschaftliche Bedeutung für Rußland zum großen Teil eingebüßt, während ihre Erneuerung vom Ausbau des russischen Wirtschaftslebens abhängt. Im letzten Jahr des Weltkrieges vollzog sich die nationale Umwälzung im Baltenlande. Unter dem Schutz der deutschen Okkupationsmacht proklamierten die Letten und Esten ihre Selb ständigkeit. Diesem politischen Schritt ging di« Entwicklung der nationalen Kultur voraus, die allerdings ihre Richtlinien den an deren europäischen Völkern entlehnte und in erster Linie unter deutscher Führung und Anleitung begann. Weder die Letten, deren erstes Erwachen etwa auf 1820 zurückgeht, noch die Esten, die um >845 die ersten Gedanken nationaler Kultur aussprachen, wurden ursprünglich von deutsch-feindlichen Absichten geleitet. Die ersten kulturellen Leistungen gingen von Schriftstellern aus, die trotz ihres deutschen Bildungsganges nur ihrem Volk treu bleiben wollten und ihre Arbeit in dessen Dienst stellten. In Estland gab der Küster und spätere Redakteur der ersten rein estnischen Zeitung, Jakob Waldemar Jannsen, durch seine Lieder texte die erste Anregung zur sprachlichen Kultur. Der von ihm in Dorpat gegründete Gesangverein war Mittelpunkt des natio nalen estnischen Lebens. Als Jannsen zum 50jährigen Jubiläum der Aushebung der Leibeigenschaft in den russischen Ostseepro vinzen 1870 ein erstes allgemeines Sängerfest in Dorpat ver anstaltete, fanden seine Gedanken die begeisterte Zustimmung der Anwesenden, sodaß seitdem die Selbständigkcitsbewegung schnell verbreitet wurde. Gleich darauf schlossen sich die ersten estnischen Studenten zu einer Verbindung zusammen, um die weitere Ger- manisierung akademisch gebildeter Esten zu hemmen und um in ihrem Kreise die estnischen Überlieferungen zu pflegen. Ihre erste gemeinsame Lektüre war das finnische Nationalepos rdie Kale- walae, die damals in Estland noch sehr wenig bekannt war. Die Verbindung mit estnischen Lehrern wurde ausgenommen und bald darauf eine erste estnische höhere Schule in Dorpat gegrün det. Als diese sich nicht 'der in deutschen Händen befindlichen Landesschulverwaltung, sondern dem russischen Ministerium für Volksaufklärung unterstellen wollte, kam es zu Gegensätzlich keiten mit den Deutsch-Balten. In der Folgezeit hat sich daraus eine Spaltung der estnischen nationalen Bewegung ergeben, in dem ein Teil die Verdienste der Deutschen um die Bildungsarbeit an den Esten anerkannte und der andere eine radikale deutsch feindliche und später auch sozialistische Richtung einschlug. Zur ersten Gruppe gehörte Jannsen, zur anderen Robert Jakobson, der auf Grund einer persönlichen Beleidigung sich besonders schroff zum Deutschtum verhielt. Die letztere Richtung fand ge rade unter den wenig aufgeklärten Esten die meisten Anhänger. Ihre Nachwirkung ist auch heute noch spürbar. Auf kulturellem Gebiet ist seit 1870 im Estnischen litera rischen Verein sehr viel geschafft worden. Bis 1884 entstanden aus seinem Kreise 84 Werke, von denen die meisten dazu be stimmt waren, den Esten ohne Benutzung deutscher Vorberei- tungswcrke zu einer sprachlichen Bildung zu verhelfen, um durch diese auch andere ausländische Literatur verstehen zu können. Jannsens Tochter, Lydia Kordula, verfaßte die ersten Lustspiele, deren Motive aus fremden Literaturen übernommen waren und Anregung gaben zu weiterer dichterischer Betätigung. In den 80er Jahren entstand eine Berufsschauspielergruppe, deren Re pertoire aus den besten deutschen und russischen Stücken bestand. Im