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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.03.1929
- Strukturtyp
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- 1929-03-14
- Erscheinungsdatum
- 14.03.1929
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- Deutsch
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X: 62, 14, März 1829, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Schrecken nicht vermeidbar. Was wird dann von den herrlichen Aussichten von Sozialisierung und Planwirtschaft übrigbleiben? Deutschland wird sehr starke, verantwortungsbewußte Führer- naturen brauchen, um hier den rechten Ausweg zu finden. Der einzelne Unternehmer aber wird gut tun, sich der Gefährlichkeit der Lage recht bewußt zu werden, um gegen Überraschungen ge wappnet zu sein, Liquid zu bleiben ist für ihn jetzt die vor nehmste Aufgabe. Aus den letzten Großbankabschlüssen ist in dieser Hinsicht viel zu lernen. Sie zeigen auch, daß man den Mut trotz allem noch nicht verlieren soll. Mit Recht ist aber darauf hingewiescn worden, daß in erster Linie doch nur eine Herabsetzung der Reparations lasten eine wirkliche Erleichterung zu bringen vermöchte. Die Pariser Verhandlungen haben jedoch in dieser Hinsicht noch gar nichts erbracht, Andeutungen wollen wissen, daß man sich viel leicht auf eine Gesamtlast von etwa 33 Milliarden einigen würde. Irgendwie verbindliche Äußerungen liegen aber noch nicht vor. Die Sachverständigen haben sich diesen kitzlichsten Punkt wohl weislich bis zuletzt aufgehoben. Vorläufig haben sie nur das Transferproblcm angepackt. In den letzten Tagen sind über die hier angcstrcbte Lösung nähere Andeutungen herausgegeben wor den, Zum Verständnis des Gesamtzusammenhanges folgendes: Frankreich hat bekanntlich, sofern die Ratifizierung des schon vor Jahr und Tag abgeschlossenen Mellon-Bcrengcr-Abkommens über die französisch-amerikanischen Schulden nicht rechtzeitig noch er folgt, im Laufe dieses Sommers 400 Millionen Dollar an New Jork zu zahlen. An sich ist Frankreich dazu durchaus imstande; denn Poincar« hat dafür längst sehr geschickt vorgesorgt (vgl. das Nähere dazu S. 62 ff, in meinem «Irrationales in der Ra tionalisierung-, M, L H. Marcus, Breslau), Die Heraus- zichung dieser Gelder, die vorläufig an den Börsen Deutschlands und vor allem auch Englands arbeiten und auf diesen Geld märkten meist kurzfristig angelegt sind, könnte dort jedoch zu katastrophalen Störungen führen, London hat ohnehin bereits unter den französischen Goldkäufen schwer gelitten. Daher sein großes Interesse an einer anderen Lösung. New Dort scheint an der Rückzahlung nicht viel gelegen. Es schwimmt ohnehin im Geld, und an dieser einfachen Liquidierung ist für die Banken nichts zu verdienen. Außerdem scheut man sich in Washington, auf Frankreich einen ernsteren Druck auszuübcn, weil man meint, es immer noch einmal gegen England vielleicht als Bun desgenossen nötig haben zu können, wie umgekehrt die Furcht davor England Paris völlig hörig gemacht hat. Diese Vorzugs stellung Frankreichs, dazu das Provisionsgelüst der Wallstreet und die Angst der Bank von England um Londons Stellung als Börse der Welt ermöglichten es Poincarö, auf seiner Forderung zu bestehen, eine Ratifizierung des Mellon-Bercnger-Abkommens nur im Rahmen einer Gesamtregelung des internationalen Schuldcnkomplexes vornehmen zu wollen und damit zu ver quicken, Welche letzten politischen Ziele dahinter stecken, ist nicht ohne weiteres zu erkennen, soll hier auch nicht untersucht werden. Der Weg für diese Lösung war aber dadurch verbaut, daß sich die amerikanische Regierung öffentlich darauf festgelegt hatte, diese Dinge nicht miteinander zu vermengen. Vor Ablauf der Amts zeit Coolidges war also überhaupt nichts zu machen. Erst Hoover hat wieder freiere Hand, Nun, Poincarö konnte ja warten. Um aber auch Hoover nicht einen offenen Bruch mit der Politik seines Vorgängers zumuten zu müssen, verbarg man die Schwenkung hinter der Revision des Dawcsplans, Daran hat Frankreich, aber auch Amerika und England noch aus einem weiteren Grunde ein Interesse, Der Transfcrschutz des Dawes- planes zieht der Möglichkeit, bar Geld aus Deutschland zu er halten, engste Grenzen, Die Anlcihewirtschaft, die bisher solche Zahlungen ermöglichte, ist endlos nicht fortzusetzen, vor allem dann nicht, wenn die andern großen Aufgaben der Weltwirt schaft, vor allem die Erschließung Chinas, Rußlands und Zentral afrikas, die immer brennender werden, in Angriff genommen werden sollen und entsprechende Kapitalinvestitionen verlangen. Die Sachlieferungen Deutschlands aber sind