Abschnitt über die estnische Übersetzungsliteratur werden wir die literarische Entwicklung weiter verfolgen können. In ähnlichen Verhältnissen vollzog sich auch die lettische nationale Einigung und Entwicklung. Beide Völler dürften von einander angeregt worden sein, obgleich sie verschiedenen Stam mes sind. Während die Esten ein Zweig der ugro-sinnischen Sprachensamilie sind, werden die Letten, die in enger sprachlicher Verwandtschaft zu den Litauern stehen, zur balto-slavischen Völ ker- und Sprachfamilie gezählt. Sie setzen sich rassisch aus slavi- schen, ugro-finnischen und germanischen Elementen zusammen, von denen die letzteren überwiegen. Wohl eins >der liederreichsten Völker der Welt sind die Letten, deren Gesänge schon Herder aus gezeichnet hat. Ein gedrucktes Sammelwerk umfaßt etwa 240 000 solcher Lieder. Darum fand auch bei den Letten das national« Leben im Rahmen eines Gesangvereins den ersten Ausdruck, und Sängerfeste sind auch heute noch einigende Gelegenheiten über alle Parteibildungen hinweg. Um 182l entstand die erste lettische Zeitung, die von einem deutschen Pastor geleitet wurde. Auch sie hatte sich wie eine gleichzeitig in Mitau gegründete literarische Gesellschast nur die Pflege kulturellen Lebens zum Ziel gesetzt. Nationalistische Ideen brachten erst um 1855 einige lettische Stu denten aus Deutschland mit, wo sie vom politischen Leben Ber lins mit Begeisterung erfüllt worden waren. Die literarischen Erzeugnisse entstanden in lettischen Kreisen schon früher als in Estland. Hier wir dort schöpften die Schriftsteller aus auslän dischen Werken. Der Dichter Rainis und seine Frau, mit dem Schriststellernamen Aspasia, mußten sich seit der Revolution 1905 im Ausland aufhalten und konnten erst nach der Gründung der Randstaaten in ihre Heimat zurückkehren. Für den deutschen Teil der Bewohner Estlands und Lett lands, für die Balten, brachte der Krieg völkische Unterdrückung und durch die Agrarreform in den Nachkriegsjahren den Verlust ihres großen Landbesitzes, bis auf kleine Bauernhöfe, die als Restgüter den ehemaligen Gutsbesitzern verblieben sind. Nach dem Kriege richteten die Deutschen alle Anstrengungen darauf, die deutschen Schulen wieder aufzubauen und jedem Deutschen den Besuch einer eigenen Schule zu ermöglichen. Von der Re gierung Estlands wurde den Deutschen Kulturautonomie zuge standen. In Lettland beschränkte sich das Gesetz auf die Gewäh rung einer Schulautonomie, die auch allen anderen Minder heiten zugute kam. Mit Hilfe eines gesetzmäßigen Zuschusses seitens der Regierungen, der freiwilligen Selbstbesteuerung der Deutschen und reichsdeutscher Spenden konnten in Estland wie der 24 und in Lettland 103 deutsche Schulen gegründet werden. In Riga gipfelt das deutsche Bildungswesen im Herderinstitut, das die Mängel der lettischen Hochschule ausgleichen soll. Seit der Enteignung der Großgrundbesitzer konzentriert sich das Deutschtum in den Städten. Im Vergleich zur Vorkriegs zeit ist die Kaufkraft sehr gesunken, södaß die Bibliotheken neuen Zuspruch finden. 1922 wurde in Reval eine Bücherei des estlän- dischen deutschen Frauenbundes gegründet, deren Entleihungen im Zeitraum von 5 Jahren in der nachstehenden Statistik an gezeigt sind: 1923: 8 200 Büchercntleihungen, 1924: 10 150 „ 1925: 21216 „ 1926: 25 000 „ 1927: 31 000 „ Diese Bücherei genügt den Revalsr Deutschen, denen noch drei andere Leihbüchereien zur Verfügung stehen. In den ande- 506
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