dafür in der bis herigen Form nicht beweglich genug. Anspruch darauf haben nur die Gläubigerstaaten direkt; Wiederausfuhr sollte nicht er folgen. Für die Empfänger selbst waren sic keine reine Freude. Sic machten der heimischen Industrie Konkurrenz und waren von den Regierungen nur stark diskontiert zu verwerten, Frankreich hat z, B, in dieser Hinsicht allerlei zugeschustert. Man erinnere sich auch der verschiedenen Reparationsskandalc, Eine Revision des Dawcsplans bedurfte nun aber der Zustimmung Deutsch lands. Poincars wollte sie zunächst nur mit dem Versprechen einer beschleunigten Räumung des Rheinlands bezahlen. Das hat indessen Deutschland abgelehnt, da diese ja ohnehin kommen muß. Es bestand auf der Gegenforderung der endgültigen Fest setzung der Reparationslast, wobei als selbstverständlich voraus gesetzt wurde, daß sie dabei auch ermäßigt würde, Poincars kam nun seinerseits mit der Forderung der Kommerzialisierung, um sofort größere Mittel in die Hand zu bekommen. Daran hat die Wallstreet ein Interesse; denn ihre unentbehrliche Hilfe bei einer solchen Riesentransaktion wird sie sich selbstverständlich mit ent sprechenden Provisionen bezahlen lassen. Die Schreckschüsse gegen die Effektenspekulation, jetzt wieder die Prophezeiungen eines Konjunkturrückgangs für allernächste Zeit durch Marburg in New Dork zeigen auch, daß man sich bereits aus die Unterbrin gung einer großen Rcparationsanleihe vorbereitet und die nötige Stimmung im Publikum für die Aufnahme der neuen Festver zinslichen an Stelle der bisher poussierten Dividendcnpapiere zu schaffen sucht, Amerika scheint aber doch die Alleinverantwort lichkeit zu scheuen. Die andern Teilhaber sollen am Risiko mit tragen. Daher der Gedanke der neuen, internationalen Clear- inghouse-Bank, die zugleich allein das Instrument sein kann, um die deutschen Sachlieferungen der Weltwirtschaft insgesamt dienst- und fruchtbar zu machen. In dieser Jnternationalisicrung des ganzen Problems, die letzten Endes eine Solidarhaftung aller Beteiligten für den Erfolg herbeiführt, hofft außerdem Amerika die beste Sicherung für den Weltfrieden zu finden, übernähme es das Geschäft allein, so könnte jeder von seinen Freunden an gezettelte neue Krieg es um allen Gewinn bringen. Sind jene Teilhaber, so haben sie selber das größte Interesse, Ruhe zu halten, wie die Jntcrnationalisierung des Chinageschäftes in reichlich langer Bewährung zur Genüge erwiesen hat, Sehen die Väter dieser Idee ein, daß alles nur funktionieren kann, wenn man unsere Verpflichtung dabei entsprechend niedrig ansetzt, und sind sie stark genug, dies bei Frankreich durchzudrücken, so könnten wir uns damit immerhin abfinden. Denn gelingt das Ganze, so muß ein gewaltiger Aufschwung in der ganzen Weltwirtschaft kommen, von dem wir wenigstens nicht völlig ausgeschlossen wären. Nach den früheren Fehlern ist eine völlige Befreiung schon in diesem Augenblick außer dem Bereich des Möglichen. Wir können bis auf weiteres nur zu kleineren Übeln kommen. Die wirkliche Erlösung müssen wir von einer besseren Zeit er harren, Hoffentlich arbeitet die Zeit für uns. Eine Gefährdung unserer Währung ist wohl kaum zu befürchten. Sie läge schwer lich im Interesse selbst unserer Gegner. Das eine aber ist klar, daß wir nun noch stärker die Tributlast und -Pflicht zu spüren be kommen werden. Denn was wir der Welt über das Clcaring- house zu liefern haben werden, das wird nicht uns bezahlt, son dern auf Rcvarationskonto zugunsten unserer Gläubiger ver bucht, Die Arbcitscntlohnung innerhalb unserer Wirtschaft wird man uns als unsre eiacne Sorge überlassen und dann wahr scheinlich noch großmütig erklären, daß man sich in diese unsere eigensten, inneren Angclcgenbeiten grundsätzlich nicht einmische, weil man unsere «Souveränität- achte. So wird aber gerade daraus das schwerste inncrpolitische Problem erwachsen. Lösen wird cs nur der können, der den Mut haben wird, dem Volke, insbesondere dem deutschen Arbeiter offen zu sagen, wie sehr wir seit Versailles versklavt sind. Vom Geschick unsrer Vertreter in Paris, aber mehr noch von der Festigkeit unsrer Regierung und unsrer Volksvertretung wird es abhängen, wie weit wir bei der Festsetzung der Gesamtverpflichtung sowie bei der Ausgestaltung der Durchführungsbestimmungen wenigstens einigermaßen eine Entlastung erreichen. Mit der Drohung der Kreditentzicbung wird man uns zu schrecken und gefügig zu machen suchen. Sie würde aber nicht uns allein, sondern auch unsre Gegner schädigen. Darum heißt es stark bleiben und die Aerven behalten. 286
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